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Große Veränderungen am Standort Altenberge
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Blick hinter die Kulissen:

AT Zweirad legt am Standort Altenberge kräftig zu

Bereits im Januar 2015 bezog das Familienunternehmen AT Zweirad GmbH ihre neuen Gebäude – nur wenige hundert Meter vom alten Standort in der Boschstraße entfernt. Allerdings blieb nichts, wie es war, denn

Große Veränderungen am Standort Altenberge3265 Palettenstellplätze bietet das LagerFür die Laufradfertigung gibt es zwei LinienDie Pulverbeschichtungsanlage besitzt zwei Öfen und zwei Pulverkabinen100 Mitarbeiter zählt AT ZweiradVolker Thiemann und Edith Beglet-Thiemann

von einem eigentlichen „Umzug“ in die neuen Gebäude können nur die Mitarbeiter reden. „Fast alles, womit wir hier arbeiten, ist neu“, erklärt Volker Thiemann, Geschäftsführer der AT Zweirad GmbH beim ersten Journalistentermin in den neuen Räumen Ende November in Altenberge bei Münster. „Die ersten Wochen waren …“, er sucht nach Worten „spannend“, meint er dann mit einem vielsagenden Lächeln. „Für alle Beteiligte war alles neu, und das ist schon eine Herausforderung.“ Wer den alten Stammsitz in der Altenberger Boschstraße kannte, kann ihn im neuen nicht wiedererkennen. Schon von der Bundesstraße her sieht man die flachen, großflächigen Gebäude mit dem „Velo de Ville“-Schriftzug. Vor Haupteingang und Verkauf eine große Anlage mit Springbrunnen – von der Gemeinde Altenberge finanziert, die überaus kooperativ war, wie Thiemann und Edith Beglet-Thiemann, ebenfalls Geschäftsführerin, gern betonen.

Platz – Luxus, den man sich gönnt

Auch innen geht es großzügig zu: Die Büros für Vertrieb und Verwaltung, alles im Open-Space-Stil, bieten noch Raum für eine deutliche Personalaufstockung. Und auch im Showroom für Händlertermine ist Übersicht und optische Wirkung Trumpf. Aber das Wesentliche ist natürlich die Produktion selbst; hier sieht man, dass, wenngleich auch kein Paradigmenwechsel stattfand, mit dem neuen Standort doch ein großer Schritt getan wurde. Im gesamten Betrieb arbeiten mittlerweile um die 100 Mitarbeiter. 16 von ihnen haben eine Behinderung und sind Teil eines Integrationsprojekts, das laut Geschäftsleitung sehr gut funktioniert.
Schon 2015 wird AT Zweirad bereits etwa 35.000 Räder produzieren – in den Spitzenzeiten täglich etwa 250 Stück. Das schafft man unter anderem mit einer neuen, hochmodernen und zweilinigen Pulverbeschichtungsanlage – beeindruckende 200 Meter ist sie lang, sie umfasst zwei Pulverkabinen und zwei Öfen. Sie ermöglicht nicht nur, die aus Taiwan oder China stammenden Rahmen zu pulvern, laut Thiemann bedeutete sie auch noch einmal einen echten Qualitätsschritt. Etwa 200 Meter dürften insgesamt auch die drei Montagelinien haben, auf denen im vorderen Teil der riesigen Halle die Rahmen langsam entlangrollen. Durch ihre speziellen Aufhängungen laufen sie sowohl aufrecht als auch über Kopf auf den Bändern und können so besonders einfach bestückt werden.
Allein das Bedarfslager der für die Produktion notwendigen Komponenten umfasst etwa 1.500 Quadratmeter. Ein schwieriger Posten: „Die großen Zulieferer haben oft enorme Lieferzeiten“, so Thiemann „das ist für uns eine echte Herausforderung, weil wir dadurch natürlich nicht so flexibel, wie wir wollen, auf sich ändernde Kundenwünsche reagieren können.“

Erfolgsgeschichte mit französischem Einschlag

Zur Planung gehört viel Erfahrung. Die hat man bei AT Zweirad: 2016 kann der Familienbetrieb, einst von Thiemanns Vater Albert (daher das „AT“) gegründet, seinen 50. Geburtstag feiern.
Als Großhandel, einer unter mindestens 250 im Zweirad-Bereich, steigt man 1966 in den Markt ein. Im Fokus stehen neben Fahrradteilen auch Hollandräder, die im Münsterland schon damals guten Absatz finden. Handelsmarken entstehen – auch heute noch ein wichtiger Absatzzweig für das Unternehmen. Schon bald wächst die Idee, kundenindividuelle Räder zu bauen – mit unterschiedlichen Rahmengrößen und Wunsch-Variationen bei den Anbauteilen ist AT einer der ersten auf dem Markt.
1984 steigt Edith Beglet-Thiemann, Albert Thiemanns zweite Frau, in das Unternehmen ein. Sie arbeitet an einem zusätzlichen Absatzmarkt in Frankreich und macht sich über die Jahre auch verdient bei der Einführung des Cityrads in den Städten des westlichen Nachbarn. Kein Wunder, dass die Eigenmarke von AT Zweirad Velo de Ville – französisch „Rad der Stadt“ – genannt wird; 2006 erscheint der erste Katalog zu diesem Label, der Name wird von den französischen Herstellern schnell kopiert. Wie so manches andere auch in Deutschland – als Beispiel nennt Thiemann den ersten Einrohrrahmen der Branche, ein Cityrad von AT Zweirad.
Aktuell machen die Handelsmarken, also vor allem Velo de Ville, etwa 80 Prozent des Umsatzes aus. Aber auch viele andere Bikes, zum Beispiel manche Bike & Co-Marke oder das bekannte Rad der Tageszeitung „taz“ kommen aus Altenberge.
Wachstum gibt es auch bei den Leihrädern: „Wenn Sie sich auf Sylt schon einmal ein Leihrad genommen haben, dann sind Sie wahrscheinlich auf einem Rad von uns gefahren“, so Thiemann. Und Vertriebsleiter Claus Hinrichs ergänzt: „Gerade im Leih- und Leasingrad sowie Firmenrad-Sektor gibt es unwahrscheinlich viele Märkte, die noch gar nicht erschlossen sind.“ Heute gibt es in Frankreich etwa 110 Velo de Ville-Händler, auch in Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich und Italien ist AT vertreten. Im Deutschland ist man übrigens bei 500 Händlern angekommen, wobei das Gros im nördlichen Teil anzutreffen ist – was in der Natur der Sache liegt, denn der Süden definiert das Fahrrad wesentlich mehr als Sportgerät, was bei AT Zweirad kaum einen Stellenwert hat.

Schnell individuell

Custom made – dafür braucht der Endkunde, der sich vorab informieren will, einen Konfigurator – und auf den ist man bei AT Zweirad ziemlich stolz. Er ist nicht nur sehr einfach bedienbar und schließt Fehlbestückung aus, „er arbeitet in Echtzeit“, erklärt Vertriebsleiter Hinrichs. „Wenn eine Spezifikation bei uns auf den Servern geändert wird, taucht diese Änderung sofort auch beim Kunden auf.“ Überhaupt, das Internet: „Die Homepage ist in den letzten Jahren ein enormer Erfolgsfaktor geworden“, meint er. Wer die Velo de Ville-Seite anwählt, sieht, dass man absolut up to date bleiben will. Knackige Farben, modisches Layout und lifestylige Bildersprache, gepaart mit den neuesten Bedienertools bestimmen die Seite.
Bestellt wird aber nach wie vor beim Händler. Er ist für AT der eigentliche Kunde – auch wenn der Hersteller selbst schon immer ein Ladengeschäft betreibt; dabei wird allerdings laut Thiemann streng auf die Einhaltung der empfohlenen Verbraucherpreise geachtet. Der Kunde holt sich im besten Falle alle nötigen Informationen aus dem Netz und geht dann zum Velo de Ville-Händler seiner Wahl. Der hat – auch im besten Falle – dann kaum mehr Arbeit mit dem Käufer, sonder nur noch das Vergnügen.
Der urbane Bereich, daran glaubt man auch in Altenberge, ist immer noch im Wachsen, dito der E-Bike-Bereich. „Wenn am Tag 230 Räder das Unternehmen verlassen“, so Thiemann, „sind darunter im Schnitt gut 70 E-Bikes.“ Tendenz: steigend. Pedelecs mit Mittelmotor findet man beispielsweise ab dem Einstiegspreis von 2.600 Euro – eine „Billigschiene“ gibt’s hier also nicht.
Fragt man Thiemann nach Zukunftsplänen für Velo de Ville – schließlich wird ein neuer Standort nicht errichtet, um aktuelle Zahlen zu halten –, spricht er von einem Output von 50.000 Rädern im Jahr, in den nächsten fünf bis zehn Jahren. „So viel können wir am Standort hier abbilden“, sagt er. Allerdings ist auf dem eigenen Gelände, direkt ans Gebäude anschließend, noch einmal Platz für eine etwa gleich große Produktionsfläche …

27. November 2015 von Georg Bleicher

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