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Philip Douglas und seine Simpel GmbH verbinden Fahrrad und Internet
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Simpel-Macher Philip Douglas im Portrait:

Schweizer Velobilität, die aus dem Kuhdorf kommt

In Deutschlands Fahrradkosmos kennt bisher kaum jemand die Simpel GmbH. Auf dem Schweizer Heimmarkt hat sich das innovative Jungunternehmen hingegen innerhalb kurzer Zeit zu einer der meistbeachteten Fahrradfirmen entwickelt. Ein Besuch im Firmensitz zeigt, wie es dazu kam und warum sich auch die deutsche Fahrradbranche den Namen merken sollte.

Philip Douglas und seine Simpel GmbH verbinden Fahrrad und InternetVom Wohnzimmer ins Großraumbüro: Mittlerweile beschäftigt Douglas 14 MitarbeiterPhilip Douglas (rechts) und Kai Fuchs machen gemeinsame SacheEine selbsterklärende Verkaufsplattform

Maschwanden ist nicht der Ort, den man üblicherweise als Geburtsstätte innovativer Ideen vermuten würde. Noch vor wenigen Jahren gab es im 600-Seelen-Dorf in der südwestlichen Ecke des Kantons Zürich mehr Kühe als menschliche Einwohner. Und obwohl der Kantonshauptort in der Luftlinie keine zwanzig Kilometer entfernt ist, prägt die Landwirtschaft immer noch den Ort, der nur durch zwei Überlandstraßen und eine Postbuslinie mit der Außenwelt verbunden ist. Und doch befindet sich hier ein ideenreiches Jungunternehmen, das in den letzten acht Jahren mächtig Staub in der Schweizer Fahrradbranche aufgewirbelt hat. Die Simpel GmbH wurde zur Jahrtausendwende als einer der ersten Versandshändler bekannt, der Fahrräder alleine über das Internet anbot.

Fahrradwurzeln bei Trek

Als die Firma vor acht Jahren begann, erinnerte vieles an das klassische Startup in der Garage. Nur mit dem Unterschied, dass Firmengründer Philip Douglas mit Simpel.ch im Wohnzimmer anfing. Und er gründete die Simpel GmbH zwar als Zweitbeschäftigung neben seiner Arbeit als Internet-Programmierer bei einer Online-Stellenbörse, doch aus dem Nichts kam er nicht. Douglas griff bei der Gründung seines Unternehmens auf ein breit abgestütztes Fachwissen zurück, das er sich während seiner Ausbildung zum Fahrradmechaniker und danach als Serviceverantwortlicher bei der Schweizer Niederlassung von Trek aneignen konnte. Und nicht zuletzt half ihm die persönliche Leidenschaft für das Fahrrad, welche ihn trotz gut bezahltem Job in der New Economy wieder zurück zu seinen beruflichen Wurzeln zog.

Selbsterklärende Verkaufsplattform

Mit Simpel.ch konnte Douglas alles miteinander verbinden: Seine privaten Interessen an Fahrrad und Internet sowie seine beruflichen Kenntnisse aus beiden Bereichen. Anders als viele Online-Unternehmen aus dem ersten Internet-Boom konnte Simpel das Ende der Euphorie nichts anhaben. „Mit Simpel.ch verkauften wir von Anfang an nicht einfach dieselben Artikel wie ein gewöhnliches Geschäft mit tieferen Preisen, sondern ein Gesamtkonzept, bei dem alle Elemente auf einander abgestimmt waren“, sagt Douglas. Die wichtigsten Elemente davon sind eine selbsterklärende Verkaufsplattform, die auch technischen Laien eine Entscheidungshilfe bietet, konsequent mit wartungsarmen Komponenten ausgerüstete Fahrräder, optimierte Trefferquoten bei Internet-Suchmaschinen und frische Marketingideen. Eine davon war beispielsweise, dass Douglas den Begriff „Velobilität“ kreierte und einen Wettbewerb dazu ausschrieb. „Die Wortschöpfung soll die Faszination des Velos erklären, die jeder Radfahrer kennt, die aber Menschen ohne Raderfahrung nur schwer zu erklären ist“, beschreibt Douglas, die Faszination, die ihn selbst auch antreibt.

Mittlerweile 14 Mitarbeiter im Team

Sein Ideencocktail fand Gefallen, und seine Räder Käufer. Innerhalb kurzer Zeit konnte sich Douglas beruflich auf den Fahrradhandel konzentrieren und die ersten Mitstreiter einstellen. Heute zählt die Simpel GmbH 14 Mitarbeiter und ist damit der grösste Arbeitgeber im Maschwanden. Stetig wuchs das Sortiment von der Fahrradmarke Simpel.ch und umfasst heute 23 verschiedene Modelle – alle nach wie vor mit möglichst einfach zu bedienenden, wartungsarmen Komponenten ausgestattet. Über Stückzahlen und Umsätze schweigt Douglas nach dem gut schweizerischen Prinzip, dass über Geld nicht gesprochen wird. Doch merkt er an, dass sein Unternehmen trotz jährlichem Wachstum von den Mitbewerbern größer eingeschätzt wird als es tatsächlich ist.

Andere Hersteller und insbesondere der Fachhandel beäugten den umtriebigen Neuling auf dem Markt anfangs sehr misstrauisch und einige alteingesessene Geschäfte weigerten sich ausdrücklich, Räder von Simpel zu reparieren. Unterdessen habe sich das aber etwas gelegt, sagt Douglas. „Die Händler haben erkannt, dass wir weder den Markt kaputtmachen wollen noch auf das schnelle Geld aus sind.“ Dank dieser entspannteren Stimmung konnte Simpel seither sogar einige Fachgeschäfte als Servicepartner gewinnen.

Neben den Rädern der eigenen Marke konnten sich weitere Geschäftszweige etablieren. Seit mehreren Jahren beliefert das Unternehmen auch Großkunden mit Firmenrädern. Unter anderem setzten Nestlé und die Zürcher Stadtverwaltung auf eine Fahrradflotte von Simpel. Und sogar die Mitarbeiter des Physikforschungszentrums CERN in Genf treten in Simpel-Pedale, wenn sie ihre Runden um den neu gebauten Teilebeschleuniger drehen. Daneben betreibt die Simpel GmbH erfolgreich den Webshop velomarkt.ch für Zubehör und Komponenten mit einer integrierten kostenlosen Fahrrad- und Teilebörse für Privatverkäufer. Gemäss Douglas ist diese Handelsplattform in Bezug auf Besucher und Inseratemenge die größte ihrer Art in der Schweiz. Ganz neu kam in diesem Jahr mit dem Import und Zwischenhandel von zwei zusätzlichen Fahrradmarken (Velobiz.de berichtete) ein weiteres Betätigungsfeld hinzu.

Schweizer Grenzen werden gesprengt

Mit dem neuesten Projekt sprengt Douglas nun die Grenzen der Schweiz zum ersten Mal. Seit rund einem Jahr arbeitet er eng mit dem Freiburger Kai Fuchs zusammen. Dieser legte seine bisherige Tätigkeit als Europa-Importeur von Bike Friday in die Hände der Simpel GmbH und arbeitet nun in Maschwanden. „Es ist eine klassische Win-Win-Situation“, schwärmt Kai Fuchs, „Bike Friday kann nun auf gut ausgebaute Handelsstruktur und Verkaufserfahrung von Simpel zurückgreifen“. Simpel wiederum, ergänzt Douglas, könne in der Weiterentwicklung und Produktion der eigenen Räder auf die umfangreichen technischen Kenntnisse von Fuchs zurückgreifen.

Gemeinsam wollen Fuchs und Douglas das bestehende Händlernetz Bike Friday in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausbauen. Bereits haben die beiden umtriebigen Faltradfans eine neu gestaltete Homepage aufgeschaltet, welche ausführlich und kundennah die Vorteile der amerikanischen Falträder beschreibt. „Bike Friday vereinigt wie kein anderes Rad die Eigenschaften eines Faltvelos mit denen eines expeditionstauglichen Tourenrades“, sagt Douglas. „Diese Vorzüge haben mich selbst überzeugt, den Rädern zu weiterer Verbreitung zu verhelfen. Mit dem eigenen Onlineportal wollen wir diese Eigenschaften direkt an potenzielle Käufer weitervermitteln.“ Eine wichtige Rolle spielen dabei Erfahrungsberichte von Bike Friday-Fahrern. „Insbesondere die Reiseberichte aus aller Welt sind beste Referenzen für Bike Friday“, sagt Fuchs. Obwohl die Webseite bikefriday.de die Möglichkeit der direkten Bestellung anbietet, werden laut Fuchs die meisten Käufer das Rad in einem Fahrradgeschäft bestellen wollen. „Bike Friday bietet so viele Optionen, dass die meisten Käufer nicht auf eine kompetente Beratung durch den Fachhändler verzichten können“, ist Fuchs überzeugt.

Folgen auf die Räder von Bike Friday in Deutschland bald auch die von Simpel.ch? Weil Simpel als eine der ersten Firmen weltweit auf neue technische Lösungen wie die stufenlose Nabenschaltung von Nuvinci oder den Keilriemenantrieb von Gates setzte, fand die Direktversandsmarke aus der Schweiz in der deutschen Fachpresse schon viel Aufmerksamkeit. Vorerst will Douglas aber seine eigenen Räder noch nicht in Deutschland anbieten. Wer den bisherigen Weg seiner Firma kennt, wird nicht überrascht sein, wenn sich das eines Tages doch noch ändern sollte.

5. November 2008 von Urs Rosenbaum

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