
Kolumne - Gegenwind
Applaus für die Abwesenheit
... der Verantwortliche aus der erweiterten Geschäftsleitung süffisant-amüsiert: Man müsse dafür schon Verständnis haben, schließlich müssten die Männer das Geld verdienen, was die Frauen ausgeben. Wow! Die Kinnladen befinden sich in der Tiefgarage. Das ist nur ein Beispiel von unzählig vielen gleicher Art, die wir erlebt haben und ständig erleben. Kurzer Check-in: Verstehst du, was daran falsch ist?
Fangen wir mit dem Offensichtlichsten an: Die Unsichtbarmachung von Frauen im beruflichen Kontext. Dass auf der Bühne ausschließlich Männer stehen, ist kein Zufall und schon gar kein Grund zum Schmunzeln – es ist ein deutliches Zeichen struktureller Ungleichheit. Wenn dieser Zustand weder hinterfragt noch thematisiert, sondern durch »humorvolle« Kommentare abgetan wird, wird die Abwesenheit von Frauen im Erfolgskontext nicht nur ignoriert, sondern aktiv legitimiert. Man normalisiert ein System, in dem weiblicher beruflicher Erfolg bestenfalls eine Randnotiz ist – wenn überhaupt.
Hinzu kommt die Verfestigung überkommener Rollenbilder. Die Behauptung, Männer müssten das Geld verdienen, das Frauen ausgeben, klingt wie ein Echo aus den 1950ern – und bleibt doch auch heute erschreckend präsent. Solche Aussagen zementieren das patriarchale Narrativ vom männlichen »Ernährer« und der wirtschaftlich abhängigen Frau. Sie ignorieren, dass Frauen längst selbstverständlich zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen, Führungsverantwortung übernehmen und eigene Erwerbsbiografien gestalten. Kurz: Diese »Scherze« lügen gegen die Realität an.
Und als wäre das nicht genug, kommt dann noch der vermeintliche Humor ins Spiel. Das Problem: Sexistische Stereotype werden nicht dadurch harmlos, dass man sie mit einem Lächeln präsentiert. Im Gegenteil – die Verpackung als Witz erschwert die nötige Auseinandersetzung. Es geht hier nicht um Humor, sondern um Herabwürdigung mit Pointe. Wer so spricht, sendet ein klares Signal: Kritik ist nicht willkommen, Veränderung unerwünscht.
Schließlich offenbart sich hinter der Relativierung auch eine tieferliegende Verantwortungsverweigerung. Wer Verständnis für ein offensichtliches Ungleichgewicht einfordert, versucht nicht etwa, das Problem zu lösen – sondern es zu verschleiern. Damit schützt man nicht nur den Status quo, sondern verfestigt aktiv die Strukturen, die Frauen systematisch benachteiligen.
Karla Sommer von Velokin und Dani Odesser von Dani O. Communication bringen gemeinsam mehr als 30 Jahre Berufserfahrung in der Branche mit.
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