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Kommission oder ZIV: Wer hat Recht?

Binnenmarktpaket wird unterschiedlich interpretiert

Über die Auswirkungen des jüngst vom EU-Parlament verabschiedeten (aber vom EU-Rat noch nicht ratifizierten) Binnenmarktpakets wird in Politik und Wirtschaft kontrovers diskutiert. Bei der EU-Kommission heißt es in einer jüngst veröffentlichten Mitteilung: "Durch nationale technische Regeln sollte nicht mehr verhindert werden, dass ein Produkt, das in einem Mitgliedstaat bereits rechtmäßig in Verkehr gebracht wird, auch in einem anderen Mitgliedstaat vermarktet wird." Als Beispiel, wo diese neue Rechtslage Anwendung finden soll, werden explizit auch Fahrräder genannt. Der deutsche Zweirad-Industrie-Verband hingegen glaubt nicht, dass sich dadurch im Fahrradmarkt etwas ändert. In einer heute veröffentlichten Pressemitteilung heißt es: "Durch diese Richtlinie, die noch vom EU-Ministerrat verabschiedet werden muss, wird nur eine Beweislastumkehr vorgenommen,

an den rechtlichen Rahmenbedingungen wird jedoch nichts geändert."

Das hört sich im Wortlaut der EU-Kommission, wo Industrie-Kommissar Günter Verheugen maßgeblich an der Entstehung des Binnenmarktpakets beteiligt war, etwas anders an. Egal ob Möbel, Lebensmittel oder Fahrräder: "Für diese Erzeugnisse gelten sehr häufig zahlreiche unterschiedliche nationale Vorschriften, die die von den Produkten zu erfüllenden Anforderungen enthalten. Aufgrund dieser in vielen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Regeln, ließen sich bis zum heutigen Tage Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, davon abschrecken, ausländische Märkte zu erschließen, weil sie nachweisen mussten, dass ihre rechtmäßig in einem bestimmten Mitgliedstaat verkauften Erzeugnisse den technischen Vorschriften anderer Mitgliedstaaten entsprechen. Andere Unternehmen waren verpflichtet, kostspielige und häufig unnötige Änderungen an ihren Produkten vorzunehmen, so dass diese auch für die Verbraucher teurer wurden", heißt es in einer Mitteilung der EU-Kommission. Und weiter: "Das heute angenommene Paket wird viele dieser technischen Hemmnisse beseitigen und somit die Vermarktung von Waren in anderen Mitgliedstaaten vereinfachen. Durch nationale technische Regeln sollte nicht mehr verhindert werden, dass ein Produkt, das in einem Mitgliedstaat bereits rechtmäßig in Verkehr gebracht wird, auch in einem anderen Mitgliedstaat vermarktet wird. Ein Mitgliedstaat, der einem Produkt den Marktzugang verweigern will, muss dies präzise und detailliert begründen und dem einführenden Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme geben, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird."

ZIV: Alles bleibt wie gehabt

Beim ZIV werden die Auswirkungen des Binnenmarkt-Pakets folgendermaßen skizziert: "Falls nach Inkrafttreten des EU-Binnenmarktpakets Fahrräder, z.B. aus einem anderen EU-Land, nach Deutschland eingeführt werden sollen, die zwar den straßenverkehrsrechtlichen Regelungen des Ursprungslandes, nicht aber den Zulassungsvorschriften in Deutschland entsprechen, so muss sichergestellt sein, dass das Sicherheitsniveau dieser Fahrräder zum Schutze der Verbraucher und der Verkehrssicherheit mindestens dem Niveau entspricht, das in Deutschland durch die StVZO vorgeschrieben ist. Bisher musste dieser Beweis vom Importeur erbracht werden. Zukünftig, und das ist das Neue, müssen die Behörden in Deutschland belegen, dass das in der StVZO vorgeschriebene Sicherheitsniveau notwendig ist, um den Verbraucher vor Unfällen zu schützen, und das importierte Fahrrad diesen Anforderungen nicht entspricht. Diesen Nachweis zu führen wird insbesondere dann, wenn ein solches Fahrrad, z.B. komplett ohne Beleuchtung importiert wird, nicht sehr schwer fallen."

Rückendeckung für diese Interpretation gebe es aus Berlin, so der ZIV: "Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) sowie das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) haben bereits gegenüber dem ZIV signalisiert, dass sie auch weiterhin gegen eine Aufweichung der deutschen Sicherheitsanforderungen an Fahrrädern, insbesondere im Beleuchtungsbereich, eintreten werden."

Ein Ende der Dynamo-Pflicht bei Fahrrädern, die im Straßenverkehr genutzt werden, sei demnach aus Sicht des ZIV auch durch das Binnenmarktpaket nicht in Sicht.

29. Februar 2008 von Markus Fritsch

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