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Cycling World Düsseldorf - Messeneuling im Westen
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Messe Cycling World in Düsseldorf

Schicker Newcomer im Westen

Eine richtig lifestylige Fahrradmesse im schicken, wohlhabenden Düsseldorf – das hatte vielen in der Branche gefehlt. Oder? Andere meinten eher: Was? Noch eine Frühjahrsmesse für Verbraucher? Wer dann am letzten März-Wochenende durch das prächtige Industrieambiente der Cycling World schlenderte, der

Cycling World Düsseldorf - Messeneuling im WestenMesseauftritt von SchauffDeutschland-Premiere für WattitudeMesse-Auftritt SpecializedMesse-Impression auf der Cycling World

konnte dennoch schnell bestätigen: Ja, das passt hierhin wie zum Fahrrad. In den Alten Schmiedehallen des Areal Böhler, einer detailverliebt renovierten Industriehalle, gut 100 Jahre alt, war mit 8000 Quadratmetern reichlich Platz, um Räder, etwas Bekleidung und Zubehör so entspannt wie schick zu präsentieren.

Im Vorfeld war die Messeleitung knausrig mit Informationen, vor allem, was die Aussteller und deren Zahl betraf. Im Gespräch mit CEO Stefan Maly erklärte sich, warum: Natürlich waren die Unternehmen zunächst zurückhaltend gewesen, was eine Teilnahme an dem Event betrifft. Schließlich war es eine Premiere. Aber auch das Konzept mit starkem Event-Charakter war hier wenig erprobt. Dabei hat der Messemacher durchaus Erfahrung mit Events, ist er doch Geschäftsführer des Düsseldorfer Firmenlaufs Run4ideas, auch eine kleinere Rennrad-Messe hatte er schon verantwortet. Und jetzt sollte es mit der Cycling World eine große Sache werden.

Show-Ambiente statt Messe-Gewimmel

Jedenfalls kann man dem Messeteam zur Wahl der Location gratulieren. Flair wie Raumangebot stimmten. Wenn die Halle für die etwa 122 Aussteller und 175 Labels auch großzügig ausfiel: Man genoss es auch in Stoßzeiten, die es durchaus gab, nicht allzu sehr ins Gedränge zu kommen. Zusätzliche Ausstellungen wie die Fahrrad-Skulpturen von Axel Naß und eine Fotoausstellung wurden mit viel Raum präsentiert, auch eine kleine Expo zum 200-Jahr-Jubiläum des Fahrrads fehlte nicht.

Am anderen Ende der Halle: das „Auditorium“, wo beispielsweise das Damen-Elite-Team Cycle Cafe auf der Bühne vorgestellt wurde. Außerdem gab es hier ein laufendes Programm mit Vorträgen von Ausstellern zum Thema „Das richtige E-Bike finden“ und Interviews mit Sportlern wie dem Paracycler und Olympiasieger Hans-Peter Durst, aber auch Buchpräsentationen.

Überhaupt war das Rahmenprogramm breit gefächert und vielfältig: Neben der heute inflationär praktizierten Award-Verleihung gab es natürlich Demostrecken über das Industrieareal für die Besucher, verschiedene Ausfahrten für Rennradler, ein Cyclocross-Rennen auf dem eigens angelegten Test-Parcours, Fahrradfilme, eine Fotoausstellung und vieles mehr.

Die Besucher kamen trotz des grandiosen Bilderbuch-Wetters an diesem Wochenende gerne. Das etwa sieben Kilometer von der Königsallee entfernte Areal, auf der sich auch Außenstände für die Rad- und E-Bike-Teststrecken und den dazugehörigen Zelten befanden, kann gut mit einer Fahrradtour am Rhein verbunden werden.

Skurril mit Stil

Tatsächlich war die Ausstellerriege bunt gemischt: Neben Messe-Stammgästen wie Riese & Müller waren Exoten, vor allem aus dem stylischen Bereich, zu sehen. Etwa Wattitud, ein belgisches Unternehmen, das sich auf E-Bikes mit Fatbike- und Cruiser-Elementen spezialisiert hat. Der deutsche Importeur Erdmann feierte auf der Cycling World Deutschlandpremiere – und war sehr zufrieden mit dem Start und dem Publikumsinteresse, wie Anja Bergen vom Marketing bekräftigte. Auch kleine Skurrilitäten hatten ihren Platz – wie Pro Cycling Trumps, die famosen Quartettkarten-Serien von Jim McLeman. Liebevoll-minimalistisch werden hier je Spielkarten-Satz die wichtigsten Fahrer von Pro-Tour-Teams eines Jahrgangs mit sehr viel Liebe zum grafischen Detail dargestellt.

Exotisch wirkte auf der Cycling World auch der Stand des Traditionsherstellers Schauff. Mit einem Begleitfahrzeug-Oldtimer von Citroen passte der Auftritt bestens zum Retro-Charme der Halle. Jan Schauff gab sich zufrieden mit der Messe: Er lobte ein interessiertes Publikum und – von den späten Nachmittagsstunden am Sonntag abgesehen – den durchaus starken Besucherstrom.

Grundsätzlich war man bei der Cycling World sehr offen, was die Ausrichtung der Aussteller anging – so traf man auch klassische Spezialradhändler mit Trikes und Liegern zwischen Fixies und den heute bei solchen Events allgegenwärtigen Lastenrädern und Retro-Bikes. Bei so viel Trend- und Hipness irritierte manche Besucher vielleicht dann doch der etwas marktschreierische Messestand von Großanbieter Lucky Bike.

Gut ins Ambiente passte hier der Specialized-Stand, wobei dieses Unternehmen mit seiner Messepräsenz sicher auch das Publikum für den temporären Shop nahe der Königsallee sensibilisieren wollte – der soll Anfang Mai eröffnet werden – schließlich wird Düsseldorf mit dem Grand Départ im Juli zur Rennsport-Metropole (velobiz.de berichtete) .

Aussteller wie Dr. Andreas Gügel lobten die Entspanntheit, mit der die Messeleitung die Stände den Ausstellern überließ – „bei der Berliner Fahrradschau war das deutlich anders“, war der Tenor beim Vertreiber der Black-Sun-Sonnenbrillen mit Lesebrillen-Einschliff.

Lob gab es von vielen Seiten. Auch von Sports Nut hieß es: „Die Messe war wirklich gut besucht. Das fahrrad-affine Publikum war tendenziell gutsituiert, keine Schnäppchenjäger. Und Sonntag kamen auch noch einige interessierte Händler“, so Thorben Kriener, Marketing Manager des Vertreibers.

Fazit: Breites Angebot im Wohlfühl-Ambiente

Die Location, die Lifestyle-Orientierung und der Internet-Auftritt ließen beim aufmerksamen Beobachter im Vorfeld erwarten, dass die Cycling World die Berliner Fahrradschau für den Westen würde. Das wurde sie nur zum Teil: Es war eine eigenständige Veranstaltung mit viel Szene-Flair, aber auch hinreichend Bodenständigkeit, bei der sich viele Arten von Bike-Interessierten und Enthusiasten wohl fühlen und Neues entdecken konnten. „Das Publikum ist hier ganz anders als in Berlin“, meinte auch Matthias Jeschke von Velocipedo, „die Insider, die dorthin kommen, erkennen beispielsweise Titanrahmen sofort, während du hier meist erst mal erklären musstest. Aber ein starkes Interesse ist da!“ Und die Kaufkraft auch, kann man ergänzen.

Jedenfalls scheint mit dem Szene-Ambiente und dem Standort Düsseldorf bei aller Offenheit der Veranstalter auch ein „automatischer Filter“ verhindert zu haben, dass sich viele Anbieter aus dem Discounter-Bereich einbringen. Und in Sachen Organisation und Servicebereitschaft des Messeteams schlug die erste Ausgabe der Rheinländer noch die siebte der Berliner um Längen. Auch deshalb war die Cycling World 2017 eine runde Sache. Das beständig steigende Ansehen von Fahrrad und E-Bike als Lifestyle- wie Mobilitätsprodukt kam deutlich beim breit gefächerten Publikum an. Rund 10.000 Besucher zählte man laut Mitveranstalter Torsten Abels am Wochenende – eine gelungene Premiere.

28. März 2017 von Georg Bleicher
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