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Albert Herresthal
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Interview mit Vivavelo-Macher Albert Herresthal:

"Themen für Morgen, über die man HEUTE Bescheid wissen sollte"

Vor dicken Brettern hatte der VSF noch nie besonderen Respekt. So auch nicht bei Vivavelo, dem Branchenkongress, den der VSF im kommenden Februar (22./23.03.2010) erstmals in Berlin initiieren will. Das ehrgeizige Ziel: Akteure der Branche sollen zusammen mit Politik und Medien über Zukunftsthemen für den Fahrradmarkt diskutieren - flankiert von einigen hochkarätigen Vorträgen. Und der Plan geht wohl auf: Inzwischen hat der VSF nahezu alle wichtigen Fachverbände der Branche mit ins Boot geholt und sich die (auch finanzielle) Unterstützung namhafter Marktteilnehmer gesichert. Im Interview mit velobiz.de berichtet Albert Herresthal, Vorstand des VSF und treibende Kraft bei Vivavelo, über den Stand der Planungen und bisherige Reaktionen aus der Branche.

{b}velobiz.de: Herr Herresthal, Ihr Verband, der VSF, engagiert sich sehr stark für den neuen Branchenkongress Vivavelo. Was versprechen Sie sich von dem Kongress für die Branche und den VSF im Besonderen?{/b}

Albert Herresthal: Das Fahrrad genießt zwar große Sympathien in der Gesellschaft, aber die Branche hat politisch kein Gewicht und wird auch nicht wirklich wahrgenommen. Das ist ein Widerspruch, den zu überwinden Vivavelo einen Beitrag leisten soll. Eine starke Fahrradbranche braucht Selbstbewusstsein und ein gutes Wir-Gefühl, das nach Außen abstrahlt. Was uns in der Branche bisher fehlt, ist eine Plattform außerhalb der produktlastigen Messen, wo man sich trifft, austauscht, mit Zukunftsfragen auseinander setzt, und auch Spaß miteinander hat - und zwar Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleister gemeinsam! Dieser Kooperationsgedanke ist natürlich ein Stück VSF-Philosophie, daher ist unsere Rolle als Initiator hier vielleicht nicht verwunderlich. Aber nur im Miteinander kann die Branche sich weiter entwickeln und nach außen Wirkung entfalten!

{b}velobiz.de: Inzwischen sind die Planungen für den Kongress weit vorangeschritten. Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden Sie bei den Vorträgen setzen? Gibt es vielleicht schon das eine oder andere Highlight?{/b}

Albert Herresthal: Schwerpunkt der Vorträge sind ganz klar die Zukunftsfragen für die Branche. So geht es in den Vorträgen z.B. um gesellschaftliche Megatrends, die auch zu neuen Konsumentengruppen führen. Ein Highlight ist dabei sicherlich der Vortrag von Jeanette Huber vom bekannten Zukunftsinstitut von Matthias Horx aus Kelkheim zum Thema "Mobilitätsbedürfnisse der LOHAS". Das Einkaufsverhalten der Menschen ändert sich laufend, da ist es wichtig, sich frühzeitig auf neue Entwicklungen einzustellen. Der Hauptgeschäftsführer des HDE, Stefan Genth, wird diese Veränderungen im Handel im Allgemeinen und in der Fahrradbranche im Speziellen anschließend aufzeigen. Weiterhin wird eine vom Bundesverkehrsministerium finanzierte wissenschaftliche Untersuchung über die Einstellungen der Bürger zum Radfahren und zu Hemmnissen der Radnutzung präsentiert. Und Prof. Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin wird darlegen, wie sich das Mobilitätsverhalten in den Städten wandelt. Alles Themen für Morgen, über die man HEUTE Bescheid wissen sollte.

{b}velobiz.de: Mit Berlin haben Sie wohl nicht ohne Hintergedanken die Bundeshauptstadt als Veranstaltungsort gewählt. Welche politische Wirkung erhoffen Sie sich von Vivavelo?{/b}

Albert Herresthal: Ja, völlig korrekt, Berlin ist natürlich kein Zufall. Vivavelo findet unweit des Potsdamer Platzes statt, in der Landesvertretung von NRW, mitten im Botschaftsviertel. Wir wollen mit der Wahl des Veranstaltungsortes zeigen: Fahrrad ist ein 1A-Thema, Fahrrad hat Bedeutung, Fahrrad ist Bundesliga (wenn schon die Hertha grad danieder liegt...) und nicht Regionalliga. Wer die politische und mediale Aufmerksamkeit will, der muss nach Berlin gehen. Hier haben wir auch die Chance, die Politik direkt anzuspechen und Beziehungen aufzubauen für die Lobbyarbeit pro Fahrrad. Einen solchen Dialog zwischen Politik und Branche wird es beispielsweise am ersten Kongresstag bei einer Podiumsdiskussion geben.

{b}velobiz.de: Welche Teilnehmerkreise von außerhalb der Branche erwarten Sie?{/b}

Albert Herresthal: Politik und Medien. Aber es gibt viele natürliche Verbündete des Fahrrads, z.B. die Tourismusbranche. Neuerdings interessiert sich sogar der Verband der Asphalthersteller für uns im Zusammenhang mit dem Radwegebau. Aber die eindeutige Zielgruppe von Vivavelo ist die Branche selbst plus Politik, Medien sowie weitere Multiplikatoren. Dass Prof. Klaus Töpfer bereits ein Grußwort für vivavelo geschrieben hat, zeigt deutlich, dass das Fahrrad dabei ist, mehr und mehr auch "ganz oben" anzukommen. Auch im aktuellen Koalitionsvertrag ist der Nationale Radverkehrsplan erstmalig benannt. "Fahrrad" kam dort früher nie vor.

{b}velobiz.de: Wie reagiert die Fahrradbranche bisher auf Ihre Pläne? Erfahren Sie Unterstützung für VivaVelo?{/b}

Albert Herresthal: Die Reaktionen sind sehr positiv. Wir sind schon vor über einem Jahr auf wichtige Akteure der Branche zu gegangen und haben mit ihnen gemeinsam das Konzept Vivavelo entwickelt. Ideelle Träger des Branchenkongresses sind neben dem VSF der ZIV, VDZ, BIV und der Bike Brainpool; Medienpartner sind Velobiz, der RadMarkt und der Pressedienst Fahrrad. Aber natürlich brauchen wir auch die finanzielle Förderung unserer Sponsoren. Hier wird Vivavelo von den Firmen Humpert, Zwei pls zwei, Bohle, Winora, Lange, Biketec, WSM, Koga Miyata, Velokonzept, Vierplus und anderen unterstützt. Es gibt aber auch einzelne Akteure der Branche, die noch zurückhaltend oder skeptisch sind im Sinne von "Ist das nicht eine Nummer zu groß für die Branche?" Es stimmt natürlich, dass Vivavelo ein ganz neues Format ist, so etwas hat sich die Branche bisher noch nicht zugetraut. Aber wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt, einmal deutlich Flagge zu zeigen für das Fahrrad? Wir haben die Lösung für viele gesellschaftliche Probleme: Von Klimaschutz über Benzinpreise bis Gesundheit. Fahrrad!

{b}velobiz.de: Bei Vivavelo wird es auch einige Aussteller geben. Besteht damit nicht die Gefahr, dass der Weg zu einer Frühjahrsmesse für die Fahrradbranche vorgezeichnet ist?{/b}

Albert Herresthal: Auf keinen Fall. vivavelo wird keine Messe werden. Es ist ein Branchenkongress und zielt auf Kopf und Geist. Die "Innovationsinseln" im Foyer der Landesvertretung sind wirklich nur kleine Inseln oder vielleicht Leuchttürme. Hier stehen auch keine Verkaufsprodukte im Mittelpunkt - die gab es schon oft genug zu sehen - sondern Ideen, Konzepte, Innovationen. Sie sind dialogorientiert angelegt und zeigen eher das Menschliche hinter den Unternehmen. Hinzu kommen eine Reihe von Sonderausstellern wie die AGFS oder die "Kopf An"-Kampagne, wo mehr ideelle Konzepte gezeigt werden.

{b}Das Interview mit Albert Herresthal führte Markus Fritsch. velobiz.de ist Medienpartner von Vivavelo.

17. November 2009 von Markus Fritsch

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