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Online Marketing Workshop
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Workshop Usability

So testen Sie Ihre Website selbst

Wenn der Internet-Experte von Usability und User Experience spricht, meint er damit die Benutzer- und Bedienungsfreundlichkeit einer Website. Das Thema ist alles andere als banal und wird doch oft von Seitenbetreibern vernachlässigt: Nur wenn sich der Nutzer – egal ob in einem Online-Shop oder auf Seiten mit anderem Hintergrund – schnell und ohne Stolperfallen auf einer Seite orientieren kann, erfüllt der Webauftritt seinen Zweck. Im umgekehrten Fall kann eine schlecht gemachte Website für das Unternehmen im hohen Maß geschäftsschädigend sein. Mit einfachsten Mitteln finden Sie die größten Fehler in Ihrem Webauftritt jedoch auch selbst. Ein Selbsttest sollte der Beginn einer konsequenten Optimierungsstrategie sein, wie Internet-Experte Frank Puscher im nachfolgenden Workshop erklärt.

Online Marketing WorkshopUsability ist kein Selbstzweck: Die klare Handlungsaufforderung im Kopf der Seite und positiv aufgeladene Kinderfotos steigerten das Spendenaufkommen für SOS-Kinderdörfer signifikant.In unterschiedlichen Browsern verändert sich mitunter das gesamte Layout einer Seite.

Lassen Sie sich kein X für ein U vormachen: Der Hausfrauentest funktioniert. Wenn Sie eine Website haben, mit der Sie Endkunden ansprechen, dann sind auch Hausfrauen darunter. Vielleicht sind das nicht die Nutzer Ihrer Produkte, aber deren Gattinnen, die dem Hobby-Biker neues Material schenken wollen. Setzen Sie also unbedarfte Nutzer an Ihre Website, stellen Sie diesen eine repräsentative Aufgabe und beobachten Sie, was geschieht. Zwingen Sie sich dazu, nicht einzugreifen - auch wenn es weh tut. Merken Sie sich stattdessen die Stellen, wo der Proband sichtbar zögert oder gar verärgert reagiert, und fragen später nach dem Grund.

Die Technik

Usability-Testing ist nichts anderes, als eine Funktionsprüfung für Webseiten. Kann der Nutzer nicht mit den Seiten umgehen, hat die Gestaltung versagt. Trotzdem fristet das Testen von Webseiten ein Stiefmütterchendasein in Marketing-Abteilungen, Designagenturen und vor allem bei der Inhouse-Grafik. Dafür gibt es vor allem zwei gute Gründe: Budgets sind ausgereizt und/oder der Terminplan ist zu eng bis zum Launch. Macht nichts: Hauen Sie die Website raus und testen Sie dann. Anders als bei Printobjekten ist der Internetauftritt ja nicht statisch. Im Handumdrehen werden gefundenen Rechtschreibfehler korrigiert, ein Bild geändert oder ein Button neu beschriftet.

Der Test beginnt mit grundlegenden technischen Prüfungen. Ihre Webseite sollte auf den wichtigsten Bildschirmgrößen gut funktionieren. Das testen Sie selbst, in dem Sie einfach mal die Auflösung ändern. Unter Windows beispielsweise wäre das durch einen Rechtsklick auf den Desktop und dann unter „Eigenschaften“ oder „Bildschirmauflösung“ zu erreichen. Jede Webseite sollte in Auflösungsbereichen zwischen 800 x 600 Pixel und 1280 x 1024 Pixel gut funktionieren. Einzelne Designverzerrungen sind zu verschmerzen. Doch wenn zum Beispiel Teile der Site gar nicht mehr zu sehen sind, ist das nicht tolerabel.

Der nächste Test fragt nach verwendeten Plugins. Hier hat der Internet Explorer eine einfach zu bedienende Konsole namens „Erweiterungen“. Mit einem einzigen Klick schalten Sie dort zum Beispiel „Shockwave Flash“ aus und Sie sehen die Seite, als hätte sie ein Nutzer vor sich, dessen Rechner kein Flash kann oder dem der Systemadministrator das Laden von Flash verboten hat (und das ist in vielen Firmennetzwerken der Fall). Auch hier: Lassen Sie sich nicht von einer theoretischen Zahl in die Irre führen, wenn Adobe, der Besitzer von Flash, sagt der FlashPlayer wäre auf 98 Prozent aller Rechner installiert.

Der dritte technische Test prüft die unterschiedlichen Browser. Sie können im Handumdrehen den Internet Explorer, Googles Chrome, Opera und Firefox auf dem eigenen Rechner installieren. Oder Sie nutzen die Infrastruktur eines Dienstes wie Browserlab oder Screenshot.org, der Ihnen Screenshots von den Webseiten in unterschiedlichen Browsern macht. Auch ein Besuch im benachbarten Internetkaffee birgt eventuell spannende Erkenntnisse.

Einen Browser können Sie nur auf dem Mac testen, und das ist Safari. Mit rund zehn Prozent Marktanteil ist Apples Rechnerwelt zwar nicht die wichtigste, aber dennoch nicht zu vernachlässigen. Noch etwas früh, aber keinesfalls verkehrt wäre auch ein kurzer Blick auf die eigene URL mit dem iPhone und iPad.

Zum Abschluss des Techniktests noch ein Wort zu Ladezeiten. Die Verfügbarkeit von schnellen DSL-Anschlüssen liegt im Bereich von 60 Prozent aller Verbindungen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine zweistellige Millionenzahl an Nutzern mit Modem oder ISDN online geht. Wollen Sie diesen Nutzern ein angenehmes Surferlebnis bieten, dann begrenzen Sie sich auf der Homepage oder den wichtigsten Rubrikseiten auf 150 bis 250 Kilobyte pro Seite inklusive aller Grafiken. Oder Sie schalten eine Weiche zu einer sehr sparsamen Variante Ihrer Seite, in der Sie eventuell nur News, Produktdaten und Kontaktmöglichkeiten platzieren. Das wäre dann auch eine treffliche Seite für den Zugriff durch Mobilgeräte.

Es gibt eine Reihe von Webseiten, wo Sie die Ladezeiten Ihrer Domain prüfen können. Im Schnelltest hilft auch das Speichern der Webseite im Browser (Menü: Datei) inklusive aller Grafiken.

Der inhaltliche Test

Wesentlich komplexer als die Technik ist die Frage, ob die Nutzer „verstehen“ was die Website von Ihnen erwartet. Welche Handlungen führen zu welchen Ergebnissen? Welche Rubrik beinhaltet die gewünschten Inhalte und welche Hilfsmittel bietet mir die Seite?

Aus 15 Jahren Erfahrung im Prüfen von Websites hier eine Checkliste gängiger Fehler, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

{b}Homepage:{/b}

  • Wer ist der Anbieter? (Name, Logo, Historie)
  • Ist er vertrauenswürdig? (Firmenfoto, Garantien, Zertifikate)
  • Was ist der Zweck der Website? (Shop, Produkte, Support)
  • Sind die Rubriken trennscharf und deren Bezeichnungen klar?
  • Ist die Suche schnell zu finden?
  • Ist eine direkte Kontaktmöglichkeit zu sehen, möglichst ohne Klick?

{b}Rubrikseiten{/b}

  • Wird der Rubriktitel sichtbar wiederholt, damit der Nutzer weiß, dass er richtig liegt.
  • Sind die Unterrubriken klar bezeichnet?
  • Wenn es mehr Inhalte gibt, als der Nutzer sofort sieht, sieht er diese und weiß er dann, wie er dorthin navigiert?

{b}Suche{/b}

  • Vorsicht bei der Platzierung in der Nähe eines anderen Eingabefeldes (z.B. Newsletteranmeldung).
  • Standardplatzierung Mitte oben oder rechts oben.
  • Löst das Drücken der Enter-Taste eine Suche aus?
  • Wie geht die Suche mit Umlauten, Sonderzeichen und leichten Fehlschreibungen um?
  • Sind die Treffer auf der Trefferseite klar gegliedert und gut voneinander zu unterscheiden?
  • Wird klar, wie die Reihenfolge der Treffer entsteht und lässt sich diese durch Filter manipulieren?
  • Bei komplexeren Suchlösungen mit mehreren Variablen muss sichergestellt sein, dass die Suche auch auf der Trefferseite die Parameter übernimmt, so dass der Nutzer nicht alle Daten erneut eingeben muss.

{b}Produktseite{/b}

  • Sind die Produktbeschreibungen klar nach Prioritäten aufgeteilt, so dass der Nutzer sofort erkennt, was die wichtigsten drei Merkmale eines Produktes sind?
  • Versteht der Nutzer, wie der Zoom eines Bilds funktioniert und wie man zurückkommt zur Originalansicht?
  • Kann der Nutzer ein betrachtetes Produkt speichern und ausdrucken? (Achtung: Wenig Farbe in der normalen Druckansicht verwenden, da die Nutzer Farbdrucker mit sehr teurer Tinte haben)
  • Gibt es eine Vergleichsmöglichkeit zwischen Produkten? Sie muss von jeder Produktseite verlinkt werden.

{b}Kontakt/Anfahrt{/b}

  • Kontakt alleine ist kein guter Link zur Anfahrtsbeschreibung.
  • Ein GoogleMaps-Ausschnitt ist meistens wesentlich schlechter zu drucken, als die alte PDF Wegbeschreibung.
  • Wie lautet die Zieladresse für Navis?
  • Telefonnummer nicht vergessen.
  • Wenn Sie ein Kontaktformular verwenden, schreiben Sie dennoch eine klare Empfängeradresse ( mail@firma.de ) oben auf die Seite, das macht es bei manchen Endgeräten einfacher, eine Mail zu schicken.

{b}Über/About{/b}
Einer der wichtigsten Gründe für den Aufruf dieser Seite ist die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit eines Unternehmens. Zeigen Sie, wie lange Sie im Geschäft sind, lassen Sie ihre zufriedenen Kunden zu Wort kommen und verweisen Sie auf neutrale Testinstanzen oder Prüfsiegel.

{b}Allgemeine Tipps{/b}

  • Setzen Sie Flash, Silverlight oder Java nur bei Inhalten ein, die Sie mit anderen Mitteln nicht ebenso gut kommunizieren können. Das gilt also im Wesentlichen für grafische Erklärfilme, für die Kombination von Bild und Ton, für Video und für spielerische Anwendungen.
  • Sorgen Sie für Klarheit. Konzentrieren Sie sich auf Kerninformationen und lagern Sie weiterführende Informationen auf Unterseiten aus.
  • Prüfen Sie was Google von Ihren Seiten hält, in dem Sie spezifische Sätze aus Ihrem Text in Google suchen.
  • Sorgen Sie dafür, dass alle Links oder klickbaren Elemente auch klar als solche zu erkennen sind. Der Fachmann spricht vom „Call to action“, dem Handlungsaufruf.
  • Bringen Sie wichtige Aufgaben nach vorne auf die Homepage, zum Beispiel die Newsletteranmeldung.
  • Testen Sie was Facebook tut, wenn Sie eine URL Ihrer Seiten als Link dort veröffentlichen. Text und Bild können Sie mit den sogenannten Open Graph Tags verändern.

Unterm Strich zählt beim Testen einer Website jede Nutzererfahrung, auch die des eigenen Geschäftsführers. Lassen Sie sich vom gesunden Menschenverstand leiten.

5. November 2010 von Frank Puscher
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