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Messe - IAA Mobility Nachbericht

Fahrrad als sichtbare Randnotiz

Die IAA Mobility sieht sich auf dem richtigen Weg. Das Thema Fahrrad blitzte dieses Jahr aber nur am Rande auf.

Die zweite Auflage der Fachmesse IAA Mobility ist schon wieder Geschichte. Die konsequente Neuausrichtung der Veranstaltung nach dem Umzug aus Frankfurt wurde weitergegangen. Nachdem holprigen Start vor zwei Jahren, der noch stark von den Einflüssen der Corona-Pandemie auf das Messegeschehen insgesamt geprägt war, sieht sich der veranstaltende Automobilverband VDA nun auf dem richtigen Weg.
»Die diesjährige IAA Mobility 2023 war ein großer Erfolg und wegweisend für die Mobilität der Zukunft. Die deutsche Automobilindustrie ist selbstbewusst und zeigt sich entschlossen. Wir sind bereit für die Herausforderungen der Zukunft. Wir sind zuversichtlich, mit unseren Innovationen im weltweiten Wettbewerb die Standards zu setzen. Die IAA Mobility ist ein Aufbruchssignal, die Automobilindustrie zeigt die Willensstärke und die Innovationsfähigkeit, die es braucht, um die Transformation zu einer gemeinsamen Erfolgsgeschichte zu machen. Das ist der Spirit, der von München in die Welt geht«, wird deren Frontfrau Hildegard Müller im Schlussbericht zur IAA Mobility zitiert. Als Erfolg kann die IAA Mobility für sich sicherlich wieder verbuchen, die geballte politische Prominenz begrüßen zu können, angeführt von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem bayerischen Staatsoberhaupt Markus Söder sowie seinem zuletzt viel gescholtenen Vize Hubert Aiwanger.
Wer den Schlussbericht der IAA Mobility weiter studiert, dem wird schnell klar: Zukunftsträchtige Mobilität ist aus Sicht der IAA-Macher zwar künftig elektrisch, aber gleichzeitig vorwiegend auf vier Rädern zu suchen. Diese »Mobilitätslösungen« wurden dann gewohnt aufwendig in der Münchner Innenstadt dem Publikum präsentiert. Es handelte sich um meist großräumige Boliden, die jetzt im dichten Verkehr einer Großstadt wie München künftig um Straßen und Parkraum konkurrieren wollen. Das Thema Fahrrad, zu dem bei der ersten Ausgabe der IAA Mobility noch eine große Nähe gesucht wurde, reduzierte sich hingegen eher zu einer Randerscheinung. Eine Handvoll Aussteller war im Münchner Hofgarten zu entdecken, wenn man im Besucherstrom der Ludwigstraße hinauf in Richtung Norden zur rechten Zeit abbog. Wer wollte, konnte von hier aus auf verschiedene Teststrecken durch den Englischen Garten starten, was durchaus zahlreich genutzt wurde. Alles in allem bliebt das Thema Fahrrad im Open Space der IAA Mobility allenfalls eine Randnotiz.
Von 500.000 Besucherinnen und Besucher sprechen die IAA-Veranstalter, die man während der sechs Messetage gezählt haben will. Das hört sich zunächst nach einer beeindruckenden Zahl an. Wie belastbar sie ist, sei dahingestellt. Nachdem der Zugang der Ausstellungsflächen zum Open Space über die ganze Innenstadt verteilt war und der Zutritt kostenfrei war, dürfte es sich hier um grobe Schätzungen handeln. Gleichzeitig gilt zu bedenken, dass auch ohne Open Spaces einer IAA, bei bestem Königswetter am Ende der bayerischen Sommerferien sich ohnehin Zigtausende durch die offenen Flächen der Münchner Innenstadt drängen.

Leistungsschau auf dem Messegelände

Getrennt vom aufs Publikum ausgerichteten Spektakel in der Innenstadt lief auf dem Messegelände der IAA Summit als klassische B2B-Fachmesse ab, die aufgrund der fachlichen Ausrichtung wenig Endverbraucher angelockt haben dürfte. Spezielle Besucherzahlen für den sogenannten IAA Summit wurden bislang nicht veröffentlicht.

Fahrsimulator am Stand von Hirschvogels Mikromobilitätsmarke Aximo.

Die räumliche Trennung von Publikums- und Fachveranstaltung erscheint jedoch als stimmiges Konzept. Im Gespräch mit Ausstellern auf dem IAA Summit klang dies zumindest immer wieder durch. Sechs Messehallen wurden auf der Messe München bespielt. Abgesehen von einigen Autoaustellern aus China, die ganze Fahrzeugflotten
präsentierten, reduzierten sich viele Auftritte auf wenige Modelle und konzentrierten sich viel mehr auf Detailneuheiten und Entwicklungen. Ein Startup-Bereich gab jungen Unternehmen die Möglichkeiten, ihre Innovationen vorzustellen. Eine Vielzahl von Fachforen, Konferenzen und Workshops unterstrich hier die Zielrichtung Fachpublikum.
Für das Thema Fahrrad gab es auf dem IAA Summit in diesem Jahr zwar keine eigenen Hallen mehr. Präsent war das Fahrrad jedoch an deutlich mehr Ständen, als es das Ausstellerverzeichnis hätte vermuten lassen. Als reinrassiger E-Bike-Hersteller bildete Stromer aus der Schweiz mit den Marken Stromer und Desiknio mit einem großflächigen Messeauftritt eine der Ausnahmen. Wenig überraschend, dass Unternehmen wie Bosch, Brose, Schaeffler oder auch der französische Konzern Valeo die Plattform nutzten, um das konzerneigene Fahrradstandbein in Szene zu setzen. So zeigte Valeo beispielsweise sein Mittelmotor-Antriebssystem, in das ein Automatikgetriebe integriert ist.

Automobilbranche schielt aufs Fahrrad

Ihre Ambitionen im Fahrradsegment machte die Hirschvogel Group auf der IAA Mobility deutlich. Der Automobilzulieferer hat einen eigenen Geschäftsbereich Mikromobilität gegründet. Für den Markt der Mikromobilität entwickelt und produziert Hirschvogel unter dem Markennamen Aximo einen Baukasten an Komponenten, mit dem sich elektrifizierte Fahrzeugkonzepte vom E-Bike bis zu Leichtfahrzeugen (L2e bis L7e) wirtschaftlich verwirklichen lassen. Als Projektmanager in München für Hirschvogel am Start war Matthias Blümel, in der Fahrradbranche bekannt als Gründer und Macher der oberbayerischen Fahrradmarke Electrolyte. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner FIT bringt Aximo demnächst ein E-Bike-Drive-System mit wartungsfreiem Radnabenmotor auf den Markt. Eyecatcher auf der IAA aus Fahrradsicht am Stand von Hirschvogel: Das seit Mai erhältliche Cube Trike Hybrid mit Aximo-Achssystem, das von Auszubildenden in einen Fahrsimulator integriert wurde.
Die Idee, mit einheitlichen Wechselakkus verschiedene elektrische Verkehrsmittel wie E-Bikes, E-Roller oder E-Autos betreiben zu können, zeigte Entwicklungsdienstleister Akkodis während der IAA Mobility. Verbindendes Element ist die Akkodis Smart Battery, ein modulares Batteriesystem, das flexibel für die unterschiedlichen Mobilitätsformen verwendet werden kann. Auf der Messe konnten sich die Besucher und Besucherinnen nun ein eigenes Bild der verschiedenen Anwendungsfelder des Konzeptes machen. Ein besonderes Highlight ist das von Akkodis-Experten entwickelte Urban Lifestyle Vehicle (ULV), mit dem die Anwendung der Akkodis Smart Battery veranschaulicht wurde.
Friwo, ein internationaler Hersteller von Ladegeräten und E-Antriebslösungen, zeigte in München die E-Bike-Ladesäule »e-load«, die bereits mit dem Red Dot 2023 und dem IF Design Award ausgezeichnet wurde. Mit der Ladesäule will das Unternehmen eine Marktlücke im Bereich E-Bike-Ladestruktur schließen und die E-Bike-Nutzung attraktiver gestalten.
Insgesamt war das weniger Fahrradspektakel als vor zwei Jahren; wie man sieht, gab es dennoch manche Perle zu entdecken. //

5. Oktober 2023 von Jürgen Wetzstein
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