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Welche Online-Tools braucht der Händler?
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Handel Online-Tools

Welche Online-Tools braucht der Händler?

Wenn man als Händler verinnerlicht hat, dass die Kunden heutzutage entweder zuerst oder zumindest im Laufe ihres Einkaufsprozesses online suchen, dann will man natürlich auch selbst gerne online gefunden werden. Doch wie soll man das heute anstellen? Welche Tools und Maßnahmen sind unabdingbar, womit verschwendet man vielleicht nur Zeit und Geld?

Die Ausgangssituation ist heute klar und gut dokumentiert, wie Georg Wagner, der als Bereichsleiter Marketing bei der Bico auch für die digitalen Services des Verbandes verantwortlich ist, erklärt: »Händler müssen mit Ihren Produkten, Dienstleistungen und Verfügbarkeiten dort präsent sein, wo der Endkunde heutzutage sucht bzw. die Customer Journey beginnt und dies ist zu 80% online.« Bevor sie ein Ladengeschäft betreten, schauen die Kunden in aller Regel online nach, welche Produkte sie interessieren, wo sie diese erwerben können und was sie dort vor Ort wohl erwarten wird.
Doch wo soll der Händler ansetzen, der seine Kundschaft auch auf diesem Kanal in irgendeiner Form abholen möchte? Reicht eine einladende Online-Visitenkarte oder braucht es einen ausgewachsenen Onlineshop, um potentielle Käufer zu überzeugen? Welche digitalen Prozesse gehören dazu? Um den Händlern in der Masse der Optionen Orientierung und Hilfe zu bieten, bieten heute eigentlich alle relevanten Unternehmen und Organisationen eine umfangreiche Online-Unterstützung.

Verbände setzen auf Digitaltools

Wenn es darum geht, die Händler für die stattfindenden digitalen Umwälzungen fit zu machen, geben sich auch die Verbände viel Mühe, ihren angeschlossenen Mitgliedern möglichst viele Optionen zu eröffnen. »Unsere Aufgabe als Verband ist einerseits die Bereitstellung genau dieser digitalen Tools mithilfe geeigneter Kooperationspartner, anderseits aber auch die Schulung unserer Mitglieder, um diese bestmöglich nutzen zu können«, erklärt Bico-Manager Wagner. Zu den Tools gehören neben einer praktikablen Warenwirtschaft auch die eigene Webseite und gegebenenfalls auch ein eigener Onlineshop sowie Plattformen wie Bidex BikeLocal oder das hauseigene Bike-Center. So erklärt die Bico inzwischen in eigenen Broschüren ihren Händlern Schritt für Schritt, wie sie die digitalen Services ihres Verbandes optimal nutzen können. Je nach Zielsetzung kann der Händler mehr oder weniger von diesem Angebot annehmen. Auch die meisten anderen Verbände arbeiten an solchen Händlerangeboten, wobei sich heute eine beachtliche Spannweite zeigt.
Im Ausland sind Verbände mitunter schon viel weiter. So sind Händler in den Niederlanden inzwischen so weit vernetzt, dass sie nicht nur nachsehen können, welche Räder bei welchen Kollegen vorhanden und verfügbar sind, teilweise geht es sogar so weit, dass der Verband die gesamte Vororderarbeit übernimmt. Viele in der Branche sind davon überzeugt, dass ein solcher Datenaustausch untereinander zwingend notwendig ist, um etwa den großen Ketten Paroli bieten zu können.

Großhandel zeigt Initiative

Bemerkenswert in Sachen Datenaustausch und Datenmanagement ist diesbezüglich auch die Initiative von Großhändler Hartje, wo man mit dem Portal »Mein Fahrradhändler« eine bestehende Lücke schließen will. Viele Händler wünschen sich ein praktikables Portal, das den Verkauf ermöglicht und den professionellen Austausch mit Kunden erlaubt, wobei stets die Kunden in das Fachgeschäft geführt werden. Dies baut Hartje derzeit auf. »Verkauf« bedeutet in diesem Fall, dass der Kunde sein Wunschprodukt bei einem Händler seiner Wahl reservieren kann. Sollte sich die Sichtbarkeit des noch jungen Vermittlungsportals im Netz vorteilhaft entwickeln, steht dem Handel damit ein weiteres digitales Werkzeug zur Verfügung, das ihm relativ große Unabhängigkeit erlaubt. Immer wird im Vordergrund die Frage stehen, wie gut ein Shop oder Portal die Kunden erreicht.

Hersteller und ihre Shops

Onlineshops können dann besonders interessant sein, wenn sie von Herstellern mit der entsprechenden Reichweite betrieben werden und Händler sich mit minimalem Aufwand einklinken können. Zahlreiche Hersteller arbeiten an diesem Ziel. Ein Beispiel für einen solchen Ansatz ist Giant, wo man inzwischen eine hohe Reichweite aufweisen kann und gleichzeitig über das Digitaltool »Connected Stock« Händlern erlaubt, online mitzuverkaufen. »Wie der Name schon vermuten lässt, führt es den physischen Händlerlagerbestand mit dem Giant-Zentrallagerbestand zusammen und bildet beides im Webshop des Händlers, also des Giant-Stores, ab. Damit ist die Stoßrichtung klar. Wir können dem Endverbraucher eine viel größere Warenverfügbarkeit zeigen«, erklärt Giant-Deutschland Geschäftsführer Oliver Hensche. Der Händler hat dann einen gut funktionierenden Webshop zur Verfügung, ohne die entsprechenden Wartungs-, Marketing- und Optimierungsmaßnahmen ebenfalls leisten zu müssen. Während die Marke in Deutschland und global ein eigenes Digitalteam beschäftigt, hat der mittelständische Händler in aller Regel nicht die Kapazitäten und Fähigkeiten, so etwas Mal eben so aufzubauen.

Einzelkämpfer haben es schwer

Meist haben Händler sehr oft deutlich weniger Möglichkeiten, mit einem Onlineshop Fuß zu fassen. »Wir haben einen Onlineshop, der für uns als Schaufenster dient und Kunden online abholen und in den Laden bringen soll«, erklärt Deniz Aybas vom Frankfurter Radladen Per Pedale den eigenen Anspruch an den vorhandenen Shop. »Wir haben den Vorteil, dass unser Shop direkt an unser ERP-System angebunden ist. Sprich, wir pflegen das Rad ein und es wird sofort im Shop angezeigt. Das ist mit wenigen Klicks erledigt. Wir finden es schön, den Kunden zeigen zu können, dass wir das Rad in dieser Ausstattung vor Ort haben. So kann der Kunde vielleicht dazu bewegt werden, die längere Fahrt nach Frankfurt in Kauf zu nehmen. Gleichzeitig wird es dadurch schwierig, den tatsächlichen Einfluss des Shops zu beurteilen. Denn beim Verkauf wird nicht mehr danach gefragt, wie der Kunde auf das Produkt aufmerksam geworden ist.« Letztlich ist der Shop aber kein essentieller Umsatzbringer. »Der Umsatz online liegt vielleicht bei 0,5 % von dem, was wir vor Ort umsetzen.« Damit dürfte er nicht alleine dastehen. Dass es nicht mehr ist, sieht er realistisch an den bestehenden Strukturen, die in einem Ladengeschäft bestehen. Fahrradhändler haben selten die Muße, sich intensiv mit neuen Verkaufskanälen auseinanderzusetzen. »Der Fahrradhändler ist der Typ, der für diese Dinge nie so richtig Zeit hat. Wir müssen dafür vielleicht einmal Zeit freischaufeln oder sogar eine Stelle im Betrieb schaffen. Den Raum im Kopf schaffen und zu sagen, das ist wichtig.« So lässt sich wohl festhalten, dass die wichtigste Onlineressource einmal mehr der Mensch selbst ist. All die schönen neuen digitalen Tools müssen eben doch vom Händler und seinen Mitarbeitern bedient werden. Selbst bei höchster Automation bleibt eine Menge zu erledigende Arbeit übrig. Content-, Marketing- und alle anderen Kampagnen und Maßnahmen müssen koordiniert, bisherige Ergebnisse ausgewertet werden.

Schritt für Schritt zum Erfolg

Bevor man sich heute als Händler einen neuen Shop leistet, empfiehlt es sich, die Prozesse langsam in Richtung online zu verschieben.
Der Handelsexperte Marcus Diekmann empfiehlt ein Herantasten in fünf Stufen: Stufe eins ist die kleine Landingpage. »Das ist eine kleine Seite, die aber sehr schöne Bilder braucht.« Auf dieser Seite finden sich neben den verkauften Fahrradmarken auch die Öffnungszeiten und Online-Terminvereinbarung. »Das ist die Basis mit den Grundfunktionenen einer minimalistischen Händlerwebseite«, erklärt er. Dazu müssen noch im eigenen Google-Konto Öffnungszeiten und Telefonnummer hinterlegt werden.
Die zweite Stufe besteht aus der Präsentation von »Angeboten des Monats«, die in sozialen Netzwerken beworben werden. Hier geht es dann darum, aktiv Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Mit dem nächsten Schritt, einer integrierten Reservieren-Funktion, befindet sich der Händler dann schon auf dem Übergang zum Onlineshop. Das gesamte Angebot dann online anzeigen zu lassen ist bereits Schritt vier, die letzte Stufe ist die Phase, in der der Laden weniger wichtig wird als der Onlineshop. Man darf heute annehmen, dass nur wenige Händler über die zweite Stufe hinausgehen.

Fazit

Für den einzelnen Händler gibt es heute gut gangbare Wege, einen Onlinekanal aufzubauen, der neue Kunden gewinnt und dabei kosteneffizient arbeitet. Völlig anders sieht das Bild aus, wenn es um ausgewachsene Onlineshops geht. Hier stehen die Chancen heute ausgesprochen schlecht, sich an etablierten Platzhirschen vorbeizukämpfen. Den Herstellern geht es dabei gar nicht mal so viel besser, aber sie haben eher die Mittel, ein solches Projekt erfolgreich durchzuführen. Idealerweise nutzen sie dabei die Chancen, die sich aus der Zusammenarbeit mit dem Handel zusätzlich ergeben.

4. Februar 2019 von Daniel Hrkac
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