Zypern will sich als Alternative zu Mallorca etablieren

Eines vorweg: Es gibt Jahreszeiten, da ist Zypern ein Paradies für Radfahrer. Und es gibt Jahreszeiten, da ist es – gelinde gesagt – ein wenig zu warm für sportliche Anstrengungen. Von Juni bis September herrscht auf der Insel im südöstlichen Mittelmehr ein heißes trockenes Klima, so dass man beim Radfahren jedem Atemzug einen Schluck aus der Trinkflasche hinterherschicken möchte. Ganz anders ist das Klima jedoch in der Zeit von Februar bis Ende April: Dann grünt und blüht die Natur und die Temperaturen liegen im radfahrfreundlichen Bereich. Ab April ist zudem auch das Meer schon warm genug zum Baden. Doch nicht nur das Wetter bietet im Frühjahr ideale Bedingungen für den Saisonauftakt, auch die Insel selbst ist ein perfekter Rahmen, um die Waden nach dem Winter wieder fit zu machen. Im Südosten der Insel erstreckt sich welliges Farmland zum lockeren Einfahren. Wenn die Kondition dann nach den ersten Kilometern allmählich wieder zurückkehrt, locken die Gebirgszüge im Norden der Insel zu höheren Taten. Wer will, kann sich etwa im Trodos-Gebirge von Meereshöhe aus auf bis zu 2000 Meter hochschrauben. Beiden Regionen gemeinsam ist das feinmaschige Netz wenig befahrener Sträßchen, die sich meist in sehr gutem Zustand befinden.

Zwar stellen Rennradfahrer inzwischen die deutliche Radsport-Mehrheit auf Zypern, als erstklassiges Trainingsterrain entdeckt wurde die Insel jedoch zuerst von den Mountainbike-Profis, die sich im Frühjahr nun schon seit rund zehn Jahren in den Hotels der Insel die Klinke in die Hand geben. Stammgäste in der zypriotischen Filiale von Club Aldiana sind beispielsweise schon seit einigen Jahren die deutsche MTB-Nationalmannschaft und das Team Bulls. Die Popularität als Trainingsziel hat gute Gründe: Neben den klimatisch angenehmen Bedingungen im Frühjahr bietet Zypern auch zahlreiche Single-Trails in allen Schwierigkeitsgraden. Das überzeugte übrigens auch den Radsportweltverband UCI, der 2005 sein erstes Marathon World Cup Rennen auf Zypern durchführte. Und der seit 2009 durchgeführte Cyprus Sunshine Cup hat sich rasch bei vielen Profis als Saisoneröffnung etabliert. Doch auch wer als Mountainbiker nicht unbedingt fahrtechnische Herausforderungen auf Profi-Niveau sucht, findet beispielsweise in den Bergregionen breite, landschaftlich reizvolle Forstwege.

Wobei das mit dem Suchen und Finden auf Zypern noch nicht so einfach ist. Was die Beschilderung von Routen und das Angebot an GPS-Touren angeht, steckt die Insel radsporttouristisch noch in den Kinderschuhen. Wer Zypern on- oder offroad auf dem Rad entdecken will, ist deshalb meist auf einen ortskundigen Guide angewiesen. Das organisierte Radsport-Angebot auf der Insel konzentriert sich gegenwärtig noch hauptsächlich auf die beiden Anbieter Bike Cyprus und Zypern Bike. Während ersterer seine Gäste vor allem mit Übernachtungen in populären Bade-Hotels in der Urlaubsmetropole Limassol bedient, setzt Zypern Bike auf das hochwertige (und hochpreisige) Ambiente des Club Aldiana sowie auf hübsche Landferienhäuser für Individualtouristen.

Ein originelles Angebot und hochwertige Mietbikes (der eine BMC, der andere Felt) haben beide Unternehmen. Bei Zypern Bike ist man zum beispielsweise besonders stolz auf die neue Trans Zypern, eine MTB-Tour, die in acht Etappen die Insel von Ost nach West durchquert. Im April war Premiere, im November findet nun die erst Wiederholung statt. Eine interessante Cross-Marketing-Kooperation hat Zypern-Bike-Chef Alfred Baum zudem mit der Stuttgarter Motorpresse geschlossen, deren Trainings- und Test-Camps der Zeitschriften "Roadbike" und "Mountainbike" seit vergangenem Jahr im zypriotischen Club Aldiana stattfinden.

In den kommenden Jahren wollen die Tourismus-Organisatoren auf Zypern nun einige Anstrengungen unternehmen, um die Insel in der Fahrradszene als lohnendes Ziel noch bekannter zu machen. Hohe Erwartungen hat man in Zypern dabei auch an die Partnerschaft mit der Eurobike, wo insbesondere am Publikumstag mit verschiedenen Aktionen Werbung für das sportliche Urlaubsziel gemacht werden soll. Und auch beim Fachkongress Travel Talk am dritten Eurobike-Tag will sich Zypern besonders in Szene setzen. Ein zweites Mallorca wollen die Zyprioten allerdings auch nicht werden, dass wird immer wieder bekräftigt. Der entspannte und kaum überlaufene Charakter der Insel soll erhalten bleiben, viel noch ungenutztes Potenzial insbesondere bei den Radsportlern hat Zypern aber durchaus.