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Handel - Veloland-Franchise

Das Zweiradcenter wird zu Veloland

Unter dem Namen Veloland bietet die ZEG ein umfangreiches Konzept für Franchise- oder Lizenznehmer an. In das System integriert ist die Suche nach Unternehmensnachfolgern für ZEG-Betriebe. Wie sieht dieses Produkt aus und welches Kalkül steckt dahinter?

Die ZEG hat knapp 1000 Mitgliedsbetriebe, die sich hinsichtlich ihrer Unternehmensstruktur mitunter deutlich unterscheiden. Dies führt zu individuellen Herausforderungen, die der Verband als Ganzes angehen will. Beispielsweise funktioniert das Modell eines inhabergeführten Familienbetriebs, der vom Nachwuchs übernommen wird, nicht immer. Oft fehlt es schlicht an Nachwuchs oder diesem fehlt das Interesse an der Fahrradbranche. Das Thema Betriebsübernahme, so die Erwartung, dürfte prägend für die nächsten Jahre der Fahrradbranche sein. »Über ein Drittel der Betriebe wird in den nächsten zehn Jahren eine Nachfolgeregelung erreichen müssen«, schätzt Ulf Christian Blume und ist damit vielleicht sogar auf der vorsichtigen Seite der Schätzungen. Andere Stimmen gehen davon aus, dass in diesem Zeitraum bei etwa der Hälfte der Betriebe eine ungeklärte Nachfolgesituation besteht. Das ist sowohl für kleinere als auch für größere Betriebe ein gewaltiges Zukunftsproblem.

Ein Franchise – mehrere Zielgruppen

Nicht zuletzt aus diesem Grund richtet sich das Veloland-Konzept an ZEG-Mitglieder, die sich aus dem Geschäft zurückziehen wollen. Diese Zielgruppe wird bei der Suche nach einer Unternehmensnachfolge unterstützt und kann sich während dieses Prozesses weiterhin auf das Tagesgeschäft konzentrieren. Wenn Veloland bei der Suche nach einer Nachfolge involviert werde, frage man zu Beginn des Prozesses stets, ob es Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gibt, die für die Übernahme infrage kommen könnten, erklärt Mark Thürheimer, der das Franchise-System mitentwickelt hat. Man habe die Erfahrung gemacht, dass diese manchmal erst auf den zweiten Blick erkannt werden. Dennoch sei es utopisch, für jeden Laden jemanden zu finden, der betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Branchenwissen vereine. Veloland biete dank eines flexiblen Wissenstransfers auch Quereinsteigern gute Chancen, in der Branche Fuß zu fassen. »Nicht alle, die gerne einen Betrieb übernehmen würden, haben das Branchen-Know-how. So ist die Thematik Franchise bei uns entstanden. Uns geht es um den Know-how-Transfer, damit die neuen Inhaber erfolgreich arbeiten können«, erzählt Thürheimer.
Die Hemmschwelle für einen Einstieg in den Fahrradhandel soll mit dem Franchise-Angebot gesenkt werden. Menschen, die Interesse haben, als Händler oder Händlerin in der Branche aktiv zu werden, sollen als Franchise-Nehmer einen Radhandel unter der Veloland-Flagge aufziehen. Für Franchisenehmer bietet Veloland deshalb zum Beispiel bei der Sortimentsauswahl Unterstützung an. Aus Tausenden verfügbaren Fahrradmodellen die richtigen auszuwählen, sei für Branchenneulinge sehr herausfordernd. Daher könne man etwa auf Messen begleitet werden. Für alle Franchise-Nehmer soll der Support seitens Veloland bedarfsgerecht ablaufen. »Es ist deshalb auch kein System mit ganz engen Regeln, sondern wir wollen in den Bereichen unterstützen, in denen es der Franchise-Nehmer benötigt. Jeder hat andere Qualifikationen«, so Thürheimer. Man wolle ein funktionierendes und individuell anpassbares Konzept anbieten.
Zur Ermittlung des Unternehmenswerts arbeite man mit externen Beratern zusammen und vertraue nicht auf eine allgemeingültige Formel. Zu viele Faktoren seien hier relevant. Den Verkaufsprozess wolle man durch möglichst neutrale Beratung beider Seiten in einer Moderatorenrolle unterstützen. Beim Aufsetzen eines Kaufvertrags könne man ebenfalls behilflich sein.
Wer bei Veloland Franchise-Nehmer wird, wird damit reguläres Mitglied der ZEG und profitiert vom branchenspezifischen Know-how der Genossenschaft. Das maßgeschneiderte Warenwirtschaftssystem, der Zugriff auf die Streckenlieferanten und die Einkaufskonditionen der Genossenschaft zählen zu den Vorzügen.
Im Sortiment können die Neueinsteiger auch ZEG-externe Marken anbieten, Veloland erwarte aber eine Schwerpunktsetzung auf die Streckenlieferanten und Eigenmarken der Genossenschaft. Das Mischverhältnis ist über eine Quote geregelt. Darin tritt ein weiterer wichtiger Grund für das Verbands-Engagement in diesem Franchise-System zutage: Die Sicherung von attraktiven Verkaufsflächen für die ZEG-Lieferanten und die Eigenmarken ist Teil der Strategie, außerdem soll die Betreuung bestimmter Marken im Rahmen der Gewährleistung sichergestellt werden. Mit einer großen Produktauswahl bleibe man auch bei Marktkonzentrationsprozessen konkurrenzfähig. Hierfür seien die ZEG-Betriebe, die meist größere Geschäfte und oftmals sogar lokaler Marktführer sind, ohnehin gut aufgestellt. Auswahl sei im Ringen um Kundschaft das wichtigste Kriterium, weshalb Veloland auch hier seine Stärken ausspielen will.

Besonderer Support für Franchise-Nehmer

Den Ausbau des eigenen Franchise-Systems verbindet die ZEG mit einigen Vorteilen und scheut dabei kaum Kosten und Mühen. So können Franchise-Nehmer spezifische Angebote, beispielsweise Schulungen in der ZEG-Akademie, wahrnehmen und bekommen die Kosten dafür erstattet. Auch die Kosten für die Zertifizierung als Qualitätswerkstatt, die in den ersten drei Jahren erfolgen soll, werden durch die ZEG getragen. »Service wird auch in Zukunft für den Kunden oder die Kundin sehr wichtig sein. Wir wollen deshalb, dass Veloland-Betriebe sehr professionell aufgestellt sind. So soll zum Beispiel in der Werkstatt mit Dialogannahme nach den Richtlinien der ZEG-Qualitätswerkstatt gearbeitet werden und eine Zertifizierung durch den TÜV Nord angestrebt werden«, sagt Thürheimer.
Auf betriebswirtschaftlicher Seite werde Beratung zu Personal- oder Marketing-Planung angeboten. Die Auswertung der betrieblichen Kennzahlen werde durch Controlling unterstützt. Für Finanzierungsgespräche mit Banken und das Erstellen eines Business-Plans könne ebenfalls Hilfe in Anspruch genommen werden.


Die Corporate Identity von Veloland bietet einige Möglichkeiten fürs Marketing und bei der Gestaltung von Verkaufsflächen.

Bei Letzterem arbeite man auch aufgrund der Richtlinien des deutschen Franchise-Verbands mit externen Beratern zusammen. Die Erfüllung dieser Regularien sorge unter anderem dafür, dass Franchise-Nehmer, sollte es an Eigenkapital mangeln, bei den Bürgschaftsbanken gute Chancen auf Unterstützung haben.
Es gibt noch weitere Vorteile auf finanzieller Ebene. »Üblich ist, dass am Anfang des Franchise-Vertrags eine Einstiegsgebühr fällig wird. Bei Veloland sind das 10.000 Euro. Außerdem gibt es eine laufende Franchise-Gebühr, die an den monatlichen Umsätzen bemessen wird. Die ZEG muss an Veloland nicht unbedingt Geld verdienen, deshalb halten wir diese Gebühren eher gering«, erklärt Thürheimer. Am Ende des Jahres werde über die genossenschaftliche Rückvergütung ein Großteil der bei der ZEG erzielten Gewinne an die Mitglieder ausgeschüttet. Das sei eine Besonderheit auf dem Franchise-Markt.

Radsport Brand heißt jetzt Veloland

Die Corporate Identity von Veloland sei ein weiterer wichtiger Teil des Angebots und habe aus Marketing-Sicht viel Potenzial, so Thürheimer. Die Marke wurde zunächst in Frankreich eta­bliert, wo es an die 100 Händler unter dem Namen Veloland gibt, und ist inzwischen europaweit geschützt. »Velo« funktioniere als Markenbegriff aufgrund seiner Verbreitung sehr gut, insbesondere in den Benelux-Staaten, aber auch im deutschsprachigen und im französischsprachigen Raum. »Land« signalisiere eine gewisse Größe, eine Eigenschaft, die ohnehin viele ZEG-Händler auszeichne. Man sei interessiert daran, Händlern verschiedener Größe zu einem gelungenen Auftritt zu verhelfen. Für kleinere Betriebe könne es jedoch sinnvoll sein, eine Spezialisierung, zum Beispiel auf E-Bikes und Pedelecs zu wählen. Wer keinen Franchise-Bedarf hat, aber einen Vorteil in der überregionalen Erkennbarkeit sieht, könne die Marke lizenzieren und für das eigene Unternehmen nutzen. Allen ZEG-Betrieben den Veloland-Auftritt überzustülpen, sei übrigens nicht das Ziel des Franchise-Systems.
Das Pilotprojekt in Backnang, zuvor als Zweiradcenter Urban betrieben, tritt seit der Eröffnung im März unter dem Namen Veloland Urban auf. Auch ein Städtename als Zusatz sei möglich. Im nächsten Frühjahr hofft man, den zweiten Betrieb bei der Firma Radsport Peter Brand in Wiesloch zu eröffnen. Beim Thema Unternehmensnachfolge führe man vielversprechende Gespräche, könne aber noch keine spruchreifen Angaben machen. »Wir sammeln die Bewerbungen und sind jetzt an einem Punkt, wo wir einigermaßen flächendeckend vermitteln können, wenn sich ein Händler mit Interesse an einer Geschäftsabgabe bei uns meldet«, verrät Mark Thürheimer. Das Interesse am Veloland-Konzept dürfte in absehbarer Zukunft noch steigen. In einigen Betrieben sei die Geschäftsweitergabe aufgrund des florierenden Geschäfts während der Pandemie aufgeschoben worden. Wenn das Geschäft irgendwann wieder abflachen sollte, steht Veloland bereit, um die Nachholentwicklungen im Generationenwechsel abzufangen.

30. August 2021 von Sebastian Gengenbach

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