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Das Thema Fahrrad spielte auf der CES in Las Vegas durchaus eine Rolle.
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Teil I – Platzhirsche und Newcomer

Die Radbranche fährt sich auf der CES 2023 warm

Immer mehr E-Bikes und Rad-Technik zeigen sich auf der CES in Las Vegas. Die großen Platzhirsche fehlen, aber innovative Startups ziehen immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Deutsche Hersteller sollten über eine Reise in die USA 2024 nachdenken.

Premiere auf der CES: Cargobike des schwedischen Hersteller CakeCyrusher auf der CES in Las VegasYadea präsentierte eine komplette Bike-Kollektion auf der CESHeritage Bike

CES und Bike, zwei Welten prallen aufeinander. Die Consumer Electronics Show, die nicht mehr so heißen mag, weil das dem universellen Anspruch dieser Technologie-Leitmesse nicht mehr genügt, hat jahrelang mit der Radbranche gefremdelt. Wenn überhaupt, sah man in Las Vegas vor allem kleinere Innovationen bei Teilen und Ausrüstung. Das mag am Standort liegen: Las Vegas ist nicht wirklich eine Fahrradstadt. Rad-Stellplätze rund um das Las Vegas Convention Center gibt es kaum.
Ausgerechnet die Automobilindustrie hat allerdings in den letzten Jahren den Weg bereitet, der nun darauf wartet, von Bikes befahren zu werden. Alles spricht von Connected Mobility und da gehört das Rad dazu. Zulieferer wie Bosch, ZF oder Valeo, die Komponenten für beide Märkte machen, bringen auch ihre Innovationen im Bike-Segment mit nach Las Vegas. Und kleine Startups aus Asien aber auch Europa sehen hier ihre Chance, auf sich aufmerksam zu machen.
Erstmals gab es auf der CES 2023 auch veritable, neue E-Bikes zu sehen. Das mag auch am Leitmotto der Messe gelegen haben. Der Veranstalter CTA hatte Themen wie Nachhaltigkeit, Sicherheit und Gesundheit ausgerufen. Und welche Branche passt in diesen Dreiklang besser hinein als Fahrrad?

Die Platzhirsche

Einer der wichtigsten Wegbereiter für E-Bike-Technologie in Las Vegas ist nicht nur aus deutscher Sicht Bosch. Die Schwaben genießen spätestens seit ihrer spektakulären Werbekampagne Like a Bosch in den USA einen guten Ruf, nicht nur als Technologie-Experten, sondern die Company ist auch irgendwie cool.
Bosch brachte die zweite Version ihres Antiblockier-Systems mit nach Las Vegas. Das Produkt wurde schon letzten Sommer auf der Eurobike vorgestellt und löst bei vielen Standbesuchern ungläubiges Staunen aus. Es passte allerdings perfekt zum Sicherheits-Motto der diesjährigen CES.

Allerdings fokussierte Bosch stark auf das technische Innenleben der vielen Komponenten, die man dem Mobilitätsmarkt zur Verfügung stellt. Highlight des Stands war ein gläsernes Auto, in dem man zeigte, wo überall Bosch-Technik drinsteckt.
Publikumswirksamer inszenierte das der Wettbewerber Valeo. Man hatte sich ein Außenareal vor einem der Haupteingänge gebucht und präsentierte dort die Technik zum Anfassen und Ausprobieren. Highlight aus Bike-Perspektive war natürlich das Antriebspaket Cyclee – ebenfalls auf der Eurobike erstmals präsentiert – das mit 130 Nm eine gewaltige Vortriebskraft leistet. Eingebaut war das System in ein E-Bike vom französischen Boutique-Hersteller Atelier HeritageBike. Ein echter Hingucker.


Erst zwei Jahre alt, aber dennoch bereits ein wichtiger Player im internationalen Markt ist HeyBike. Eigenen Angaben zufolge hat man in den ersten sieben Monaten der Firmengeschichte 2021 satte 15.000 Räder auf die Straße gebracht.
Der Stand von Heybike war die größte Bike-Präsenz auf der CES. Und die Newcomer präsentierten in Las Vegas eine echte Neuheit. Das faltbare E-Bike Tyson kommt mit starkem 750 Watt Motor um die Ecke und hat einen schicken Magnesium-Rahmen. Überhaupt muss man feststellen, dass faltbare Räder im US-Markt gut anzukommen scheinen, zumal dann, wenn sie auch noch mit Breitreifen ausgestattet sind. Das E-Bike als Zweitfahrzeug auf der Ladefläche des Pickup.

Die Newcomer

Während die großen, bekannten Radmarken die CES schwänzten, nutzten zahlreiche kleinere Anbieter die Gunst der Stunde. Chinesische Hersteller gibt es zuhauf und allzu oft war die Ähnlichkeit einiger Produkte mit bekannten Rädern sehr deutlich. Das gilt zum Beispiel für das erste E-Bike von Navee, die eigentlich Scooter herstellen. Der minimalistische Look sieht verdächtig nach Cowboy aus und im Foto, das an die Presse verteilt wurde, hatte man vergessen Pedale anzuschrauben.

Fun-Fact am Rande: Im Eureka Park, der Halle für Startups aus aller Welt, hatten die amerikanischen Wettbewerbshüter einen Stand aufgestellt mit einer Ausstellung von Plagiaten. „Can you spot the difference”?
Ein Hingucker war auch der Stand von 5th Wheel aus Hongkong. Die Asiaten machen E-Mobilität für die ganze Familie. Das beginnt beim elektrisch unterstützten Laufrad, geht über eine Art Segway-Hoverboard für Kinder und endet ganz oben beim elektrischen Faltrad D1. Nicht neu, aber sehr stylish.

Cargobike von Cake

Den Vogel in Sachen Innovation schoss aber definitiv Cake ab. Das Monster-Cargobike mit Namen Åik ist eigentlich gar kein Rad, sondern eine Plattform. Die Schweden setzen auf ein modulares Konzept. Man teilt sich mit dem Vorjahresmodell Ösa diverse Aufbauten, die je nach Bedarf an das Rad montiert werden können. Dazu zählen Körbe, Halterungen und sogar ein Passagiersitz. Åik kann so konfiguriert werden, dass es bis zu 360 Kilometer weit fährt. Dann wiegt es allerdings auch 200 Kilogramm.


Aus einer anderen Richtung kam das Highlight am Stand von Yadea. Die Chinesen sind mit sieben eigenen Fabriken einer der größten Lizenz-Hersteller. Auf der CES waren sie mit einer eigenen Kollektion an Rädern vertreten und der Hingucker war definitiv der Trooper01. Ein E-Bike im Military-Style, das entfernt an die klassischen MZ-Motorräder (EZ 250) erinnert. Dieser Stil steht bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen derzeit hoch im Kurs. Aufmerksame Eurobike-Besucher haben das gute Stück aber auch schon in Frankfurt gesehen.

Neuling RCA

Auf ein ganzähnliches Style-Konzept setzt RCA mit dem Dirt E. Moment. RCA ist das nicht ein Plattenlabel, die Record Association of America? Stimmt genau. Wer am Stand vorbeilief, war irritiert: Auf der einen Seite saß ein überlebensgroßer Hund, der die Besucher anlächelte. Für die Älteren unter den Lesern: Der Hund mit Namen Nipper zierte das Logo von „His Masters Voice“. Er lauschte in einen Grammophon-Trichter.
Heute ist die RCA ein Gemischtwarenladen der Unterhaltungselektronik. Man produziert SmartTV, Smartphones, Küchengeräte und WiFi-Glühbirnen. Und jetzt eben auch E-Bikes. Dirt E ist ein Zwitter aus dem oben genannten Military-Style und einem Trial-Motorrad. Es hat eine extrem hochgezogene Heckpartie, die bei Trial-Motorrädern natürlich wichtig ist, wenn man steile Felsen erklimmen möchte und das Bike dazu fast senkrecht steht. Ein Kilowatt Dauerleistung soll der Motor bringen und 1250 Watt in der Spitze. Das reicht angeblich für 55 Km/h Highspeed. Auf den Markt soll das RCA-Rad im Sommer kommen.


Weitere interessante Auftritte auf der CES hatten LMX, Aventon und Cyrusher. LMX hat mit dem 161 ebenfalls eine Kreuzung aus Trial-Motorrad und E-Bike im Programm. Cyrusher fokussierte dagegen ganz auf dicke Reifen und Aventon zeigte seine gesamte Palette inklusive des schicken Sinch Foldable. Interessant noch der Auftritt von Greenworks. Eigentlich ist das ein Batteriehersteller, aber man präsentierte auf der CES ein neues Fatbike. Der Clou: Es teilt sich mit anderen Gartengeräten ein System für Austausch-Akkus.

13. Januar 2023 von Frank Puscher
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