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Selektiver Vertrieb auf dem Prüfstand

Dürfen Hersteller den Internethandel untersagen?

Der Internethandel ist so manchem Hersteller ein Dorn im Auge. Entsprechend zahlreich sind die Versuche, diesen Vertriebsweg unter Kontrolle zu halten oder ganz auszuschalten. Mit seinem jüngsten Urteil hat der EuGH die Hürden für ein solches selektives Vertriebssystem hochgehängt.

Geklagt hatte der französische Kosmetikhersteller Pierre Fabre Dermo-Cosmétique (PFDC) gegen eine Entscheidung der französischen Wettbewerbsbehörde. Das Unternehmen hatte in seinen Vertriebsvereinbarungen mit dem Handel den Verkauf über das Internet faktisch ausgeschlossen, wogegen die Behörde vorging. Nun musste sich der Europäische Gerichtshof der Frage annehmen, ob die Vereinbarungen gerechtfertigt waren.

Der EuGH erklärte in seinem Urteil, dass die Zulässigkeit von solchen einschränkenden Vertragsklauseln von ihrem Inhalt abhänge sowie den damit verfolgten Zwecken. Grundsätzlich geht das Gericht davon aus, dass selektive Vertriebssysteme den Wettbewerb zwangsläufig im gemeinsamen Markt beeinflussen.

Selektiver Vertrieb nur mit guten Gründen vertretbar

Wenn ein Hersteller einen selektiven Vertrieb etablieren will, muss er sehr gute Begründungen vorlegen können. So wäre ein Grund für eine solche Vertriebsstruktur, dass das Produkt zur Wahrung seiner Qualität und zur Gewährleistung seines richtigen Gebrauchs ein solches Vertriebsnetz erfordern könnte. Gleichzeitig müsste dann die Auswahl der Wiederverkäufer an objektive Gesichtspunkte geknüpft werden, die für alle in Betracht kommenden Händler gleichermaßen und ohne Diskriminierung angewendet werden.

Dass diese Kriterien durchaus schwierig zu erfüllen sind, zeigen die Urteile des EuGH in der Vergangenheit, als sowohl der Verkauf von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten wie auch Kontaktlinsen über das Internet freigegeben wurde, da die Argumente einer notwendigen Beratung des Kunden und seines Schutzes vor einer falschen Anwendung der Produkte in diesen Fällen als nicht stichhaltig angesehen wurden.

Prestige rechtfertigt keine Einschränkung des Vertriebs

Und auch der Kosmetikhersteller musste im Ergebnis eine Niederlage einstecken. Den Prestigecharakter der Produkte von PFDC zu schützen sei kein legitimes Ziel einer Wettbewerbsbeschränkung, erklärte das Gericht.

Die vollständige Pressemitteilung des EuGH in deutscher Sprache findet sich hier:
http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2011-10/cp110110de.pdf

19. Oktober 2011 von Daniel Hrkac
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