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Die Eurobike findet ab 2022 unter dem Messetrum in Frankfurt statt.
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Quo Vadis Eurobike?

Fahrradindustrie beurteilt Umzug von Friedrichshafen nach Frankfurt

Nach über 30 Jahren zieht die Eurobike im Jahr 2022 nach Frankfurt um. Wie Vertreter aus der Fahrradindustrie diese einschneidende Veränderung bewerten.

Wie berichtet bündeln künftig die Messe Friedrichshafen und die Messe Frankfurt unter dem Dach der neu gegründeten Gesellschaft fairnamic GmbH die beiden Leitmessen Eurobike und Aero. Die Eurobike wechselt gleichzeitig ab 2022 von Friedrichshafen nach Frankfurt und vom September in den Juli (velobiz.de berichtete) . Große Veränderungen für die Fahrradbranche, mit der jedoch auch viele Hoffnungen verbunden sind. Wie auf Seiten der Fahrradindustrie diese Veränderungen einschätzen, lesen Sie nachfolgend:

Stefan Limbrunner, KTM Bikes, Geschäftsführer: Wir sind der Meinung, dass eine Leitmesse für unsere Branche sehr wichtig ist. Digitale Messeformate, Videokonferenzen oder Telefonate können persönliche Gespräche nur ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Eurobike hatte in Friedrichshafen einen eigenen, familiären Charakter entwickelt. Sie wird auch in Frankfurt einen eigenen Charakter entwickeln. Die Branche ändert sich, sie wird internationaler, urbaner, digitaler, ökonomischer, ökologischer, touristischer. Der Wechsel nach Frankfurt ist ein sichtbares Zeichen dieses Wandels. Und auch die Infrastruktur-Möglichkeiten werden davon profitieren. KTM freut sich auf den neuen Messe-Auftritt.

Andrea Escher, Pinion, Marketing & Kommunikation: Wir begrüßen den Standortwechsel und auch die Vorverlegung in den Juli werten wir grundsätzlich als positiv. Davon erhoffen wir uns, dass die Eurobike wieder an (globaler) Anziehungskraft gewinnt. Ob dies gelingt, wird sich zeigen. Die Änderung der Ausrichtung mit Fokus auf „Urbane Mobilität“ werten wir als einen Schritt in die richtige Richtung, a) weil viele sportive Hersteller in den letzten Jahren nicht mehr auf der Eurobike waren und b) weil kaum ein anderes Thema derzeit mehr in Bewegung ist als die Mobilitätswende. Für unsere Branche und speziell auch für unser Unternehmen birgt dies enormes Potential. Wir haben kürzlich unsere neue Produktlinie für Schwerlastfahrzeuge vorgestellt und arbeiten weiter an zukunftsweisenden Produkten für nachhaltige Mobilität. Damit sind wir am Puls der Zeit.

Gerhard Schwarz, Cosmic Sports, Geschäftsführer: Als langjähriger und treuer Aussteller auf der Eurobike haben wir mit Interesse die Neuigkeiten vernommen. Der Standortwechsel nach Frankfurt gleicht sicher den vielleicht größten Nachteil der bisherigen Eurobike aus. Schlechte Erreichbarkeit und die angespannte Hotelsituation sollten hiermit vom Tisch sein. Ob der neue Termin ein Vorteil ist, wagen wir nicht zu beurteilen, zu unterschiedlich sind hier die Erwartungen der verschiedenen Markteilnehmer. Wir hoffen aber auf jeden Fall, dass die Änderungen sowohl von der Industrie als auch von unseren Fachhändlern und Endverbrauchern positiv aufgenommen werden und der Eurobike einen neuen Schwung verleihen.

Tobias Hild, SQlab, Geschäftsführer: Über eine Messe lässt sich hervorragend schimpfen, Hotels, Staus, Anreise, Essen, Preise, Termine, Zeiten, Hitze, Ferien, Standplatz, zu wenig Leute und zu viel Leute, usw. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Standort Friedrichshafen damals der Ursprung war für eine Bikebranche, wie wir sie heute kennen. In Friedrichshafen gab es damals gefühlt nur drei Locations, wo man Abends gegessen, getrunken und gefeiert hat - und so ist die ganze Branche dort zusammengewachsen. In einer Großstadt triffst Du nach Messeschluss niemanden mehr. Friedrichshafen hat sich eine ganze Zeit mit dem Fahrradmarkt mit entwickelt, nur an Flughäfen und Bahnhöfen sind schon andere Städte gescheitert, da werden wir nicht drauf warten können.
Ob wir das jetzt gut finden oder nicht: So eine Veränderung ist wichtig und bringt mit Sicherheit neuen Schwung in die Eurobike, die in den letzten Jahren schon sehr stark nachgelassen hat. Die kurze Phase vor einigen Jahren, in der es nur die Eurobike gab und noch keine x weiteren Messen und Hausmessen, war sicher die effizienteste und schönste, auch wenn der Stau morgens deutlich zu lang war. Vielleicht konzentriert es sich ja nun wieder auf die Eurobike und das ist ja an sich der Sinn einer Messe. Ob die Hotels in Frankfurt jetzt günstiger sind und ob die Anreise morgens weniger Stress verursacht, wag ich zu bezweifeln. Die Anreise aus anderen Ländern ist aber mit Sicherheit einfacher, genauso wie die Anreise für die meisten Händler kürzer wird. Ich freu mich auf Frankfurt, weil auch wenn ich mich nicht freue, werden wir trotzdem dort sein.

Steffen Krill, BH Bikes, Marketmanager: Grundsätzlich ist dies ein begrüßenswerter Vorgang. Obwohl ich auch mit der Eurobike in Friedrichshafen in der Bike Branche groß geworden bin, hat sich in den letzten Jahren der Standort und die Terminfindung nicht als zielführend erwiesen, unsere Marke war hier leider auch bereits in den letzten drei Jahren nicht mehr präsent. Frankfurt ist mit seiner zentralen Lage, sehr guter Verkehrsanbindung sowie dem internationalen und sehr urbanen Charakter ein guter Schritt in die richtige Richtung, um eine Messe von internationalem Leitformat wieder einen neuen Schub zu geben und hoffentlich auch zu etablieren. Die Ansetzung des Termins im Juli empfinden wir auch als folgerichtig und mit einem wieder normalisierten Orderablauf für unser Unternehmen sehr passend.

Weitere Statements eingeholt von Pressedienst Fahrrad

Heiko Müller, Gründer und Geschäftsführer, Riese & Müller: „Wir freuen uns sehr über die Entscheidung der Messe Friedrichshafen, die Eurobike nach Frankfurt zu verlegen. Der neue Standort ermöglicht auch eine komplette Veränderung des Konzepts und bietet eine große Chance, die Eurobike als Leitmesse der Mobilitätsbranche zu etablieren. Zudem begrüßen wir den neuen Termin, der es ermöglicht, neue Modelle und Konzepte einem breiten Publikum zu präsentieren.“

Markus Krill, Geschäftsführer, Croozer: „Der Umzug der Eurobike nach Frankfurt ist eine mutige Entscheidung der Verantwortlichen, die wir nachvollziehen können und ausdrücklich begrüßen. Neben der besseren Reiseinfrastruktur für alle Beteiligten sind wir der Meinung, dass eine Weltleitmesse auch in einer Weltstadt stattfinden sollte. Auch inhaltlich steht der Umzug für eine wichtige Entwicklung: Urbane nachhaltige Mobilität ist aktuell das Topthema, deshalb ist es enorm wichtig, dass die Leitmesse der Fahrradbranche in den urbanen Raum und damit in die Mitte der Gesellschaft gerückt wird. So können wir die Herausforderungen der Zukunft bestmöglich meistern. Wir werden nächstes Jahr auf jeden Fall an der Eurobike teilnehmen und freuen uns schon auf die Messe!“

Alexander Kraft, Pressesprecher, HP Velotechnik: „Wir sind hoch erfreut über diesen Schritt der Eurobike. Die weltweite Leitmesse im Bereich Fahrrad schien untrennbar mit dem Standort Friedrichshafen verbunden. Allerdings war sie dort zuletzt unter Druck geraten. Stichworte sind fehlende räumliche Möglichkeiten, nicht immer ganz glückliche strategische Entscheidungen sowie die Lockrufe der nach München umgezogenen IAA in Richtung Fahrradbranche. Insofern ist der Schritt der Eurobike vom Bodensee an den Main viel mehr als ein Befreiungsschlag, es ist in der traditionellen Autostadt Frankfurt ein gewaltiges Zeichen ‚Pro Fahrrad‘!
Die bislang bekannt gewordenen Pläne für die Zusammenarbeit mit der Frankfurter Messegesellschaft zeigen eindeutig: Da stecken zwei Player gemeinsam ein Zukunftsfeld ab und schnüren mit ihren jeweiligen Kompetenzen ein geradezu einmaliges Gesamtpaket. Einerseits die Eurobike als absolute Benchmark im Bereich Fahrradmesse inklusive ihrer traditionell starken Vernetzung in die große Fahrradfamilie. Andererseits die Messe Frankfurt als einer der größten Messemacher weltweit, der mit seiner internationalen Strahlkraft und angesiedelt am internationalsten deutschen Verkehrsknotenpunkt dem Thema Fahrrad völlig neue Impulse geben wird.
Das Zusammengehen dieser beiden Partner und ihr urbanes Konzept stehen symbolisch für die Mobilitätsentwicklung der letzten Jahre: Das Fahrrad erobert die Stadt! Sichtbarer als in Frankfurt am Main kann man die neue Rolle des Rades als Verkehrsmittel im urbanen Raum kaum machen. Auch zu dieser Neujustierung möchten wir der Eurobike, die als Mountainbiker-Event gestartet ist, gratulieren. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Fahrzeuge aus der Liegeradmanufaktur von HP Velotechnik zunehmend den Metropolenraum erobern und in dem neuen Messe-Umfeld nun noch einmal ganz anders zur Geltung kommen: Komfortable Pendlerfahrzeuge und Fahrzeuge für Menschen mit Einschränkungen sind zukunftsweisende Mobilitätslösungen sowohl im Business-Bereich als auch für die naturnahe, gesundheitsorientierte Freizeitgestaltung in der Region.
Und schließlich freuen wir uns ein kleines bisschen auch aus lokalpatriotischen Gründen: Seit der Gründung 1993 hat HP Velotechnik seinen Firmensitz an der Stadtgrenze zu Frankfurt – herzlich willkommen, Eurobike!“

Jürgen Siegwarth, CEO, Ortlieb: „Der Umzug der Eurobike nach Frankfurt ist unseres Erachtens nach der richtige Schritt, um der Entwicklung der Bikeindustrie gerecht zu werden, sowohl was die internationale Ausrichtung angeht, als auch was die Zunahme der urbanen Mobilität angeht. Der Zusammenschluss der Messe Friedrichshafen und der Messe Frankfurt und die daraus entstehenden Synergien sind das richtige Zeichen für die Zukunft der Eurobike.“

Antje von Dewitz, Geschäftsführerin, Vaude: „Wir sind dieses Jahr bei der Eurobike in Friedrichshafen nicht vertreten, sondern haben uns für einen Auftritt auf der Eurobico in Frankfurt entschieden, da absehbar war, dass wenig internationale Besucher nach Friedrichshafen kommen werden.
Wir warten das Konzept ab; aber wenn es gelingt, einen internationalen Fokus bei der neuen Eurobike erfolgreich zu etablieren, gehe ich davon aus, dass wir dabei sind.
Emotional finde ich das sehr schade, dass die Bodenseeregion, die ja anerkannterweise eine wunderbare und beliebte Outdoor- und Bikeregion ist, nun kein Messestandort mehr für diese Themen ist. Für uns als lokales Unternehmen hatte das natürlich auch pragmatische Vorteile: Wir konnten bspw. die Messe als Anlass nutzen, um Händler und Produzenten abends auch zu uns an den Standort einzuladen, zudem konnten wir uns natürlich auch beipielsweise Übernachtungskosten sparen. Aber das ist nicht das Zentrale. Im Vordergrund steht, dass die Messe attraktiv und erfolgreich und damit die relevante Plattform für den Branchenaustausch sein soll.“

Stefan Stiener, Geschäftsführender Gesellschafter, Velotraum: „Aus Unternehmersicht: Geographisch und strategisch ist der Wechsel nach Frankfurt sicherlich richtig, die Terminwahl ist allerdings weder Fisch noch Fleisch. Für eine Ordermesse zu spät, für das Modelljahr und einen ungestörten Abverkauf zu früh. Bleiben werden auch die Verkehrsprobleme, denn Frankfurt gehört zu den Stauhochburgen, und im Hinterland übernachten und mit dem Rad zur Messe ist damit wohl passé … Aber nun gut, damit kann man sich arrangieren.
Aus Bürgersicht – Zitat: ‚Die Eurobike zieht nach Frankfurt.‘ Mit den Hallen, dem Personal und vor allem den Unmengen an Subventionen? Wohl kaum und Friedrichshafen muss schauen, wie sie mit noch mehr Steuergeldern eine nun völlig überdimensionierte Messe-Infrastruktur durchbringen.“

Wolfgang von Hacht, Geschäftsführender Gesellschafter, Stevens: „Stevens hält den Standort Frankfurt und auch den Termin Mitte Juli für sehr interessant. Beide Messegesellschaften und Städte beweisen Weitsicht und auch ökonomisches Kalkül, wenn sie die ‚Boom-Branche‘ Fahrrad und E‑Bike an einer derart zentralen und großen Location platzieren und zudem eine Weltleitmesse etablieren und gemeinsam die Messelandschaft bereichern möchten. Mit aktuell stark gestiegenen Vorlaufzeiten können unsere Kunden – rund 500 Fachhändler im Bundesgebiet und auch die meisten Export-Kunden – im Juli deutlich effizienter als z. B. an einem Septembertermin planen. Möglicherweise kann dieses Event auch einen Großteil der noch populären Hausmessen ersetzen, integrieren oder sinnvoll ergänzen. Diese finden bislang von Juni bis August statt, überschneiden sich also mit der Frankfurter Messe, und waren für den Handel terminlich nicht einfach zu realisieren. Wir wünschen der Messe einen guten Start und eine langfristige Etablierung im kompetitiven Messekalender.“

Dennis Schömburg, Geschäftsführer, Messingschlager:„Wir begrüßen die Entscheidung für den neuen Standort und freuen uns sehr über die Tatsache, dass die Expertise des erfahrenen Teams aus Friedrichshafen unter der Leitung von Stefan Reisinger weiterhin die Geschicke leitet. Der erneut vorgezogene Zeitpunkt verwundert, hat die Erfahrung aus dem Messejahr 2018 doch gezeigt, dass ein Gros der Branche die Eurobike im September bevorzugt. Aus Messingschlager-Sicht ist September das angemessenere Zeitfenster für die internationale B2B und Händlerzielgruppe.“

Marcel Spork, Vertriebsleiter, SKS Germany: „Als SKS Germany begrüßen wir den Wechsel der Eurobike nach Frankfurt ausdrücklich. Dieser zentrale Standort in der Mitte Deutschlands wird der Messe als weltweite Leitveranstaltung der Fahrradbranche neues Leben einhauchen. Sowohl für Fachhändler als auch internationale Gäste ist der Austragungsort ideal. Wir freuen uns darauf!“

André Joffroy, Sales Manager Deutschland, Kindernay: „Kindernay, mit Fertigung und Service in Deutschland und Europa, freut sich über die Stärkung des Standortes und die Zusammenfassung von Kompetenzen der beiden Messeschwergewichte Frankfurt und Friedrichshafen. Die Entwicklungen der Branche zeigen deutlich auf, dass Kompetenzen in Europa erhalten und neu geschaffen werden müssen. Eine Leitmesse im Herzen des europäischen Absatzmarktes gibt hierbei die Linien neu vor. Kindernay mit dem deutschen Vertrieb trail.camp Distribution verfolgt den klaren Ansatz der europäischen Wertschöpfung und unterstütze Konzepte für nachhaltige und zukunftsweisende Mobilität.“

9. Juli 2021 von Jürgen Wetzstein

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