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Foto: Fraunhofer IST - Komponenten für hochpräzise Fahrradgetriebe werden mittels COAD®-Prozess im Plasma beschichtet
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Fahrrad als Vorreiter

Plasmaanlage bei Rohloff AG zeigt Perspektiven für andere Branchen

In hochpräzisen Fahrradgetrieben müssen alle Komponenten auf engstem Raum zuverlässig funktionieren. Eine wichtige Rolle spielt dabei flüssiges Dichtmittel. Das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST, die Rohloff AG und der dänische Anlagenbauer Tantec A/S haben eine innovative Lösung zur Verbesserung dieser Dichtstoffe entwickelt, von der künftig auch andere Branchen profitieren können.

Das Ergebnis dieser Kooperation ist eine speziell weiterentwickelte Plasmaanlage, in der ein vom Fraunhofer IST entwickelter Beschichtungsprozess (COAD®) eingesetzt wird. Die Anlage ist bereits am Standort der Rohloff AG in Fuldatal im Einsatz. „Mit durchlagendem Erfolg“, wie es vom Fraunhofer Institut heißt.

Der Weg zu dieser Lösung sei jedoch alles andere als trivial gewesen. Denn: Weder nasschemische Reinigungsverfahren noch herkömmliche Plasmabehandlungen führten zu zufriedenstellenden Ergebnissen. Die Herausforderung: Auf der geschliffenen Oberfläche des Lagers haftete der Dichtstoff schlicht nicht optimal – auch nicht nach intensiver Vorbehandlung. Der Einsatz des COAD®-Verfahrens brachte hier die Wende.

Dabei handelt es sich um einen speziell am Fraunhofer IST entwickelten trockenen Plasmaprozess, bei dem vollautomatisiert die einzelnen Schritte der Reinigung und Beschichtung nacheinander ablaufen. Im ersten Schritt wird die Oberfläche von Verunreinigungen befreit. Anschließend wird ein sogenannter Präkursor eingebracht, der durch das Plasma aktiviert wird und eine extrem dünne, hochreaktive Schicht auf der Oberfläche erzeugt. Durch ihre hohe Reaktivität verbessert diese Schicht die Adhäsion zwischen Bauteil und Dichtstoff deutlich – ganz ohne Lösungsmittel oder energieintensive Zwischenschritte.

“COAD® ist ein echter Gamechanger für die industrielle Oberflächenfunktionalisierung,“ erklärt Prof. Dr. Michael Thomas, Abteilungsleiter Zirkuläre Produkte und Prozesse am Fraunhofer IST. „Der große Vorteil liegt in der Kombination aus hoher chemischer Reaktivität und Stabilität und der Möglichkeit, den Prozess passgenau auf verschiedenste Anwendungen zuzuschneiden – ohne zusätzliche Reinigungs- oder Trocknungsschritte.“

Gemeinsam zum Erfolg

Die Umsetzung war ein Gemeinschaftsprojekt: Tantec A/S lieferte die VacuTEC 2020 als Grundsystem und passte die Anlagentechnik sowie Software für den neuen Prozess an. Das Fraunhofer IST entwickelte nicht nur den COAD®-Prozess, sondern auch die Beschichtungseinheit und das Anlagenuntergestell, optimierte die Prozessparameter und schulte das Personal. Rohloff testete die Beschichtung hinsichtlich Adhäsion und Qualität und integrierte die Anlage in die eigene Fertigung.

»Für uns war entscheidend, eine prozesssichere und nachhaltige Lösung zu finden, die sich direkt in unsere Produktion integrieren lässt. Die neue Anlage ist daher ein echter Fortschritt: Sie verbessert nicht nur die Haftung der Dichtstoffe deutlich, sondern reduziert auch den Aufwand in der Nachbearbeitung«, sagt Mathias Gleim, Technischer Leiter der Rohloff AG.

Andere Industrien können profitieren

Die neue Anlage in Fuldatal ist nur der Anfang: Gemeinsam mit der Firma Tantec A/S plant das Fraunhofer IST eine Umsetzung der Technologie auf größere Anlagendimensionen. So läuft am Fraunhofer-Zentrum Circular Economy für Mobilität CCEM in Wolfsburg – einem Zusammenschluss mehrerer Fraunhofer-Institute unter der Leitung des Fraunhofer IST – bereits die Erprobung einer großvolumigen Variante des Verfahrens auf einer VacuTEC 8080+. „Für uns eröffnet die Integration von Beschichtungsprozessen in unsere Anlagentechnik ganz neue Märkte und Möglichkeiten“, sagt Morten Thrane, CEO von Tantec A/S.

Ziel des Fraunhofer IST ist es, gemeinsam mit Partnern den COAD®-Prozess für größere Bauteile und weitere industrielle Anwendungen – etwa in der Automobil- und Luftfahrindustrie oder in der Medizin- und Pharmatechnik – nutzbar zu machen.

In einem Erklärvideo mit Bilder aus der Produktion im Fuldatal wird das Plasmasystem anschaulich erklärt.

Donnerstag um 06:58 von Jürgen Wetzstein

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