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ADFC gibt kontra

Zahlensalat: Autolobbyisten machen Radfahren madig

Die nackten Zahlen sind das eine, deren Interpretation das andere: Vor kurzem wurde vom Statistischen Bundesamt die Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2009 veröffentlicht, die einen absoluten Anstieg der verunfallten Radfahrer ausweist. Diese Vorlage nutzte der Automobil-Club-Europa zu einer ausführlichen Pressemitteilung, die unter dem Titel „Alarmierend viele Fahrradunfälle“ veröffentlicht wurde und einen klare Aussage tätigt: Radfahren ist gefährlich. Diese Presseaussendung zeigte Wirkung, denn

zahlreiche Publikumsmedien nahmen den Ball für ihre Berichterstattung auf, wie z.B. gestern Spiegel-Online unter dem Titel „Radler häufiger berauscht als Autofahrer“. Der Tenor der meisten erschienenen Artikel ist negativ ausgerichtet und lässt sich in etwa folgendermaßen zusammenfassen: Radfahren ist gefährlich und oft sind die Radler daran auch selbst Schuld.
Der ADFC hat jetzt auf die Berichterstattung reagiert und rückt dabei auch einige Aussagen des ACE zu den veröffentlichten Zahlen ins richtige Licht. Anbei ein Kommentar von ADFC-Rechtsreferenten Roland Huhn, der auch an Spiegel Online ging:

"Ein gestiegenes Risiko, mit dem Rad zu verunglücken, lässt sich der Verkehrunfallstatistik nicht entnehmen. Was die ACE-Studie übersieht: Die Fahrleistung im Radverkehr stieg von etwa 24 Mrd. Personen-km in den neunziger Jahren auf etwa 33 Mrd. Personen-km im Jahr 2008, also um fast 38 Prozent. Gemessen an der Zunahme der Fahrten mit dem Rad ist das individuelle Risiko, mit dem Fahrrad einen Unfall zu erleiden, gesunken. Der ADFC weist schon länger darauf hin, dass mehr Radverkehr mehr Sicherheit für die einzelnen Radfahrer mit sich bringt, weil sie nicht mehr so leicht übersehen werden („safety in numbers“).

Die Aussagen zu den verunglückten Radfahrern je 100.000 Einwohner sind in der ACE-Studie als Bewertung des individuellen Unfallrisikos formuliert. Aus der Verkehrsunfallstatistik lässt sie sich nicht ableiten:

"Eine Bewertung und Darstellung des Verkehrssicherheitsniveaus für verschiedene Verkehrteilnehmergruppen ist allein aufgrund der amtlichen Statistik nicht möglich." Das schrieb mir vor wenigen Tagen die Leiterin des Referats Statistik im Bundesverkehrsministerium. Aus den Zahlen der Verkehrsunfallstatistik kann man das Risiko, mit dem Fahrrad zu verunglücken, eben nicht ermitteln, auch nicht im Vergleich einzelner Regionen. Die ACE-Auswertung lässt die hohen Radverkehrsanteile der aufgeführten Städte und Regionen im Norden Deutschlands unberücksichtigt.
Nach der Logik des ACE wäre das Radfahren auf Helgoland am sichersten, weil dort keine Fahrradunfälle registriert worden sind (vgl. § 50 StVO).

Thema Alkohol: Radfahrer erlitten im vergangenen Jahr 82.520 Unfälle. Bei 34.922 Unfällen mit Personenschaden waren sie Hauptverursacher (und meist auch zugleich die Geschädigten). 4.418 Radfahrer waren dabei alkoholisiert.
Wie soll sich daraus ergeben, dass bei „mehr als jedem vierten von Radfahrern verschuldeten Unfall“ der Radfahrer berauscht war? Ich komme auf
12,8 Prozent, das entspricht jedem achten überwiegend selbst verschuldeten Fahrradunfall oder einem von achtzehn insgesamt (5,4 Prozent).“

Zur versandten Pressemitteilung des ACE geht es hier: www.ace-online.de

5. August 2010 von Jürgen Wetzstein

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