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Antriebshersteller kämpfen um Marktanteile
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Report - E-Bike-Markt

Antriebshersteller kämpfen um Marktanteile

Die Zahl der verfügbaren Antriebssysteme ist selbst für Experten kaum noch zu überblicken. Neben den Marktführern kämpfen zahlreiche Newcomer und kleinere Anbieter um ihren Platz an der E-Bike-Sonne.

Bosch ist ein geschlossenes System. Bosch bietet den Herstellern aso praktisch keine Möglichkeiten, den Antrieb mit Komponenten anderer Anbieter zu verbinden. So lautet die häufigste Kritik, die man am Marktführer äußert. Es ändert aber nichts an der Bedeutung des E-Bike-Systems für den Gesamtmarkt. Nach wie vor haben die Schwaben den Spitzenplatz inne, wenn es um Marktanteile geht. Wie im Vorjahr gehen die befragten Experten davon aus, dass rund die Hälfte der in Deutschland verkauften E-Bikes mit einem Bosch-Antrieb ausgestattet sind. Wichtiger als die genannten Kritikpunkte sind Herstellern und Verbrauchern die Zuverlässigkeit und der gebotene Service rund um die Motorenkollektion.

Verfolger auf der Spur

Ebenso konnte Brose das Niveau des Vorjahres dem Vernehmen nach mit etwa sechsstelligen Stückzahlen annähernd halten. Indem man sich jüngst als System-Anbieter positionierte, eröffnet man den Herstellern die Option, alle Komponenten aus einer Hand zu erhalten. Gleichzeitig setzt sich das Unternehmen bewusst von Bosch ab, indem man am bestehenden Baukastensystem festhält. Über die Möglichkeit, bei Wunsch alternative Lösungen zu benutzen, erhalten E-Bike-Hersteller die Gelegenheit, sich mit ihren Produkten stärker vom Wettbewerb zu unterscheiden.
Auf einem vergleichbaren Niveau oder besser stehen die Antriebshersteller Shimano und Yamaha. Es sind keine konkreten Stückzahlen für diese Antriebe bekannt, sie konnten ihre Systeme in den letzten Saison als vielseitige und zuverlässige Lösungen etablieren. Nun profitieren sie von der diesbezüglichen Anerkennung über eine starke Marktpositionierung.

Konzentrationsprozess vor der Tür

Auch wenn es kaum jemandem bewusst ist, haben E-Bike-Hersteller die Auswahl aus weit über 50 verschiedenen Antriebssystemen, die sie verbauen können. Die meisten Kunden dürften aber höchstens eine Handvoll dieser Antriebe kennen, und selbst Experten dürfte es schwerfallen, all diese Produkte aufzuzählen.
Galt es bis vor kurzem noch, die sich auftuenden Chancen zu ergreifen, so ist inzwischen die Zeit gekommen, erste Zwischenbilanzen zu ziehen. Definitiv eine Chance ergriffen hat Fazua. Mit ihrem kompakten Mittelmotor haben die Ottobrunner ein Alleinstellungsmerkmal entwickelt und besetzen ihre Nische sehr erfolgreich. Nach eigenen Angaben kommen sie auf einen Marktanteil von 80 Prozent in den Segmenten E-Gravel und E-Rennrad. Inzwischen zählen sie 28 Bike-Hersteller zu ihren Kunden, was vielleicht noch nicht zu den ganz großen Stückzahlen führt, aber definitiv zu viel Aufmerksamkeit. Im Herbst erfolgt der Markteintritt in den USA. Hauptwettbewerber in diesen Segmenten ist der Heckantrieb von Mahle Ebikemotion. Mit der eigenen Plattform können die Deutsch-Spanier ein vielseitiges System anbieten, dass sich flexibel an Kundenwünsche anpassen lässt.
Spannend ist unter anderem die Frage, welche Rolle der Sachs-Antrieb im Markt künftig spielt. Er hat bisher einige Vorschusslorbeeren für seine Leistungsfähigkeit erhalten, der endgültige Marktstart ist aber noch nicht kommuniziert. Dem Vernehmen nach will man noch in diesem Jahr das fertige Produkt ausliefern.
Andere, kleinere Hersteller haben inzwischen einen deutlich schwereren Stand gegen die Konkurrenz aus mittelständischen und großen Automobilzulieferern, die zum einen große Ressourcen in dieses Geschäftsfeld werfen können und zum anderen immer besser in der Branche vernetzt sind. BionX war schon immer einer der kleineren Anbieter im Markt, nach der Pleite der kanadischen Mutter musste die hiesige Niederlassung ihre Aktivitäten einstellen. Von anderen Pleiten ist zwar noch nichts bekannt, aber ein Konzentrationsprozess auf die großen und größeren Anbieter wird von den ersten Marktbeobachtern bereits beobachtet und weiter erwartet.
Keine Pleite, aber eine bewusste Konzernentscheidung ist die in diesem Zusammenhang zu nennende Einstellung des Impulse-Antriebs von Derby Cycle. Während sich die Cloppenburger mit ihrem hauseigenen System zu den E-Bike-Pionieren zählen durften und dürfen, legen sie die Motorenentwicklung nun in die Hände von Spezialisten. Ersetzt wird der Impulse-Antrieb bei den eigenen Marken nun mit dem Motorsystem von Continental. Dieser beeindruckte bislang vor allem auf dem Papier als leistungsstarkes System, ist aber praktisch kaum auf der Straße zu finden. Mit dem neuen Kunden Kalkhoff könnte sich dies nun ändern.
Der Einfluss der großen Automobilzulieferer bedeutet nicht, dass es keinen Platz mehr für Newcomer gäbe. Erst vor wenigen Wochen hat Specialized einen hauseigenen Antrieb vorgestellt, der an den eigenen Bikes verbaut wird. Angesichts des Einsatzgebietes E-Rennräder ist zu erwarten, dass der SL 1.1 zunächst einmal eine Nebenrolle auf dem Markt spielen wird.

Mitte, vorne, hinten

Der Mittelmotor ist heute das Maß aller Dinge beim E-Bike und daran wird sich absehbar nichts ändern. Mit seinen grundsätzlichen Vorzügen ist er derzeit die unersetzliche Lösung für die hochwertigen Elektroräder der Gegenwart. Indem die aktuellsten Antriebsgenerationen noch ein gutes Stück kompakter und leichter geworden sind und die Gesamtintegration fortschreitet, ist inzwischen auch für Fahrradpuristen die Ästhetik so dezent, dass das gesamte Antriebssystem nicht mehr wie ein angeflanschter Fremdkörper wirkt.
Ein kleines Revival erlebt wohl derzeit der Heckmotor. Wurde ihm in den letzten zwei Jahren ein stetiger Niedergang an Marktbedeutung vorhergesagt, so ist er derzeit wieder Gesprächsstoff. Sei es, um sich vom restlichen Markt abzuheben oder weil man es geschafft hat, eine alte Technologie über integrierte Getriebe und die kompakten Maße einer Nabenschaltung weiterzuentwickeln: Der Heckmotor erlebt dem Vernehmen nach wieder mehr Zuspruch bei Herstellern wie bei Kunden.
Anders ist das beim Frontmotor. Dieser Antriebstyp ist heute sehr selten geworden und findet sich ausschließlich im untersten Preisbereich wieder. Zu groß sind die Nachteile im Vergleich zu den anderen Antriebsarten, um gegen diese jenseits von einfachen City-Pedelecs bestehen zu können.

27. August 2019 von Daniel Hrkac

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