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Markt // Made in Germany

»Der deutsche Produktionsplatz gewinnt an Bedeutung«

Die heimische Fahrradproduktion steht hoch im Kurs. Kapazitäten werden derzeit stark ausgebaut und die Produktion in Deutschland herausgehoben. Gleichzeitig ist die Fahrradbranche eine globalisierte, in der viele Rädchen ineinandergreifen müssen. Wie sehen eigentlich die Hersteller aktuell die Bedeutung von »Made in Germany« in der Fahrradbranche?

Mathias Heller, Puky, Wuppertal

»›Made in Germany‹ als Qualitätskriterium spielt sicherlich für unsere Kleinfahrzeuge eine deutlich größere Rolle als bei unseren Fahrrädern, da Konsumenten insbesondere bei kleinen Kindern ein hohes Bedürfnis an Sicherheit, zum Beispiel bei chemischen Inhaltsstoffen haben. Nichtsdestoweniger sehen wir, dass auch bei unseren Fahrradprodukten das Thema wieder etwas mehr an Relevanz beim Konsumenten gewinnt. Als Stichwort ist hier der zunehmende Trend zu Nachhaltigkeit und fairen Produktionsbedingungen zu nennen. Den können wir natürlich mit einer Fertigung in Deutschland voll unterstützen. Im Bereich unserer Social-Media-Aktivitäten werden wir häufig darauf angesprochen und Konsumenten möchten Auskunft über unsere Produktionsbedingungen haben.
Darüber hinaus ist für uns als Hersteller nicht nur im Verhältnis zum Konsumenten die Fertigung in Deutschland von Bedeutung. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass lange Lieferketten gefährlich anfällig sein können. Daher spielt für uns die Fertigung in Deutschland eine wichtige Rolle, da wir damit deutlich flexibler auf Marktveränderungen reagieren können, die Qualitätskontrolle sehr einfach beim Lieferanten sicherstellen können und ein gutes Stück Know-how bei uns halten.«

Volker Dohrmann, Stevens, Hamburg

»Stevens lässt seit etlichen Jahren den Großteil seiner Fahrräder und Pedelecs in Deutschland fertigen. Dafür sprechen etliche logistische, technisch-qualitative und auch nachhaltige Gründe. Diese nahmen an Gewicht noch zu, sodass wir unseren Haupt-Montagebetrieb vor zwei Jahren vollständig übernommen haben und dort nur noch Stevens Bikes gebaut werden. Davor gab es neben uns zwei bis drei weitere namhafte Marken in der Montage in Bramsche. Die Stevens Produktions GmbH ist, wenn man so möchte, der manifeste Beleg für die Wichtigkeit des Standorts Deutschland oder für unsere Wahrnehmung von dessen Wichtigkeit. Sowohl bei unseren Fachhändlern als auch bei Endkunden kommt dies recht gut an und wird künftig noch mehr im Marketing von Stevens erscheinen.
Kurze Lieferwege ab Montageband, die Stärkung der Arbeitswelt in Deutschland und auch die optimale Planbarkeit der Montagen machen für uns das ›Made in Germany‹ auch zu einer ökonomisch relevanten und vorteilhaften Entscheidung. Wir können die Monteure vor Ort selbst schulen und auch eine aufwendige QC installieren, was bei Betrieben in Fernost oder Südost-Europa nur beschränkt möglich ist – gerade in solchen Zeiten wie der Pandemie.
Von daher denken wir, dass der deutsche und auch EU-europäische Produktionsplatz an Bedeutung gewinnt. Wir haben auch mehr Anfragen branchenfremder Player, die den Bereich der Fahrrad- und Pedelec-Zulieferer ergänzen möchten, um die eigenen deutschen Produktionsplätze besser auszulasten. Fahrrad und Pedelec boomt – das hat sich auch bei Automotive-Zulieferern herumgesprochen.«

Marcus Diekmann, Rose, Bocholt

»Dem deutschen Handel fällt jetzt auf die Füße, dass er sich so stark von China abhängig gemacht hat. Wir haben uns, um einen immer besseren Preispunkt liefern zu können, dort engagiert. Doch China ist ein anderer Rechtsraum. Die Zeitunterschiede, die Entfernungen sind groß, die Kommunikation der Asiaten während des ersten, dortigen Lockdowns war auch nicht gut.
Ich glaube, wir müssen wieder lernen, eine richtig gute Rahmenproduktion, also eine echte Bikeproduktion in Europa zu eta­blieren. Das Know-how wurde aber nicht mehr aufgebaut, deswegen müssen wir wieder einen Schritt zurück.
Die Kosten steigen dann natürlich, wir müssen den Schritt aber trotzdem gehen, zumal die Personalkosten auch in Asien steigen. Europa ist groß und vielfältig, insbesondere wenn es um die Lohngefüge geht. Hier gibt es viele Chancen und einen EU-Rechtsrahmen, weswegen ›Made in Europe‹ die wahrscheinlichere Antwort ist. In Deutschland sollten wir damit anfangen, zusammenzuarbeiten wie in Sangerhausen, und uns so gemeinsam schneller weiterentwickeln.
Wir haben mittlerweile sieben interessierte Unternehmen zusammen, die sich demnächst virtuell zusammensetzen werden. Allerdings benötigen wir noch etwas mehr Zeit. Wir können nicht in drei Wochen alle Fragen klären. Die Gefahr besteht, dass der Insolvenzverwalter frühzeitig eine Entscheidung treffen will. Der Plan sieht vor, dass jeder für sich fertigt, aber etwa die Lackiererei lässt sich ideal zusammen nutzen. Wir können gemeinsam für den Standort und für Ausbildungs- und Fortbildungsprogramme Werbung machen. Es bräuchte auch nur einen Standortleiter und eine gemeinsame Infrastruktur, so entstehen Kostensy­nergieeffekte.
Die Idee selbst ist ja gar nicht untypisch. Aus der Digitalbranche kennt man Standorte wie Gescher, wo 600 bis 700 IT-Unternehmen angesiedelt sind, die die gleichen Effekte nutzen.« //

17. Dezember 2020 von Daniel Hrkac

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