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Betriebsführung - Business Navigator (Interview)

Die bestmögliche Entscheidung treffen

Der Business Navigator ist ein Werkzeug, das den Unternehmern im Fahrradhandel die Arbeit erleichtert. Wer bestmögliche unternehmerische Entscheidungen treffen will, braucht eine gesicherte Basis mit wesentlichen Betriebskennzahlen. Uwe Wöll, Thorsten Larschow und Andreas Lübeck erklären, was dieses Tool zu leisten vermag.

Für wen ist der Business Navigator gedacht und was macht ihn für diese Zielgruppe so wertvoll?

Thorsten Larschow: Der Business Navigator ist für die Fahrradgeschäfte gemacht, die ihr Geschäft schon sehr gut aus dem Bauch heraus steuern, aber noch mal genau wissen wollen, ob das auch stimmt, was sie da tun, und das Ganze mit Zahlen belegen wollen. Für diese Betriebe mit Umsätzen von 100.000 bis 10 Millionen Euro ist der Business Navigator mit Sicherheit die richtige Methode.

Warum bietet der VSF ein solches Werkzeug an? Was ist für den VSF der Anreiz, so etwas auf die Beine zu stellen?

Uwe Wöll: Es gibt zwei Gründe. Erstens wollen wir, dass es den Läden gut geht, dass sie gut aufgestellt sind. Dafür brauchen sie eine Methode, um ihre Zahlen sauber zu erfassen und auch miteinander vergleichen zu können. Den internen Vergleich, etwa in einer Erfa-Gruppe, wo alle ungefähr die gleiche Größe und die gleiche Struktur besitzen, kann man nur machen, wenn man auf die gleiche Art und Weise Zahlen erfasst. Der zweite Grund ist, dass wir als Verband auch immer Zahlen, Daten, Fakten benötigen.

»Ich glaube, dass der Business Navigator mit relativ einfach und klar aufbereiteten Zahlen sehr helfen kann.«

Andreas Lübeck

Wir brauchen die nicht von Händler XY, aber wir brauchen sie als Durchschnitt oder als Trend. Wir brauchen die Zahlen für Pressearbeit, für Aussagen der Art, wie es denn der Branche geht und was wir in diesem Jahr zu erwarten haben. Da hilft uns der Business Navigator natürlich.

Herr Lübeck, Sie haben den Business Navigator mit initiiert. Was gab den Anstoß zu sagen, das ist wichtig für den Fahrradhandel?

Andreas Lübeck: Der Anstoß waren sicherlich meine langjährigen Erfa-Erfahrungen. Dort arbeiten die Händler mit ihren Geschäftszahlen. Und dabei habe ich eben immer wieder bemerkt, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden. Das Vereinheitlichen der Voraussetzungen, wie man die Zahlen wo einträgt, sodass sie wirklich vergleichbar sind, daran hat es immer ein Stück weit gemangelt. Zudem war das Verständnis für die Zahlen häufig nicht so, dass es hinreichend für eine gute Geschäftsführung ist. Viele im Fahrradhandel sind Einsteiger aus dem technischen Bereich oder Quereinsteiger. Die kaufmännische Denke hat oft gefehlt. Ich glaube, dass der Business Navigator mit relativ einfach und klar aufbereiteten Zahlen da sehr helfen kann.

Welche Voraussetzungen müssen Händler haben, um den Business Navigator nutzen zu können? Was braucht es da?

Lübeck: Das ist relativ einfach. Er muss ein Warenwirtschaftssystem nutzen, was heute fast jeder Händler tut. Er muss eine BWA haben, also eine Buchführung in irgendeiner Art und Weise, und den Willen, mitzumachen. Mehr ist es nicht.

Wer macht denn schon alles mit? Wie viele Händler nutzen bereits den Business Navigator und was ist das Ziel?

Lübeck: Es sind zurzeit etwa 45 Händler, die den Business Navigator nutzen.
Wöll: Wenn wir mehr als 100 Händler erreichen, dann sind wir in einer Größenordnung, wo wir zu bestimmten Gruppen schon klare Aussagen treffen können. Und dann wird es spannend. Wenn wir jeweils 30 oder 40 Händler in den Größenklassen haben, kommen wir zu durchschnittlichen Ergebnissen, die tatsächlich aussagerelevant sind. Es geht nicht so sehr um die Anzahl der Händler insgesamt, sondern es geht darum, dass wir jeder Cluster-Gruppe genug Händler zuordnen können.
Larschow: Aus Händlersicht ist es ja folgendermaßen: Wenn ich ein Fahrradgeschäft habe, das auf dem Land ist und etwa eine Million Euro Umsatz macht, dann würde ich mich gerne mit anderen Geschäften vergleichen, die ebenfalls auf dem Land sind und ungefähr auch eine Million Euro Umsatz machen und vielleicht sogar ein ähnliches oder das gleiche Sortiment bedienen. Dann kann ich relativ genau sehen, was der Unterschied ist und mich mit wirklich Gleichen vergleichen. Ich sehe, wo die anderen tatsächlich besser sind oder wo sie schlechter sind, was sie anders machen, wie die Zahlen sich anders darstellen, weil sie vielleicht eine andere Fahrradmarke haben oder weil sie vielleicht zwei Mitarbeiter mehr oder weniger haben. Je mehr Händler den Business Navigator nutzen, umso besser wird die Möglichkeit, mich mit mir sehr ähnlichen Geschäften zu vergleichen.

Was sehen die anderen Händler von meinen Zahlen, wenn es dann in den Vergleich geht? Wie genau kann jemand anders sehen, was ich da im Business Navigator hinterlegt habe?

Wöll: Es kann kein anderer Händler ohne Einwilligung des Zahleninhabers sehen, was er für Zahlen hat. Niemand darf die Zahlen von Thorsten sehen, es sei denn, Thorsten willigt ein, dass der andere Händler das sehen darf. Dazu gibt es eine Datenschutzerklärung und so weiter, das ist völlig klar aufgegleist. Dann finden sich Gruppen in ihren Größenklassen und die sehen dann voneinander ganz bestimmte Zahlen, und zwar alles das, was sie sich freigeben. Das entscheiden sie selbst.

»Der Zahlen-vergleich in den virtuellen Erfa-Gruppen wird in Zukunft viel wichtiger.«

Thorsten Larschow, Rad & Tour Cuxhaven

Lübeck: Es ist eben nicht so, dass teilnehmende Händler von irgendeinem anderen Teilnehmer beliebig die Zahlen anschauen können, sondern das geschieht immer in diesen Gruppen. Das ist ganz wichtig. Diese Gruppen werden im ersten Schritt vom VSF festgelegt, aber im zweiten Schritt werden dies die Händler selbst übernehmen. Zunächst sollen diese Händler sich untereinander finden, das können und wollen wir noch gar nicht im Vorfeld so genau festlegen. Aber innerhalb dieser Gruppe bestimmen die Händler, welche Zahlen dann zu sehen sind.

Der Business Navigator ist somit eine Art Stammzelle für Erfa-Gruppen. Ist das so zu verstehen?

Lübeck: Ich nutze gerne den Begriff der virtuellen Erfa-Gruppe. In meiner Erfahrung ist es bei normalen Erfa-Gruppen bis auf wenige Ausnahmen immer so, dass dort eine ziemliche Diversität an Händlertypen besteht, sodass diese Zahlenvergleiche immer ein bisschen hinken, einfach weil die Vergleichbarkeit aufgrund der Ausrichtung der Geschäfte nicht immer gegeben ist. Das kann man nun komplett aufbrechen. Im Business-Navigator steht die wirkliche Vergleichbarkeit viel mehr im Vordergrund.
Larschow: Wir haben während Corona und auch danach festgestellt, dass die Videokonferenzen zu den Zahlen wahrscheinlich sogar besser sind, als wenn man sich live trifft. Jeder sitzt bei sich zu Hause vor dem Rechner und jeder hat die Zahlen vor sich. Von daher glaube ich, dass Erfa-Gruppen tatsächlich den Zahlenvergleich untereinander zurückfahren können, er wird in den virtuellen Erfa-Gruppen in Zukunft viel wichtiger werden. Ich glaube, da wandelt sich gerade etwas in der Erfa-Arbeit.

Wie realistisch ist es, dass ein Händler, der so etwas wie den Business Navigator noch nicht genutzt hat, diesen in seinen Alltag integrieren kann? Wie viel Mehraufwand hat er damit?

Larschow: Das ist relativ einfach. Ich muss nur einmal im Monat die Zahlen in meine Tabelle eintragen. Wenn ich dafür 15 Minuten benötige, ist das viel. Natürlich kann man sich noch länger damit beschäftigen. Bei vielen Warenwirtschaftssystemen habe ich die Möglichkeit, die benötigten Zahlen zu exportieren. Die BWA-Daten lasse ich mir vom Steuerberater schicken. Das sind jeweils etwa 15 Zahlen, die ich in die Tabelle eintrage. Mehr ist erst einmal nicht zu tun.

Was sind das genau für Zahlen, die man dann einpflegt?

Lübeck: Wie Thorsten schon gesagt hat, sollte man monatlich die Warenwirtschaftsdaten eintragen. Das sind zunächst die Hauptwarengruppen: Normale Fahrräder, Ersatzteile, Zubehör, Werkstattumsätze, Warenbestand ist ganz wichtig, Gesamtumsatz, Stückzahlen, Rohertrag. Das sind pro Monat 15, maximal 20 Zahlen aus der Warenwirtschaft, die man im Prinzip nur abschreibt. Natürlich hat man einen Erstaufwand, indem man diese Warengruppen einrichtet.

Welchen Mehrwert bekommt der Händler nach dem Mehraufwand heraus?

Lübeck: Er bekommt eben diesen Vergleich, das Benchmarking. Wenn man nur die eigenen Zahlen hat, schaut man sich die Veränderung zum Vorjahr an, aber damit hört es schon wieder auf. Um dann wirklich beurteilen zu können, ob der Umsatz, der Rohertrag in einer bestimmten Warengruppe gut oder schlecht ist: Das sehe ich erst, wenn ich mich mit ähnlichen Händlern tatsächlich vergleiche. Und das bekomme ich über die Auswertungen im Business Navigator.

»Die Lagerdrehzahl hat jetzt eine Bedeutung gewonnen, die sie früher schon hätte haben sollen.«

Uwe Wöll, VSF

Diese Auswertungen kann sich jeder Händler für sich anschauen. Er muss sich nicht in der Gruppe treffen oder in einem Meeting. Das kann jeder Händler dann tun, wenn er Zeit und Lust hat.
Wöll: Was ich immer spannend finde, sind Benchmarks. Also bestimmte Punkte, wo man beginnt, eine Struktur zu erkennen in den Zahlen. Wo funktioniert etwas und wo funktioniert etwas nicht. Das ist für uns als Verband, aus Beratersicht und aus der Sicht eines Moderators bei Erfa-Gruppen wichtig, um sich weiterzuentwickeln. Was hat sich zum Beispiel in den Strukturen verändert, auf was muss man neuerdings achten? Zum Beispiel hat jetzt die Lagerdrehzahl eine Bedeutung gewonnen, die sie früher schon hätte haben sollen. Sie wurde aber dann doch nicht so wichtig genommen. Jetzt ist sie zurück im Mittelpunkt des Interesses. Bei unserem jüngsten Betriebsvergleich sprachen wir über die steigenden Personalkosten. Wenn man alte Kennzahlen im Kopf hat, ist man damit auf dem Holzweg. Das sind die Momente, wo es spannend wird.
Lübeck: Aus den Zahlen heraus entwickelt sich in der Regel immer eine Diskussion, und diese Diskussionen sind extrem wertvoll. Aus beobachtender Funktion glaube ich, dass ein Großteil der Händler erst in diesen Diskussionen so richtig die Bedeutung der Zahlen versteht.
Larschow: Ich will das noch mal konkret machen: Sagen wir, ich hätte jetzt eine Handelsspanne auf Ersatzteile von 40 Prozent. In 2021 und in 2022 hatte ich vielleicht 38,5 Prozent. Dann würde ich vermuten, dass in der Vergangenheit etwas schiefgelaufen ist und überlege mir, woran es lag. Das ist das, was ich in meinen eigenen Zahlen sehen kann. Wenn ich aber acht weitere Teilnehmer sehe, die alle zwischen 42 und 46 Prozent Handelsspanne bei Ersatzteilen liegen, dann muss ich natürlich mal grundsätzlich darüber nachdenken, ob bei mir nicht irgendetwas falsch läuft. Da gibt es viele Möglichkeiten, woran es liegen kann. Aber das kann ich erst erkennen, wenn ich fünf, sechs andere Händler sehe, die deutlich höher in der Handelsspanne liegen.
Lübeck: Wenn man als Berater in irgendeiner Mängellage zu einem Geschäft gerufen wird, dann ist das erste Problem, das man immer hat, die benötigten Zahlen zu bekommen. Vernünftig aufbereitete Zahlen, mit denen man loslegen kann. Und da habe ich festgestellt, auch wenn das jetzt vielleicht nach ein bisschen Eigenlob klingt, dass wenn dieser Händler am Business Navigator teilnimmt, man innerhalb kürzester Zeit weiß, was mit dem Laden los ist und wo das Problem liegt. Das ist wirklich phänomenal.

Es gab jüngst die ersten Erfa-Auswertungen auf Basis des Business Navigators. Wie war das Feedback der Händler?

Lübeck: Was ich mitbekommen habe, war durchweg sehr positives Feedback. Was unisono gelobt wurde, war, die Zahlen gut aufbereitet verfügbar zu haben und diese mit wirklich vergleichbaren Händlern einschätzen zu können. Das war ja immer das Problem der Händler, die nicht in einer Erfa-Gruppe waren, dass die Vergleichbarkeit nicht gegeben war. Jetzt ist der erste Anfang gemacht. Aus meiner Sicht ist es besser gelaufen als gedacht.

Wer hat Zugang zum Business Navigator? Ist das ein rein VSF-internes Angebot?

Wöll: Da darf jeder mitmachen, das Angebot ist offen für alle Fahrradhändler, unabhängig von ihrer Verbandszugehörigkeit. Es gibt natürlich Verbandskonditionen und auch einen Vertrauensvorschuss, den man genießt. Aber das spricht nicht gegen die Nutzung des Business Navigators durch alle interessierten Fahrradhändler.

Was kostet die Nutzung des Business Navigators?

Wöll: Es gibt eine einmalige Einrichtungsgebühr von 590 Euro. Dazu kommt eine Monatsgebühr von 39,50 Euro. Wer Mitglied im VSF oder der Bico ist, erhält 25 Prozent Rabatt. //

Wer sich für den Business Navigator interessiert und nun in den Zahlenvergleich treten will, bekommt unter diesem QR-Code alle weiteren Informationen, die benötigt werden. Dort kann man das Tool auch gleich buchen. Dazu kommt noch ein 100-Euro-Gutschein für alle, die sich bis zum 30. April registrieren.
Um den Gutschein einzulösen, genügt eine kurze E-Mail an info@vsf-mail.de mit dem Betreff velobiz/businessnavigator und der Betrag wird verrechnet.

23. April 2024 von Daniel Hrkac

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