4 Minuten Lesedauer
Die Mehrwertsteuersenkung sorgt für Diskussionsstoff.
i

Seit 1. Juli in Kraft getreten:

Die Mehrwertsteuersenkung beschäftigt Industrie und Einzelhandel

Jetzt gilt er also: der verringerte Mehrwertsteuersatz. Die Reaktionen darauf in Industrie, Handel und Verbände sind unterschiedlich.

Die Mehrwertsteuersenkung sorgt für Diskussionsstoff.

Gemische Gefühle äußert der Handelsverband Deutschland (HDE): „Die Absenkung der Mehrwertsteuer setzt in schwierigen Zeiten ein positives Zeichen für die Binnenkonjunktur. Dies alleine wird jedoch den Einzelhandel in der Coronakrise nicht retten. Für die einzelnen Handelsunternehmen bringt das eher kaum spürbare Effekte. Zudem entstehen durch die zeitlich befristete Steuerabsenkung erhebliche Aufwände bei den Händlern“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Denn die Kassensysteme mussten entsprechend umgestellt werden. Bei vielen Kassen, die von den Technikern nicht per Fernwartung auf den aktuellen Stand gebracht werden können, mussten das externe Fachleute händisch vor Ort erledigen. Genth: „Das war und ist gerade mit diesem knappen Vorlauf von wenigen Wochen eine große Herausforderung.“

In unserer Branche ging insbesondere der Verbund Service Fahrrad (VSF) frühzeitig in die Offensive, um bei der Umstellung des Mehrwertsteuersatzes praktische Hilfestellung zu leisten velobiz.de berichtete . Gerade in Bezug auf die Preisauszeichnung gab es Unsicherheiten, derer sich dann auch die Wettbewerbszentrale annahm und im Rahmen einer Bekanntmachung über eine Ausnahmevorschrift informierte.

Fahrradhersteller passen an

Verschiedene Fahrradhersteller, u.a. Riese & Müller, Cycle Union oder MSA Germany, informierten über eine Anpassung der Unverbindlichen Brutto-Preisempfehlungen, die beispielsweise im Internet kommuniziert wurden, an die neuen Mehrwertsteuersätzen. Bei gleichbleibenden Nettoeinkaufspreisen für den Fachhandel könne so die Preissenkung an die Endverbraucher durchgereicht werden und Kaufanreize geschaffen werden, so die Argumentation.
Gleichzeitig befürchten viele Händler gerade durch die temporäre Senkung der Preisempfehlungen durch Hersteller ein Chaos bei den Preisauszeichnungen. „Die Handelsverbände geben aber ausdrücklich die Möglichkeit, pauschal einen entsprechenden Nachlass an der Kasse zu. Wenn jetzt einzelne Lieferanten abweichen, wird es fast nicht mehr möglich sein, den Überblick zu behalten, zumal sicherlich einige Anbieter im Internet auf die ‚reduzierten‘ Preise ändern und damit für noch mehr Verwirrung sorgen“, so ein Händler in einem Schreiben an velobiz.de.

Spenden statt senken

Einen anderen Weg geht beispielsweise Fahrradhersteller myBoo. Geschäftsführer Maximilian Schley sagt: „Wir haben lange überlegt, wie wir mit der Mehrwertsteuersenkung umgehen sollen und uns am Ende dafür entschieden, unter dem Motto #MehrBildung die Differenz der Senkung eins zu eins als Spende an unsere Schule in Ghana weiterzugeben“. Und Co-Geschäftsführer Jonas Stolzke ergänzt: „Wir hoffen, dass unsere Kundeninnen unsere Entscheidung mittragen werden und dass sich weitere Unternehmerinnen #MehrBildung anschließen. Gerne mit eigenem Projekt oder auch als Unterstützung für unsere Schule. Wir helfen selbstverständlich bei der Umsetzung“.
Fahrradhersteller und Direktversender YT Industries wiederum sieht von einer Investition „in den unverhältnismäßigen Aufwand der Umstellung ab“, wie es auf der Website heißt. Gleichzeitig kündigt das Unternehmen an, den Differenzbetrag einem gemeinnützigen Verein oder Einrichtung zu spenden.
Teilehändler BC-Components will hingegen die Mehrwertsteuersenkung „aufbohren“, wie in einer Pressemitteilung angekündigt wird. Man werde deshalb wöchentlich neue Angebote auflegen und die Preise dafür um deutlich mehr als 3 % senken, so die Ankündigung.

Kaum Effekte für Handelsunternehmen?

Die Kunden werden wohl infolge der zeitlich befristeten Steuersenkung profitieren, so die Prognose des HDE. „Aufgrund des hohen Wettbewerbs im Einzelhandel in Deutschland werden viele Händler die Absenkung direkt weitergeben“, so HDE-Geschäftsführer Genth weiter. Die Preishoheit liege jedoch beim Handel. Deshalb werde dies nicht automatisch dazu führen können, dass alle Preise entsprechend der Steuersenkung am Regal nach unten gehen. In die Preisbildung fließen neben der Mehrwertsteuer zahlreiche weitere Faktoren ein. Wenn beispielsweise Weltmarktpreise für Rohstoffe steigen oder fallen, so hat auch dies großen Einfluss auf die Endverbraucherpreise. „Die Höhe der Mehrwertsteuer ist da nur ein Faktor unter vielen“, so Genth.

3. Juli 2020 von Jürgen Wetzstein

Verknüpfte Firmen abonnieren

Handelsverband Deutschland HDE
Nur für Abonnenten
News
Nur für Abonnenten
Kommentare
Nur für Abonnenten
Stellenmarkt
Velobiz Plus
Die Kommentare sind nur
für unsere Abonnenten sichtbar.
Jahres-Abo
115 € pro Jahr
  • 12 Monate Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
  • 10 Ausgaben des exklusiven velobiz.de Magazins
Jetzt freischalten
30-Tage-Zugang
Einmalig 19 €
  • 30 Tage Zugriff auf alle Inhalte von velobiz.de
  • täglicher Newsletter mit Brancheninfos
Jetzt freischalten
Sie sind bereits Abonnent?
Zum Login