
Markt - Vororder 2026
Die richtige Orderstrategie – Update 2026
Nachdem der Markt im zweiten Jahr in Folge einstellig an Umsatz verliert und das jahrelange Wachstum zumindest vorläufig gestoppt ist und vermutlich auch nicht mehr in den Ausprägungen der letzten Jahre zukünftig zu erwarten ist, spüren wir einen deutlichen Bedarf hin zu mehr Zahlennähe, Planungssicherheit und -genauigkeit« sagt Steve Ehe, Mitglied der Geschäftsleitung der BBE Handelsberatung. »Nun steht ein Orderzyklus vor der Tür, in welchem das erste Mal seit zwei Jahren der Großteil der Händlerschaft wieder mit einem größeren verfügbaren Limit agieren kann«, fügt Ehe hinzu.
Markt stabilisiert sich allmählich
»Nach einem von Preisabschriften, niedrigen Margen und sinkenden Betriebsergebnissen geprägten Jahr 2024 stabilisieren sich bei vielen Marktteilnehmern langsam, aber sicher die Roherträge und gleichzeitig wurde auf der Kostenseite gegengesteuert«, so Florian Schöps, Manager Unternehmensberatung bei der BBE. »Die Bestände normalisieren sich allmählich, wenn auch nicht überall und nicht in jeder Warengruppe. Für die kommenden Saisonmonate und den anstehenden Einkauf ist es insbesondere wichtig, klar zu differenzieren: Einerseits sind bestimmte Warengruppen oder Modelle wie Gravel-, Renn- oder Kinderräder sehr knapp am Markt, andererseits wird es gleichzeitig immer noch Warengruppen mit starken Warenüberhängen geben.«
»Bei vielen Marktteilnehmern stabilisieren sich langsam aber sicher die Roherträge.«
Florian Schöps, BBE Handelsberatung
Bereits im letzten Jahr (Ausgabe 7-2024) wiesen Ehe und Schöps auf einen strukturierten Prozess des Orderns hin und eine Unterscheidung in strategische und operative Planung. Zusammengefasst geht es darum: Auf strategischer Ebene beschäftigt sich der Händler mit dem Markenportfolio und der Intensität mit seinen langjährigen Partnern generell – am besten auf Basis einer Entscheidungsmatrix. Zu dieser gehören u. a. Verkäuflichkeit, Kalkulation, Preis-Leistungs-Verhältnis, Image und Positionierung der Marke, Fachhandelstreue und Vertriebspolitik, Zukunftsfähigkeit und Preisstabilität. Die operative Planung ist eher »Handwerk«, angefangen bei einer Hochrechnung auf Basis der bisherigen Saisonabverkäufe und der voraussichtlichen bis Saisonende. Daraus ergibt sich der Gesamtumsatz, aus welchem wiederum der Wareneinsatz auf Basis der erwarteten bzw. erzielten Kalkulation errechnet wird. Danach kommt das Lager ins Spiel, bei dem die zu erwartenden Warenbestände berücksichtigt werden, sprich Lageran- oder abbau geplant wird. Diese Logik, angewendet auf Warengruppen, ergibt dann ein Budget je Warengruppe respektive Marke, bei der es dann in der Planung von Stückzahlen und Preislagen konkret wird. Ab hier kommt der Einkäufer mit seiner Erfahrung ins Spiel und muss je nach Radprogramm seine qualitativen Einschätzungen der Marken vornehmen und bei Bedarf auch mal Budget umschichten.
Ebenso wurde darauf hingewiesen, wieviel Kapitalbindung im Fahrradhandel in der Ware steckt: hohe Einkaufswerte, hoher prozentualer Wareneinsatz, sehr hohe Vororderquoten im Vergleich zu anderen Branchen und ein Wareneingang mit einem hohen Anteil zur umsatz- und somit häufig liquiditätsschwachen Jahreszeit sind hier wesentliche Faktoren. Gleichzeitig wird im Gegensatz zu anderen Branchen verhältnismäßig wenig in strukturierte Ordertools, Orderprozesse generell und auch in die Ressource Zeit und Planung beim Einkauf investiert, beobachten die beiden. »Dies kann man natürlich nicht pauschal für alle Händler sagen und es ist auch nicht nur Aufgabe der Händler. Ich sehe da alle Marktteilnehmer in der Pflicht«, so Schöps.
Da der Bedarf nach einem sauberen Planungsprozess und einem ausdifferenzierten und professionellen Tool von den beiden Handelsexperten gesehen und vom Markt erwartet werde, hat die BBE jüngst ein solches Tool entwickelt: »Mit EKPro haben wir den Anspruch, die beste Planung für den Radhandel bereitzustellen«, so Ehe. »Aktuell befinden wir uns in der Umsetzungsphase mit einem größeren Verbund von Händlern.« Das Tool ist dabei keine völlige Neuentwicklung, sondern baut auf den Erfahrungen aus anderen Branchen auf, insbesondere in der wesentlich kleinteiligeren Sportbranche. Das Tool ist also praxiserprobt und unterstützt dort bereits mehrere Dutzend Händler in ihrem Einkauf.
Mit neuem Tool Bauchgefühl und Zahlen zusammenbringen
»Wir passen das Tool auf die Bedürfnisse des Radhandels aktuell an und berücksichtigen die Besonderheiten der Branche. Wichtig ist uns aber, an der Stelle klar zu sagen: Ein gutes Einkaufsplanungs-Tool ist Grundlage für einen effektiven, einfacher zu steuernden Einkaufsprozess, der einen erfahrenen Einkäufer maximal unterstützt. Die Erfahrung und das Bauchgefühl sowie die letztendlichen Entscheidungen, eben auf einem sicheren Zahlenfundament, kann nur der erfahrene Einkäufer selber planen. Ein solches Tool soll datenbasierte und sinnvolle Leitplanken vorgeben«, so Ehe.
»Ein gutes Einkaufsplanungs-Tool ist Grundlage für einen effektiven, einfacher zu steuernden Einkaufs-prozess.«
Steve Ehe, BBE Handelsberatung
Wie dieses Tool im Detail funktioniert, was es leistet und wo seine Grenzen sind, werden wir in der nächsten Ausgabe des velobiz.de-Magazins beleuchten, in dem das Schwerpunktthema die Order ist.
Abschließend weist Florian Schöps noch auf einen wichtigen Punkt hin: »Betriebswirtschaftlich macht es Sinn, sich ein Budget für Sonderposten zu lassen. Es gibt einige Händler da draußen, die mit guten Sonderposten-Einkäufen im Jahr 2024 die Spannen aufgebessert haben. Das macht natürlich nur dort Sinn, wo Limit frei ist. Und irgendwann kommt der Punkt, wo der Markt kippt und es kaum noch gute Posten mehr gibt.« Sein Fazit lautet: »Etwas mehr Risiko hinsichtlich Posten, aber Vororder und Innovationen haben Vorrang.«
Gleichzeitig ist das auch eine Frage der Balance: Spekulieren auf richtig gute Schnäppchen von guten Marken ist kein Ansatz, der alleine über die nächste Saison tragen wird. Der Weg, voll auf die Innovationen der nächsten Saison zu setzen, ist sicher auch gangbar. Weder dem Postenjäger noch dem Innovationsführer wird es schaden, die Ansätze des jeweils anderen ebenfalls zu berücksichtigen. Hier ist dann wieder das Marktgespür des einzelnen Handelsbetriebs für seine jeweilige Zielgruppe gefragt. Dieses rechte Maß zu treffen, ist die Herausforderung und das, was guten Handel ausmacht. //
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