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Eurobike auf Höhenflug
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Eurobike-Macher im Interview:

"Die Wünsche der ZEG könnten wir hier durchaus abbilden"

"Die diesjährige Eurobike war sicher die größte und beste Messe, die wir je gemacht haben", sagt Eurobike-Leiter Stefan Reisinger. Die Fachmesse am Bodensee hat nicht nur für die Fahrradbranche eine besondere Bedeutung, auch für den Messestandort Friedrichshafen ist die Bikemesse nach zwei Jahrzehnten immer noch alles andere als Business as usual. Im Interview mit velobiz.de berichten Messe-Geschäftsführer Klaus Wellmann und Projektleiter Stefan Reisinger, mit welchen Konzepten und Themen die Eurobike ihren Erfolgskurs fortsetzen soll. Dabei könnte die ZEG durchaus eine Rolle spielen, heißt es aus Friedrichshafen. Gleichzeitig warnen die Messe-Macher vor einer Überbewertung des gegenwärtigen E-Bike-Hypes.

Eurobike auf HöhenflugStefan ReisingerKlaus Wellmann

{b}velobiz.de: Die Eurobike liegt nun auch schon wieder ein paar Tage zurück. Wie schätzen Sie den Erfolg der Eurobike mit etwas Abstand betrachtet ein? {/b}

Stefan Reisinger: Die diesjährige Eurobike war sicher die größte und beste Messe, die wir je gemacht haben. Wir konnten bei allen relevanten Indikatoren, wie den Besucher- und Ausstellerzahlen oder der Internationalität, noch mal deutlich zulegen. Was uns dabei besonders freut, ist, dass wir bei der Logistik und dem Service trotz den Zuwächsen noch einen Tick besser abgeschnitten haben. Die Anfahrt und das Parken am Gelände haben zum Beispiel besser funktioniert, als dies im Vorfeld von der Branche erwartet wurde.

{b}velobiz.de: Bei welchen Punkten haben Sie das Gefühl: Das hätten wir noch besser machen können? {/b}

Stefan Reisinger: Es gibt natürlich bei einer Veranstaltung in dieser Größenordnung immer Dinge, die hätten besser laufen können. Zumal die Eurobike eine Dimension besitzt, die für den Messestandort Friedrichshafen nicht alltäglich ist. Uns sind zum Beispiel in diesem Jahr bei der Auf- und Abbau-Logistik noch einige Dinge aufgefallen, die noch nicht gut gelöst waren. Oder beim neuen Parkplatz P4 Ost am Zeppelinhangar, der uns eine deutliche Entspannung bei der Parkplatzsituation gebracht hat. Da hätte man die Beschilderung bei der Zufahrt noch besser lösen können. Und auch der Untergrund war noch nicht optimal.

{b}velobiz.de: Änderungen in der Infrastruktur einer Messe brauchen vielleicht auch ein bis zwei Jahre, bis Sie von den Messebesuchern vollständig wahrgenommen werden…{/b}

Stefan Reisinger: Das kommt noch dazu. Der Eingang Ost, der im vergangenen Jahr erstmals für die Eurobike zur Verfügung stand, wurde beispielsweise in diesem Jahr schon deutlich stärker genutzt.

{b}velobiz.de: Jedes Unternehmen will wachsen. Da macht sicherlich auch die Eurobike keine Ausnahme. Welche Wachstumsmöglichkeiten hätte die Eurobike überhaupt noch? {/b}

Stefan Reisinger: Wir haben schon noch die eine oder andere Option, die wir noch ziehen könnten. Wir könnten zum Beispiel eine Verlängerung wie bei der Halle A3 auch noch an weiteren Hallen, wie beispielsweise der Halle A4, andocken, wo wir die gleichen Vorraussetzung mit den großen Hangar-Toren haben. Unser Fokus liegt aber bei der Eurobike weniger darauf, quantitativ zu wachsen, sondern eher darauf, das Niveau der Messe zu halten.

{b}velobiz.de: Aber da gibt es auch noch die große Was-wäre-wenn-Frage: Nämlich was wäre, wenn das Experiment der ZEG in München scheitert und die Einkaufsgenossenschaft irgendwann in den nächsten Jahren an Ihren Toren rüttelt. Wäre das überhaupt für die Eurobike darstellbar? {/b}

Klaus Wellmann: Ja, das wäre darstellbar. Da haben wir schon konkrete Ideen und diese auch der ZEG mitgeteilt.

{b}velobiz.de: Aber bisher ohne Resonanz? {/b}

Klaus Wellmann: Es gab eine Resonanz. Die war freundlich, aber schlussendlich noch ablehnend. Wir haben aber zur ZEG ein unverkrampftes Verhältnis. Die ZEG hat gewisse Wünsche und Formate für ihre Veranstaltung. Und die könnten wir hier durchaus abbilden.

{b}velobiz.de: Wie denn? {/b}

Klaus Wellmann: Da bitte ich um Verständnis, dass wir unsere diesbezüglichen Pläne und Ideen gegenwärtig noch nicht offen legen wollen. Eine entsprechende Diskussion in der Branche wäre derzeit auch noch eher hypothetischer Natur. Ich glaube aber, wir haben eine Lösung gefunden, die sowohl unsere Interessen als auch die der ZEG in Einklang bringen würde.

{b}velobiz.de: Die Eurobike war Jahrzehnte lang die Premierenmesse in der Fahrradbranche. Dieser Status hat durch die Bike Expo im Juli bereits gelitten. Inwiefern bereitet Ihnen nun die Verlegung der amerikanischen Fachmesse Interbike auf einen Termin Anfang August Kopfschmerzen? {/b}

Stefan Reisinger: Das bereitet uns eigentlich gar keine Kopfschmerzen. Wir haben die Eurobike in den vergangenen 20 Jahren zur führenden globalen Fahrradfachmesse gemacht. Ich denke, dass terminliche Aspekte für diese Entwicklung weniger ausschlaggebend waren.

{b}velobiz.de: Wie wichtig sind denn Produkt-Premieren noch für eine Messe? {/b}

Stefan Reisinger: Die Bedeutung von Premieren auf einer Messe hat sich zumindest in der Fahrradszene in den letzten Jahren sehr verändert. Inzwischen werden die ersten Neuheiten für das kommende Modelljahr ab Taipeh im März oder spätestens ab dem Sea Otter Festival im April der Öffentlichkeit vorgestellt. Modellwechsel finden inzwischen fließend unterm Jahr statt. Das starre Denken in Modellzyklen löst sich in unserer Branche gerade ein Stück weit auf.

{b}velobiz.de: Sie hatten den amerikanischen Markt mit verschiedenen Projekten auch selbst schon als Messeveranstalter im Blick, die sich aber bisher nicht umsetzen ließen. Ist dieses Thema für Sie durch? {/b}

Klaus Wellmann: Nein, das Thema ist nicht durch.

{b}velobiz.de: Die Idee bzw. der Wunsch, eine Bike-Messe in den USA zu starten, ist also nach wie vor vorhanden…{/b}

Klaus Wellmann: Die Idee ja, der Wunsch ist aber im Moment nicht so groß, dass wir hier aktiv werden müssten.

{b}velobiz.de: Ein Kontinent, auf dem Sie hingegen gerade sehr aktiv werden, ist Asien. Nachdem Sie bereits eine Outdoor-Fachmesse in China veranstalten, wurde jüngst nun deren Erweiterung um eine parallele Bike-Messe angekündigt. Öffnen Sie damit auch eine Hintertür ins asiatische OE-Business, das messemäßig gegenwärtig in Taichung und Taipeh dargestellt wird? {/b}

Stefan Reisinger: Das haben wir zumindest im Moment noch nicht auf dem Radar. Die Asia OutDoor hat sich in den letzten fünf Jahren von einer Messe, die zunächst sehr OEM-lastig war, zu einer richtigen Fachmesse für den chinesischen Handel entwickelt. Der Fachhandel für sportive Fahrräder steckt in China sicherlich noch in den Kinderschuhen. Mit der Doppelstrategie OutDoor und Bike wollen wir uns aber frühzeitig in einem Markt positionieren, der in China noch viel Potenzial hat. Wenn sich aus diesem Plan weitere Perspektiven ergeben sollten, dann wäre das wunderbar. Aber das ist kein Aspekt, der für uns gegenwärtig im Vordergrund steht.

{b}velobiz.de: E-Bikes spielen im Fahrradmarkt und auch auf der Eurobike eine immer wichtigere Rolle. Gibt es Pläne, dieses Thema auf der Eurobike künftig noch weiter in den Vordergrund zu schieben? {/b}

Klaus Wellmann: Das E-Bike wurde bereits auf der letzten Eurobike sehr exponiert. Wir haben für das E-Bike eine Bühne geschaffen, wie es sie bisher in der Fahrradszene noch nicht gegeben hat. Zum Beispiel mit den erweiterten Testmöglichkeiten, mit denen nicht nur eine weitläufige und realitätsnahe Teststrecke geboten wurde, sondern auch unmittelbarer Kontakt zu den E-Bike-Spezialisten der verschiedenen Anbieter. Auch bei den Medien stand das E-Bike während der Eurobike ganz klar im Mittelpunkt des Interesses. Wir als Messeveranstalter sollten vielleicht ein wenig darauf achten, dass künftig das Thema Fahrrad nicht aufs E-Bike reduziert wird. Vor allem bei den fachfremden Medien sehe ich durchaus diese Gefahr. Das Fahrrad als Sport- und Freizeitgerät und vor allem auch Verkehrsmittel ist immer noch das Kerngeschäft dieser Branche.

Stefan Reisinger: Die Entwicklung der E-Bikes in den letzten zwei bis drei Jahren zeigt viele Parallelen zum Mountainbike-Markt vor zwanzig Jahren. Viele Erfahrungen von damals lassen sich auch heute wieder anwenden. Und eine lautet: Je mehr sich das E-Bike in den nächsten Jahren im Markt etabliert, desto stärker werden auch wieder andere Produktsegmente in den Fokus rücken. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir hier in den nächsten Jahren noch einige Verschiebungen im Markt sehen werden.

{b}velobiz.de: Ein Diskussionsthema, das zumindest nach meiner Wahrnehmung nach der letzten Eurobike wieder aufgekommen ist, ist die Dauer der Messe. Die Eurobike ist sehr groß und sehr gut besucht, mit vier Tagen aber vergleichsweise kurz. Sehen Sie hier als Messeveranstalter Veränderungsbedarf oder sind die vier Tage in Stein gemeißelt? {/b}

Klaus Wellmann: Solche Fragen sind natürlich nicht in Stein gemeißelt. Die Einführung des Demo Day war vor diesem Hintergrund bereits eine Verlängerung der Messe, der insbesondere für den Kontakt zur Presse inzwischen ein wichtiger Part für viele Aussteller geworden ist. Darüber hinaus befragen wir nach jeder Eurobike die Aussteller zur Länge der Messe. Es gibt auch unter den größeren Ausstellern einzelne Stimmen, die einen fünften Messetag wünschen. Aber zumindest für das nächste Jahr sagt uns die deutliche Mehrheit der Aussteller, dass es bei vier Tagen bleiben soll.

{b}velobiz.de: Wobei dies vielleicht eine Frage ist, die nicht nur von den Ausstellern, sondern vor allem auch von den Besuchern beantwortet werden müsste…{/b}

Stefan Reisinger: Wir fragen das Thema auch ganz konkret bei unseren Fachbesuchern ab. Auch dort ist die große Mehrheit mit vier Tagen Laufzeit zufrieden. Ich glaube, mit der Vorverlegung der Eurobike um einen Tag sowie verlängerten Öffnungszeiten pro Tag und somit mehr Netto-Arbeitszeit auf der Messe hat sich diese Problematik in den letzten Jahren auch für die Fachbesucher deutlich entschärft.

{b}Das Interview mit Klaus Wellmann und Stefan Reisinger führte Markus Fritsch.{/b}

7. Oktober 2010 von Markus Fritsch

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