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Frank Döring
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Interview - Frank Döring

»Eine zentrale Frage lautet, woher Fachkräfte künftig kommen können«

Eine demografische Entwicklung, die immer weniger Kinder hervorbringt, bedeutet auch, dass für den beruflichen Nachwuchs in unserer Branche immer weniger junge Menschen zur Verfügung stehen. velobiz.de Magazin sprach mit Frank Döring, dem Bundesinnungsmeister für das Zweiradmechaniker-Handwerk, über die Nachwuchssorgen der Zweiradbranche.

{b}Herr Döring, was macht ein Bundesinnungsmeister?{/b}
Das lässt sich vielleicht leichter beantworten, wenn ich zunächst erkläre, was ein Bundesinnungsverband macht. Der Bundesinnungsverband ist vom Bundeswirtschaftsministerium hoheitlich damit beauftragt, ein Berufsbild zu schaffen. Die Gestaltung der Aus- und Weiterbildung im Berufsbild Zweiradmechaniker ist eine unserer zentralen Aufgabe. Desweiteren sind wir als Interessenvertretung des Zweiradmechaniker-Handwerks auf politischer Ebene tätig und informieren die Betriebe über wichtige Änderungen im Marktumfeld. Der Bundesinnungsverband hat einen gewählten Präsidenten, und der nennt sich Bundesinnungsmeister.

{b}Die Innung ist also das Pendant zum Einzelhandelsverband, nur eben mit handwerklicher Ausprägung.{/b}
Das könnte man so sagen. Wir arbeiten auch mit dem Verband des Deutschen Zweiradhandels (VDZ), der ja die Dachorganisation der in den Einzelhandelsverbänden organisierten Zweiradhändler ist, eng zusammen.

{b}Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen hat 2011 dramatisch zugenommen. Gegenüber 2010 blieben 50 % mehr Ausbildungsplätze unbesetzt. Ist das eine Situation, die auch das Zweirad-Handwerk trifft?{/b}
Ja, auf jeden Fall. Und ich kenne auch keine Branche, die das zur Zeit nicht betrifft.

{b}Ist das eine rein demografische Entwicklung? Oder spielen hier noch andere Gründe eine Rolle?{/b}
Nein, das hat schon überwiegend demografische Gründe. Wir leben in einer schrumpfenden Gesellschaft, die immer weniger Kinder in die Welt setzt. Dieser Trend lässt sich auch nicht so einfach umkehren. Mit den daraus entstehenden Problemen werden wir uns also auch in Zukunft auseinandersetzen müssen. Eine zentrale Frage für unsere Volkswirtschaft und auch bei uns im Verband lautet somit, woher Fachkräfte künftig kommen können.

{b}Hat dieser Mangel an Nachwuchs schon konkrete Auswirkungen auf unsere Branche?{/b}
Ja, die hat er defintiv. In der Fahrradbranche zeichnet sich ganz deutlich ab, dass sich die Wertschöpfung immer mehr Richtung Service bewegt. Noch vor ein paar Jahren haben die meisten Handelsbetriebe im Service-Sektor kein Potenzial gesehen. Durch das Nachfrage-Verhalten am Markt hat sich das jedoch geändert. Fahrräder werden immer hochpreisiger verkauft, die E-Bikes kommen dazu und die Technik wird anspruchsvoller. Dadurch entsteht auch beim Verbraucher eine stärkere Wertschätzung für einen adäquaten Service, wie er ihn beispielsweise vom Kraftfahrzeug schon kennt. Ohne entsprechendes Fachpersonal kann der Handel dieses Potenzial jedoch nicht ausschöpfen. Insofern hat ein handwerklicher Fachkräftemangel für die Branche sehr gravierende Auswirkungen.

{b}Haben Sie als Innung, auf die Frage, woher Fachkräfte künftig kommen können, denn schon eine Antwort gefunden?{/b}
Bisher bedeutete die Erstausbildung das Ansprechen von Jugendlichen. Die stehen jedoch nicht mehr in ausreichender Zahl als beruflicher Nachwuchs zur Verfügung. Zudem haben sich auch die Vorstellungen junger Menschen, was sie aus ihrem Leben machen wollen, ein Stück weit verändert. Da passt eine handwerkliche Ausbildung mitunter nicht mehr ins Schema. Gleichzeitig gibt es aber viele Menschen, die schon ein Stück Leben hinter sich haben und auch schon Berufserfahrung besitzen. In dieser Gruppe gibt es einige Menschen, die nicht nur mit dem Fahrrad sympathisieren, sondern auch erkennen, dass in diesem Markt künftig durchaus Geld zu verdienen ist. Für uns als Innung stellt sich die Frage, wie wir solche Personen für eine Karriere in unserer Branche adäquat qualifizieren können.

{b}Haben Sie denn die Jugend als Nachwuchs für den Fahrradhandel schon aufgegeben?{/b}
Nein, das Handwerk bietet jungen Menschen nach wie vor eine attraktive berufliche Zukunft. Wir haben nur nach meiner Meinung ein bisschen spät, aber schlussendlich doch erkannt, dass wir als Handwerk für unsere Berufe mehr Werbung betreiben müssen. Viele Branchen im Handwerk haben da auch durch das mitunter hohe Alter der Entscheider vielleicht etwas zu phlegmatisch gehandelt. Aber das hat sich inzwischen geändert, wie beispielsweise die jüngsten Image-Kampagnen für das Handwerk auch zeigen.

{b}Ist denn insbesondere der Beruf des Zweiradmechanikers für junge Menschen attraktiv genug?{/b}
Oder muss der Beruf noch mehr aufgehübscht werden?
Attraktiv ist der Beruf zweifelsohne. Das Fahrrad hat sehr viele positive Attribute. Das hat was mit Sport, Fitness und Ergonomie zu tun. Teilweise aber auch mit Coolness. Das ist auch ein Beruf, der nicht so einen körperlichen Verschleiß wie in anderen Handwerksberufen fordert.

{b}Das spräche dafür, mehr Mädchen für die Ausbildung zum Zweiradmechaniker zu gewinnen. Gelingt das oder haben wir hier noch Defizite?{/b}
Die Mädchen, die sich technisch interessieren und nach einer entsprechenden Ausbildung umschauen, landen sehr häufig beim Zweiradfach. Das betrifft übrigens genauso die Erstausbildung, als auch die weitere Ausbildung zum Meister. Das sind zunehmend junge Frauen dabei. Das spiegelt vielleicht auch ein Stück weit die Entwicklung wider, dass auch der Radsport gegenwärtig immer mehr Zulauf durch Frauen erfährt.

15. Februar 2013 von Markus Fritsch
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