
Recht - Akkreditive & Co.
Forderungssicherung in Warenvertrieb und Exportgeschäft
Wer schon einmal eine Forderung gegen einen Käufer im unternehmerischen Warenverkehr durchsetzen musste, wird die Anstrengungen und Unsicherheiten kennen, die damit verbunden sind. Selbst im Inland begegnet dem Gläubiger ein mühsames und langwieriges Gerichtsverfahren. Die Kosten sind bei den Gegenstandswerten, um die es bei B2B-Warenverkäufen üblicherweise geht, beachtlich und häufig bekommt der Gläubiger auch bei vollständigem Obsiegen keinen vollständigen Kostenersatz.
Grenzüberschreitender Forderungseinzug ist üblicherweise noch umständlicher, langwieriger, teurer und ungewisser. In bestimmten Ländern lassen sich deutsche Urteile nicht einmal vollstrecken, ein deutsches Urteil ist dann nutzlos. Ausländische Verfahren, zumal in Drittstaaten, unterliegen häufig nicht denselben Standards wie deutsche oder EU-Verfahren. Selbst wenn ein deutsches Urteil aber im Ausland vollstreckt werden kann, ist diese Vollstreckung häufig mühsam und ungewiss.
Über allen Verfahren zum Forderungseinzug schwebt zudem das Damoklesschwert der Insolvenz des Schuldners. Gläubiger sollten nicht unterschätzen, dass ein Verfahren mehrere Jahre dauern kann und sich eine Insolvenz, die anfangs nicht absehbar ist, auch später noch abzeichnen oder materialisieren kann.
Gläubiger sollten und werden sich daher die Frage stellen, wie sie Kaufpreisforderungen im unternehmerischen Warenvertrieb sichern können.
Die Vorkasse als beste Forderungssicherung
Die einfachste Form der Absicherung ist die Vorkasse. Gerade bei Erstgeschäften oder Kunden mit schwacher Bonität kann es sinnvoll sein, auf Zahlung vor Lieferung zu bestehen. In der Praxis ist Vorkasse allerdings oft schwer durchsetzbar, insbesondere bei großen Kunden oder im Wettbewerb mit anderen Anbietern. Wenn die Vorkasse durchgesetzt werden kann, ist sie aber unschlagbar. Bei teilweiser Vorkasse, wie sie häufig vereinbart wird, sollten Verkäufer nicht vergessen, dass die Restforderung unbesichert bleibt. Das bedeutet, dass selbst bei verbleibenden 20 Prozent diese Summe eben auch noch eingeklagt werden muss. Häufig stehen gerade dann der Aufwand und die Kosten eines Gerichtsverfahrens außer Relation zum Restnutzen, nämlich der Eintreibung der Restforderung.
Der Eigentumsvorbehalt als Druckmittel im Insolvenzfall
Eine weitere Möglichkeit ist der Eigentumsvorbehalt. Hierbei bleibt die gelieferte Ware bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Lieferanten. In Deutschland ist der Eigentumsvorbehalt gesetzlich anerkannt und weit verbreitet. Bei der Lieferung von Komponenten wird er häufig als verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart, sodass der Verkäufer auch bei Einbau oder Verarbeitung der Komponenten geschützt bleibt.
Im Ausland hängt die Wirksamkeit jedoch stark vom nationalen Recht ab. In manchen Ländern muss der Eigentumsvorbehalt registriert werden oder ist gar nicht durchsetzbar. Unternehmen sollten daher im Auslandseinsatz konkret prüfen, ob und wie sie den Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbaren können, und sich gegebenenfalls beraten lassen.
»Wichtig ist, Sicherungsinstrumente von Anfang an in die Vertrags-gestaltung einzubeziehen.«
Johannes Brand, Buse
Zudem ist der Eigentumsvorbehalt – abhängig vom jeweiligen Land, in dem die Ware sich befindet – auch insolvenzfest. Der Eigentumsvorbehalt bietet daher eine gute Möglichkeit, mit dem Insolvenzverwalter über die Begleichung offener Forderungen oder aber die Rückgabe der Ware zu verhandeln.
Das Dokumentenakkreditiv als Sicherungsmittel
Bewährt im Exportgeschäft in Drittländer ist das Dokumentenakkreditiv. Hierbei stellt die Bank des Käufers sicher, dass der Lieferant gegen Vorlage bestimmter Dokumente (z. B. Frachtpapiere, Ursprungszeugnisse, Zollbelege) die Zahlung erhält. Das Akkreditiv bietet eine hohe Zahlungssicherheit, reduziert aber die Flexibilität und verursacht Kosten. Fehler in den Dokumenten können zu Zahlungsverzögerungen oder Ablehnungen führen. Eine saubere und rechtzeitige Vertragsgestaltung ist daher essenziell.
Nichts ist ärgerlicher, als ein Akkreditiv in Händen zu halten, das sich als nutzlos entpuppt, weil die Dokumente für dessen Einlösung nicht vorliegen. Ein Beispiel gefällig? Das Akkreditiv verlangt die Vorlage von Frachtpapieren. Bedauerlicherweise haben die Parteien aber die Incoterms-Klausel »EXW«, also »ex works« vereinbart. Der Käufer hat die Ware abgeholt und ist damit über alle Berge. Der Verkäufer hat nun logischerweise keine Frachtpapiere vorliegen, kann also das Akkreditiv nicht liquidieren und ist darauf angewiesen, dass der Verkäufer freiwillig zahlt, was eigentlich nicht der Plan war.
Bürgschaften als ähnliche Sicherungsmöglichkeit
Bürgschaften sind dem Akkreditiv sehr ähnlich, aber etwas weniger formalisiert. Sie bieten sich eher im innerdeutschen Rechtsverkehr oder innerhalb der EU an. Eine Bank oder Versicherung oder ein Mutterkonzern verbürgt sich für die Zahlungspflicht des Käufers. Gerade bei größeren Aufträgen oder neuen Geschäftspartnern kann dies sinnvoll sein. Allerdings entstehen auch hier Kosten und es ist die Bonität des Bürgen zu prüfen.
Kreditversicherungen
Schließlich bieten Kreditversicherungen Schutz gegen Zahlungsausfälle. Sie decken Forderungen bis zu einem bestimmten Betrag ab und prüfen zudem vorab die Bonität des Kunden. Für regelmäßige Exporteure, etwa größere Fahrradhersteller oder Teilelieferanten, kann dies eine sinnvolle Investition sein. Allerdings decken Versicherungen selten politische Risiken ab, wie etwa Zahlungsverbote bei Sanktionen.
Vertragsgestaltung als Grundlage der Absicherung
Wichtig ist, Sicherungsinstrumente von Anfang an in die Vertragsgestaltung einzubeziehen. Ein klar formulierter Kaufvertrag, der etwa ein Dokumentenakkreditiv, eine Bürgschaft oder einen Eigentumsvorbehalt vorsieht, schafft Sicherheit auf beiden Seiten.
Besonders im Exportgeschäft lohnt sich die Vereinbarung von Gerichtsstand und anwendbarem Recht. Im Streitfall kann es entscheidend sein, ob deutsches oder ausländisches Recht gilt und welches Gericht zuständig ist. Viele Unternehmen vereinbaren deutsches Recht und deutsche Gerichte, um bekannte Verfahren und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Bei größeren Lieferungen kann auch die Schiedsgerichtsbarkeit eine Alternative sein. Schiedsverfahren bieten schnelle Entscheidungen und sind international leichter vollstreckbar. Gerade im Exportgeschäft mit außereuropäischen Staaten kann dies ein großer Vorteil sein.
Bonitätsprüfung und Risikomanagement
Vor Vertragsabschluss sollten Unternehmen die Bonität des Kunden sorgfältig prüfen. Wirtschaftsauskunfteien bieten Informationen zur Zahlungsfähigkeit und zum Zahlungsverhalten. Gerade bei Erstgeschäften oder bei Lieferungen in politisch instabile Regionen ist eine sorgfältige Risikoprüfung unabdingbar.
Darüber hinaus sollten Unternehmen ein systematisches Forderungsmanagement etablieren. Dazu gehören klare Zahlungsbedingungen, konsequente Mahnprozesse und eine schnelle Reaktion auf Zahlungsverzögerungen. Je früher Probleme erkannt werden, desto größer sind die Chancen, Forderungen erfolgreich durchzusetzen.
Vermeidungsstrategien: Risiken frühzeitig erkennen
Unternehmen sollten versuchen, Zahlungsausfälle nicht nur abzusichern, sondern von vornherein zu vermeiden. Dazu gehört, realistische Zahlungsziele zu setzen und Kunden, die problematisch erscheinen, rechtzeitig von der Belieferung auszuschließen.
Auch eine enge Abstimmung zwischen Vertrieb und Buchhaltung hilft, Risiken frühzeitig zu erkennen. Wenn der Vertrieb weiß, welche Kunden in Verzug geraten sind oder welche Region politische Risiken birgt, kann dies die Auswahl der Sicherungsinstrumente entscheidend beeinflussen.
Forderungssicherung auf Einkaufsseite
Übrigens sollten auch Einkäufer nicht vergessen, dass sie ihrerseits Forderungen sichern müssen, nämlich Ansprüche aus Garantie oder Gewährleistung. Wer Komponenten oder Fahrradrahmen aus Taiwan kauft, wird mit der Durchsetzung von Ansprüchen beachtliche Probleme haben, wenn nicht gerade eine Schiedsklausel vereinbart ist. Selbst dann wird ein Verfahren allerdings teuer. Einkäufer könnten bei hochvolumigen Rahmenverträgen daher auch andenken, Sicherungsmittel für ihre möglichen Gewährleistungs- oder Garantieansprüche zu verhandeln.
Fazit
Warenvertrieb im Allgemeinen und Export im Besonderen bergen naturgemäß wie jeder Handel auch Zahlungsausfallrisiken. Unternehmen der Fahrradbranche sollten die verschiedenen Möglichkeiten der Kreditsicherung kennen und je nach Kunde, Produkt und Zielland klug auswählen.
Sicherungsinstrumente wie Akkreditive, Eigentumsvorbehalte oder Kreditversicherungen, eine saubere Vertragsgestaltung sowie ein professionelles Forderungsmanagement sind zentrale Bausteine, um Forderungsausfälle zu vermeiden oder zumindest abzufedern. Eine vorausschauende Planung zahlt sich aus: Sie erhöht die Zahlungssicherheit, reduziert Streitigkeiten und sichert so den nachhaltigen Erfolg im internationalen Fahrradmarkt.
für unsere Abonnenten sichtbar.