9 Minuten Lesedauer
Tobias Gröber und Klaus Dittrich
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Münchner Messe-Macher im Interview:

"Für eine Bike-Expo in München ist die kritische Masse erreicht"

Seit der Ankündigung der Messe München, mit der Bike Expo ab Ende Juli in den Ring der Fahrradmesse-Veranstalter zu steigen, tobt in der Branche eine kontrovers und auch sehr emotional geführte Diskussion. Ungeachtet der strittigen Frage, ob die Fahrradbranche wirklich eine Alternative zur Eurobike braucht, kann die Münchner Messe mit der Partnerschaft zur Einkaufsgenossenschaft ZEG aber auch mit eigenen Stärken bereits zur Premiere der Bike Expo einiges Gewicht in die Wagschale werfen. Wenn gleich es in München heißt, keinen "Frontalangriff" auf die Eurobike zu planen, wird doch betont, dass "Wachstumspotenzial und ausreichend Fläche für alle Segmente des Fahrradmarkts" vorhanden sind. Im Interview mit velobiz.de gaben Klaus Dittrich, Geschäftsführer der Messe München, und Tobias Gröber, Geschäftsbereichsleiter der Ispo-Group, detailliert Auskunft über die Pläne der Messemacher.

{b}velobiz.de:{/b} Das Thema Fahrradmesse stand in München vor rund zehn Jahren schon einmal auf der Tagesordnung. Was hat Sie dazu bewogen, die Pläne nun wieder aus der Schublade zu holen?

{b}Tobias Gröber:{/b} Wir haben das Thema Fahrradmesse in den vergangenen zehn Jahren eigentlich nie ganz aus den Augen gelassen. Auch der Name Bike Expo und die entsprechende Internet-Domain wurden von uns in den vergangenen zehn Jahren geschützt. Wir sehen für eine Fahrradmesse insbesondere in München ein großes Potenzial. München bietet einerseits den urbanen Charakter einer Millionen-Metropole, hat aber gleichzeitig durch die Nähe zu den Bergen auch ein sehr sportliches Flair. Aus einer ganzen Reihe von Blickwinkeln kann sich München damit als eine der Fahrrad-Hauptstädte in Deutschland bezeichnen.

Hinzu kam, dass im Nachgang der zwei Fachmessen Eurobike und Ifma aus den unterschiedlichsten Richtungen sehr viel Interesse an unserem Messe-Standort bekundet wurde. Dieses Interesse kam aus dem Fachhandel und aus der Industrie, aber auch von Agenturen, die angefragt haben, ob wir ihnen eine Halle für eine Fahrradmesse mit angeschlossenem Event vermieten können.

So etwas passiert im Leben eines Messeveranstalters relativ selten, dass man in so einer kurzen Zeit so viel Interesse erfährt - ausgelöst sicherlich auch durch die Entscheidung der Messe Köln, die Ifma in die Intermot einzugliedern und damit aus dem Fokus der Fahrradbranche zu nehmen. Und natürlich auch durch die Situation der Eurobike, die mit ihrem unbestrittenen Erfolg am Limit ihrer Kapazitäten ist.

Mit dieser Situation konfrontiert, haben wir entsprechende Gespräche mit der Branche geführt. Auch die ZEG kam auf uns zu, die vor der Wahl stand, in diesem Jahr eine Hausmesse in Köln zu veranstalten oder eine neue Messe mit Zukunftspotenzial zu unterstützen.

Diese verschiedenen Einflüsse haben bei uns zu der Auffassung geführt, dass für eine Bike-Messe in München eine kritische Masse erreicht wäre. Und dass wir somit bereit sind, den bereits schon länger existierenden Plan einer Fahrradmesse umzusetzen. Allerdings nicht, wie das teilweise schon interpretiert wurde, als Frontalangriff auf Friedrichshafen. Wir werden bei der Bike Expo andere Schwerpunkte setzen als die Eurobike.

{b}velobiz.de: {/b}Zielt Ihr Konzept also auf eine längerfristige, parallele Existenz von Bike Expo und Eurobike?

{b}Tobias Gröber: {/b}Letztlich müssen die Marktteilnehmer entscheiden, an welcher Messe sie teilnehmen. Der Standort München bietet natürlich Wachstumspotenzial und ausreichend Fläche für alle Segmente des Fahrradmarkts. Unser Ansatz ist aber zunächst, jene Marktsegmente zu bedienen, die teilweise zwar den Brot-und-Butter-Charakter haben, die aber auch den meisten Umsatz generieren. Wir wollen das Thema zudem auch emotionalisieren. Andererseits wollen wir den jungen, eher Lifestyle-orientierten Bereichen ein Podium bieten. Und dafür ist München prädestiniert.

{b}velobiz.de: {/b}Die Bike Expo soll also einerseits die Alltagsmobilität mit dem Fahrrad in den Vordergrund stellen, andererseits aber auch sehr viele junge Event-Elemente beinhaltet. Wird man hier später einen Schwerpunkt feststellen können?

{b}Klaus Dittrich: {/b}Das größere Wachstumspotenzial liegt sicherlich in der Bike Expo als Business-Plattform. Ein Endverbraucher-Event hat immer einen regionalen Einzug. München ist dabei zwar sicherlich ein sehr attraktives Umfeld, aber die Reichweite einer Publikumsveranstaltung ist limitiert. Kaum jemand wird aus Hamburg anreisen, um hier am Publikumstag teilzunehmen. Bei den Fachbesuchern wird die Bike Expo hingegen von Anfang an eine bundesweite Bedeutung besitzen.

{b}velobiz.de: {/b}Mit dem von Ihnen geplanten Termin Ende Juli besteht die Gefahr eines Zielgruppen-Konflikts auf der Messe. Für das kommende Modelljahr wäre es zumindest beim Publikum eine sehr frühe, viele werden sagen, zu frühe Präsentation, während das aktuelle Modelljahr aber gleichzeitig schon fast durchgelaufen ist. Wie wollen Sie das lösen? Wird es beispielsweise getrennte Bereiche für Fachbesucher und Publikum geben?

{b}Tobias Gröber: {/b}Nein, eine Abtrennung dahingehend, dass eine Halle nur für Fachbesucher zugänglich ist, wird es nicht geben. Die Bike Expo wird an zwei Tagen nur für Fachbesucher geöffnet sein und an zwei Tagen auch für Endverbraucher. Das ist ein Konzept, das sich bei vielen Fachmessen schon bewährt hat. Wie und welche Neuheiten auf der Bike Expo präsentiert werden, wird auch davon abhängen, wie die Aussteller damit umgehen. Manche Aussteller werden sicherlich kein Problem haben, dem Publikum schon die Highlights des kommenden Jahres zu zeigen. Andere werden vielleicht an den ersten zwei Tagen ihre Neuheiten vorstellen, und dann das Sortiment anpassen und nur einige wenige Highlights vorstellen – auch weil ein Verbraucher andere Interessen als ein Händler hat.

{b}Klaus Dittrich: {/b}Die Diskussion um den Termin der Bike Expo wird ja in der Fahrradbranche sehr emotional geführt. Aber ich denke, man muss das Ganze etwas nüchterner sehen. Andere Branchen stellen ihre Neuheiten zum Teil auch schon sehr früh dem Verbraucher vor. Aber nicht jeder Besucher beispielsweise der Automesse IAA kauft sich gleich ein neues Auto nur weil er auf der Messe das neueste Modell von Ferrari oder Maserati gesehen hat. So ein Event fördert die Begeisterung der Verbraucher, und das ist auch genau die Zielsetzung der Bike Expo. München bietet hier ein großes Potenzial. Wir haben die optimalen Rahmenbedingungen, wir haben die Begeisterung für das Fahrrad. Und davon profitiert sicher auch der Fachhandel.

{b}Tobias Gröber: {/b}Teilweise sind die neuen Modelle zudem ab Anfang September schon im Handel erhältlich. Und auch die Medien berichten schon weit vor den Messen über die kommenden Neuheiten.

{b}velobiz.de: {/b}Die Ankündigung der Bike-Expo kam sehr spät, nur sechs Monate bevor die Messe stattfinden soll und zu einem Zeitpunkt, zu dem die meisten Marktteilnehmer ihre Messeplanung für 2009 bereits abgeschlossen haben. Ist die Vorlaufzeit für eine neue Messe nicht eigentlich zu knapp bemessen?

{b}Tobias Gröber: {/b}In einigen Branchen, vor allem bei den Investitionsgütern, wäre eine Messe in dieser kurzen Zeit nicht zu machen. Ich denke aber, dass es im Konsumgüterbereich durchaus nicht ungewöhnlich ist, mit kurzen Vorlaufzeiten zu arbeiten. Für uns ist es jedenfalls kein Problem, die Bike Expo bis Ende Juli umzusetzen. Und für die Marktteilnehmer offenbar auch nicht: Wir haben bereits unmittelbar nach unserer Pressemitteilung zur Bike Expo viele Anfragen von Ausstellern bekommen. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch nicht mal das Anmeldeformular fertig.

Knackpunkt Termin

{b}velobiz.de: {/b}Was hätte denn gegen einen späteren Termin gesprochen, der sicherlich für die Branche leichter zu verdauen gewesen wäre?

{b}Tobias Gröber: {/b}Der Termin Ende Juli hat eben auch den Charme, dass die Neuheiten schon recht früh vorgestellt werden können. Einige Fahrradmarken haben ihr Modelljahr zu diesem Zeitpunkt ja schon fertig. Wir werden damit auch einen Schwerpunkt auf die Medien setzen, auch über die Erfahrung und Kompetenz die wir hier im Ispo-Team haben. Und es ist zudem ein Termin, der einem Teil der Branche ausgesprochen entgegen kommt, nämlich den Anbietern von Accessoires und Bekleidung.
Wir wissen natürlich durchaus, dass wir viele Anbieter mit dem kurzen Vorlauf unter Druck setzen. Aber unsere Erwartung ist auch nicht, dass wir mit der Bike Expo schon bei der Premiere 16 Hallen füllen. Unser Ziel für dieses Jahr sind drei bis vier Hallen plus das Außengelände. Wir wollen einen sauberen, guten Event machen. Wir haben durch die Ispo auch die Kompetenz bei der Fachhandelsansprache. Und wir haben mit der ZEG und den Agenturen Rasoulution und Plan B für den Event-Bereich die kompetentesten Partner, die man sich vorstellen kann. Mit diesen Faktoren wollen wir einen so hohen Besuch und eine so hohe Aufmerksamkeit generieren, dass hinterher jeder sagt: Das war eine gute Messe.

{b}Klaus Dittrich: {/b}Letztendlich spielt bei der Terminfrage auch eine Rolle, dass die Sommerferien in Bayern bis Mitte September gehen. Danach kommt fast nahtlos das Oktoberfest.

{b}velobiz.de: {/b}Eine Bike Expo in den bayrischen Sommerferien oder während des Oktoberfests würde hier also auch messetechnisch nicht funktionieren…

{b}Tobias Gröber: {/b}Nein. Aber der August ist grundsätzlich kein guter Messe-Monat. Italien, Frankreich und Bayern sind in diesem Monat komplett weg. Mit dem Termin liegen wir jetzt so, dass noch eine Woche Schule ist. Damit ist auch ein großer Zulauf von Verbrauchern gewährleistet. Das war sicherlich mit ein Grund für die Terminwahl.

{b}velobiz.de: {/b}Herr Dittrich, Herr Gröber, vielen Dank, dass Sie sich trotz prall gefülltem Ispo-Terminkalender die Zeit für dieses Gespräch genommen haben.

Das Interview mit Klaus Dittrich und Tobias Gröber führte Markus Fritsch.

6. Februar 2009 von Markus Fritsch

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