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Pedelec beim Strahlentest
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Auf Stiwa-Pressekonferenz

Pedelec-Test: Testleiter Brackemann nimmt Industrie in die Pflicht

Gestern hatte die Stiftung Warentest die Ergebnisse ihres jüngsten Pedelec-Tests veröffentlicht. Auch der ADAC, Partner der Stiftung Warentest bei der Untersuchung, informiert auf seiner Website ausführlich über die Testergebnisse. Auf der gestrigen Pressekonferenz ging Testleiter Dr. Holger Brackemann mit der Fahrradindustrie hart ins Gericht. Die ersten betroffenen Fahrradhersteller haben bereits reagiert und ihre Einschätzung zum Pedelec-Test abgegeben.

Während bei der Stiftung Warentest für den Abruf aller Testergebnisse 2,50 EUR fällig sind, gibt es die bei Partner ADAC auf der Website adac.de zum Nulltarif. Dort sind auch Bilder und Videos zum Test sowie einige Informationen zur Methodik und Hintergrund des Tests hinterlegt.
Die redaktionelle Aufarbeitung beider Institutionen unterscheidet sich im Grundtenor freilich nur wenig: Da zwei Rahmen und drei Lenker im Belastungstest brachen, Schwächen bei den Bremsanlagen festgestellt wurden und, was im Vergleich zum letzten Test aus dem Jahr 2011 eine ganz neue Feststellung ist, eine Störwirkung auf den Funkverkehr durch elektromagnetische Wellen nachgewiesen wurden, spricht der ADAC von „Eklatanten Mängeln“ bei Pedelecs, die Stiwa titelt mit „Das Risiko fährt mit“.

Urteilsbegründung

In seiner Rede bei der gestrigen Pressekonferenz sprach Testleiter Dr. Holger Brackemann zunächst die hohen Kosten des Pedelec-Tests an, an dem fünf Prüfinstitute mitgewirkt hätten. „Allein die Prüfkosten betragen pro Fahrrad etwa 15.000 Euro, dazu kommen bis zu fünf von uns gekaufte Prüfmuster pro Modell, so dass pro Fahrrad Kosten von etwa 25.000 Euro angefallen sind. Eine Anstrengung, die wir gemeinsam mit den Kollegen vom ADAC geschultert haben.
Den Herstellern warf Brackemann, dass die Qualitätssicherung der Hersteller mit dieser Entwicklung offensichtlich nicht habe Schritt halten können und spricht von „katastrophalen Testergebnissen“, die noch einmal schlechter gewesen seien, als im ersten Elektrofahrradtest 2011.
Im Anschluss ging Brackemann auf die Prüfverfahren im Detail ein, die teilweise nicht der europäischen Norm entsprächen, weil die „leider keine realitätsnahen Prüfungen“ vorsehen würden, wie Brackemann sagt. Das gilt für die Prüfungen der Stiwa der Lenker, nicht jedoch für die Bremsprüfungen, bei der man sich offenbar vollständig an den europäischen Normanforderungen gehalten habe.
Ausführlich berichtete Brackemann über den Punkt Elektromagnetische Verträglichkeit, bei der zwei Modelle knapp die europäischen Grenzwerte gerissen hätten, zwei weitere jedoch deutlich über den Grenzwerten lägen. Alle vier Modelle dürften eigentlich gar nicht verkauft werden, teilte Brackemann mit. Er geht davon aus, dass sich nach Veröffentlichung des Tests, die Marktaufsichtsbehörden um diese Fahrräder kümmern werden.
Auch Elektro-Konzern Bosch musste von Brackemann Kritik einstecken: So seien bei allen vier Bosch-Akkus mit 11 Amperestunden bei der Kurzschlussprüfung die Einzelzellen abgebrannt. Das sei für den Radler zwar keine unmittelbare Gefahr, jedoch würden die UN-Anforderungen zur Transportsicherheit nicht eingehalten.
In Richtung Fahrradindustrie sagte Brackemann abschließend: „Die Räder sind mit Preisen von einigen tausend Euro wahrhaftig keine Schnäppchen - da sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass auch ausreichende Sicherheitsprüfungen stattfinden, bevor das Rad verkauft wird. Mindestens aber sind die gesetzlichen Anforderungen einzuhalten. Das betrifft vor allem die elektromagnetische Verträglichkeit.
Der vollständige Wortlaut der Rede von Dr. Holger Brackemann ist auf der Website der Stiftung Warentest veröffentlicht.

Industrie leckt die Wunden

Die betroffenen Hersteller setzen sich aktuell mit den Testergebnissen auseinander, wie auf Anfrage von velobiz.de zu erfahren war.
Aktuell haben zwei Fahrradhersteller bereits ein offizielles Statement abgegeben, weitere werden vermutlich im Laufe der Woche folgen und an gleicher Stelle veröffentlicht.

{b}Derby Cycle{/b}
„Deutschlands E-Bike Marktführer Derby Cycle zeigt sich über die aktuellen Testergebnisse der Stiftung Warentest überrascht. Warentest hatte insbesondere das Modell Impulse iR HS der Marke Raleigh wegen zu hoher elektro-magnetischer Strahlung beanstandet. Ein unabhängiges Prüfinstitut bestätigte indes bereits im Jahr 2011, dass das in dem Modell verwendete Antriebssystem den Anforderungen der Richtlinie über elektromagnetische Verträglichkeit (EMV-Richtline 2004/108/EG) entspricht. Aus diesem Grund und da Derby Cycle die konkreten Testergebnisse derzeit noch nicht im Detail bekannt sind, geht das Unternehmen davon aus, dass seine E-Bikes den gesetzlichen Vorgaben entsprechen.
Das renommierte und unabhängige Prüfinstitut SLG Prüf-und Zertifizierungs GmbH bestätigte am 28. Februar 2011 einem E-Bike, das im Wesentlichen baugleich ist mit dem von der Stiftung Warentest untersuchten Modell, die Erfüllung aller im Rahmen der CE-Kennzeichnungspflicht nötigen EMV-Kriterien zur Abschirmung elektromagnetischer Strahlungen. Das entsprechende Zertifikat wurde von der Stiftung Warentest weder angefordert noch berücksichtigt. Da Derby Cycle weitere Informationen zu den einzelnen Testbedingungen nicht zugänglich sind, kann sich das Unternehmen nicht erklären, wie es zu den jüngsten Testergebnissen der Stiftung Warentest gekommen ist. Derby Cycle bemüht sich derzeit intensiv um eine Aufklärung des Sachverhalts und wird hierzu unverzüglich Stellung nehmen, sobald weitere Informationen zu den Testbedingungen bekannt sind.“

{b}Winora{/b}
„Im Testbericht der Stiftung Warentest vom Juni 2013 (Ausgabe 6/2013) wurde unser Sinus B3 mit dem Gesamturteil mangelhaft bewertet. Grund dafür war ein Lenkerbruch. Ferner wurde dem Pedelec von der unabhängigen Expertenjury der Stiftung Warentest und dem ADAC ein „gutes Fahrverhalten, komfortabel, wendig“ bescheinigt.
Das Sinus B3 ist bereits seit Ende 2012 in unserem Sortiment und weder in unseren Servicestellen noch bei unseren Fachhandelspartnern konnte ein solcher Mangel bisher festgestellt werden. All unsere Lenker werden nach EN-Norm geprüft und entsprechen damit den geltenden Auflagen. Die Sicherheit unserer Kunden steht an oberster Stelle, deshalb haben wir bereits den ausführlichen Prüfbericht der Stiftung Warentest angefordert und werden dem Lenkerbruch mit weiteren Tests sowie der Beauftragung externer Testinstitute auf den Grund gehen. In Kürze werden unsere Käufer von ihrem jeweiligen Fachhändler über das weitere Vorgehen informiert.
An dieser Stelle möchten wir jedoch auch darauf hinweisen, dass die Winora Group als Mehrmarkenhersteller mit dem Winora C2 AGT und dem Hercules Tourer 8 Pro zu den besten vier Rädern des Tests der Stiftung Warentest gehört.“

{b}Bosch eBike-Systems{/b}
"Auf einer Pressekonferenz der Stiftung Warentest am 28.05.2013 zum Heft 6.2013 wurden zum Artikel „Elektrofahrräder: Das Risiko fährt mit“ kritische Aussagen zur Transportsicherheit von Bosch-Akkus getätigt. Stiftung Warentest schreibt weiter: „Für den Radler resultiert daraus keine unmittelbare Gefahr.“ Jedoch würden getestete 11-Amperestunden-Akkus von Bosch nicht die Kurzschlussprüfung erfüllen, wie sie in der UN-Anforderung zur Transportsicherheit gefordert ist.
Die UN-Anforderungen werden von Bosch erfüllt. Alle unsere Akku-Einzelzellen und Akku-Packs werden von unseren Lieferanten, von unseren eigenen Labors und von externen Instituten getestet und mit Zertifikaten bestätigt. Zudem schützt die integrierte Batterie-Elektronik den Akku-Pack vor extern angelegten Kurzschlüssen.
Stiftung Warentest hat uns bisher keinerlei Einblick in den Aufbau und die Durchführung ihrer Tests gegeben. Bosch weist die getätigten Aussagen zurück und wird die Stiftung auffordern ihre Tests offenzulegen, um den Sachverhalt schnellstmöglich aufzuklären."

{b}KTM{/b}
"Das KTM Macina 8 wurde Anfang dieses Jahres vom anerkannten Fachmagazin ELEKTRORAD mit der Bestnote ÜBERRAGEND ausgezeichnet und zum Kategorie- Sieger „CITY BIKE des Jahres“ erkoren. Die Stiftung Warentest hat in Kooperation mit dem ADAC dieses Rad und 15 weitere Pedelecs diverser Hersteller getestet. Neun der 16 Pedelecs wurden mit „mangelhaft“ abgewertet. Das KTM Macina 8 erhielt eine Abwertung für einen Lenkerbruch.

In den Einzelbereichen schneidet das KTM Macina 8 wie folgt ab:
1. Fahren: gut (2,4), drittbeste Note im Test.
2. Antriebssystem und Motor: gut (2,0) zweitbeste Note im Test.
3. Handhabung: gut (2,5), zweitbeste Note im Test.
4. Reichweite: 70 km, drittbeste Reichweite im Test.
KTM ist besser als der Testsieger Isoliert (ohne Lenker-Beurteilung) betrachtet sind diese Bewertungen besser als die des Testsiegers.

Seit Bestehen der Marke KTM Fahrrad (1964) wird auf die Verwendung qualitativ hochwertiger Komponenten geachtet. Strenge Tests sowohl in hauseigenen als auch externen Prüflabors gewährleisten die Sicherheit aller am Markt befindlichen KTM Produkte. KTM arbeitet dabei seit Jahren u.a. mit den anerkanntesten Institutionen wie HanseControl, Velotech etc. eng zusammen. Selbstverständlich werden die Prüfkriterien permanent den Anforderungen des Marktes angepasst und entsprechen den aktuellsten europäischen Normen.
Der KTM LINE Lenker ist seit Jahren ohne ein Vorkommnis im Einsatz Dies gilt auch für den beim Macina 8 verbauten Lenker. Ein makelloses Bauteil. Ein Lenker, der seit 2009 Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr in verschiedenen KTM Modellen in der Praxis verwendet wird und nicht einen Lenkerbruch aufweist.
Selbstverständlich wurde dieser Lenker bereits vor dem Serienstart (wie alle bei KTM verbauten Komponenten) strengen Prüfungen unterzogen, welche der EN14764 (die neuere eBike Norm EN15194 verweist auf diese) folgen. Alle bei KTM in Verwendung stehenden Bauteile entsprechen den strengen internen Qualitätsrichtlinien, die den geltenden EN Normen folgen bzw. darüber hinausgehen.

Stiftung Warentest: Unbekannte Prüf-Normen
Der „Lenkerbruch“ bei Stiftung Warentest erfolgte nicht beim Fahren, sondern in einer Labor-Prüfung, deren Kriterien KTM nicht bekannt sind, da sie laut Aussage der Stiftung Wartentest keinen europäischen Normen entsprechen.
Zitat: Dr. Holger Brackemann, Stiftung Warentest, Bereichsleiter Untersuchungen: „… ein Prüfverfahren, das übrigens nicht der einschlägigen europäischen Norm entspricht …“.
Auch zukünftig sind die Kompetenzen bei KTM Fahrrad auf qualitativ höchstwertige und praxisoptimierte Fahrräder konzentriert. KTM wünscht offenen Zugang zu den Testkriterien der Stiftung Warentest, um Räder zu bauen, deren Qualität über den Sonderprüfkriterien der Stiftung Warentest liegen."

{b}Flyer{/b}
Im Rahmen eines Pedelec-Tests, den die Stiftung Warentest in Zusammenarbeit mit dem ADAC durchführen ließ, wurde unser FLYER C5R Deluxe bewertet. Dabei erreichten wir trotz zahlreicher guter bis sehr guter Teil-Testergebnisse (Note 1,0 – 2,5*) die Gesamtnote Mangelhaft (4,6). In diesem Test (simulierte und hochgerechnete Dauerfahrt 20‘000 km) ist anscheinend das Ausfallende eines FLYERs der C-Serie gebrochen. Dies ist uns in 10 Jahren, in denen mehrere 10‘000 Exemplare der CSerie verkauft wurden, noch nie zu Ohren gekommen.

Das Ergebnis ist für uns nicht nachvollziehbar, vor allem auch nicht vor dem Hintergrund, dass der Rahmen alle betreffenden DIN EN-Normen erfüllt und FLYER von anderen Tests, beispielsweise demjenigen vom TCS, mit Bestnoten ausgezeichnet wurde.
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Die aktuell bekannten Fakten zum Test Stiftung Warentest wertet unser Modell C5R Deluxe aufgrund eines im simulierten Dauertest gebrochenen Ausfallendes ab.
Bei der Dauerprüfung, die zur Abwertung führte, simulierten die Prüfer 20´000 km Dauerfahrt unter Testkriterien, die uns trotz sofortiger Nachfrage bisher nicht zugänglich gemacht wurden. Eine umfassende und technisch fundierte Stellungnahme ist deshalb aktuell nicht möglich.

Durchweg gute bis sehr gute Noten erhält das FLYER-Modell C5R im aktuellen Test für die Fahreigenschaft, Antriebssystem und Motor, die Handhabung, Schadstoffkonzentration in den Griffen sowie bei wichtigen Sicherheitskomponenten wie Bremssystem und elektromagnetische Verträglichkeit (EMV).
Den authentischsten und intensivsten FLYER-Feldtest hat das geprüfte Modell, die FLYER C-Serie, darüber hinaus mehr als bestanden: Eine fünfstellige Stückzahl ist in den vergangenen 10 Jahren an unsere Kunden ausgeliefert worden. Zudem sind seit über 8 Jahren Tausende FLYER der C-Serie im touristischen Verleih im Einsatz. Ein Bruch des Ausfallendes ist uns nicht bekannt.
Zahlreiche Kunden haben in der Praxis bereits je über 50‘000 km mit der C-Serie zurückgelegt.
Diese Erfahrungswerte und die bestandenen Prüfprozeduren geben uns und Ihnen die Sicherheit, dass das FLYER Produkt sicher ist.
Erst vor wenigen Wochen bestätigte ein unabhängiger Langzeittest des Schweizerischen Touring Clubs (TCS) einem FLYER hohe Langzeitqualitäten mit Bestnoten in sämtlichen getesteten Kategorien. Dieser Test hebt vor allem auch die sehr hohe Performance in punkto Zuverlässigkeit und Sicherheit von FLYER hervor. Der TCS entspricht dem ADAC in Deutschland.
Untypisch: Bruch am Ausfallende
Ein Bruch des Ausfallendes ist sehr untypisch. Für eine tiefergreifende Beurteilung fehlen uns zum jetzigen Zeitpunkt jedoch die Fakten. Erst nach Einsicht in die Details der Testbedingungen werden wir beurteilen können, inwiefern die Betriebslasten praxisrelevant simuliert wurden.

Aufgrund der aktuellen Sachlage können wir nur hervorheben, dass das von ADAC und Stiftung Warentest publizierte Testergebnis und die detaillierte Testprozedur für uns nicht nachvollziehbar sind. Wir setzen alles daran, die offenen Fragen lückenlos aufzuklären.

29. Mai 2013 von Jürgen Wetzstein

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