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Holger Hermanns kann sich über Fördergelder freuen.
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E-Bike-Software erforschen

Saarländischer Informatiker erhält Fördermittel in Millionen-Höhe

Ob Smartwatch, Mobiltelefon oder Elektrofahrrad: Immer mehr Mikrocomputer finden sich in technischen Geräten. Sie bilden „eingebettete Systeme“, in denen eine Software das Zusammenspiel der Sensoren und Prozessoren sowie die Stromversorgung steuert. Diese Software ist jedoch selten frei von Fehlern, so dass die Geräte nicht immer korrekt funktionieren oder sogar die Sicherheit der Nutzer gefährden. Um diese Probleme grundsätzlich anzugehen, erhält Holger Hermanns, Informatik-Professor der Universität des Saarlandes, für seine Forschung den mit

2,4 Millionen Euro dotierten ERC Advanced Grant. Dies ist die höchste Auszeichnung des Europäischen Forschungsrats für einzelne Wissenschaftler.

Laut Auskunft des Zweirad-Industrie-Verbands sind im vergangenen Jahr 535.000 E-Bikes verkauft worden, was einem Marktanteil von 12,5 Prozent am Gesamtfahrradmarkt entspricht. Genauso wie absehbar ist, dass diese Verkaufszahlen noch steigen werden, rechnen Experten damit, dass immer mehr Komponenten den Strom am Fahrrad nutzen werden. Längst existieren elektrische Gangschaltungen und Federungen, aber es häufen sich auch Rückrufe, weil fehlerhafte Software die Leistung oder Lebensdauer der Batterien drosseln kann. „Dann auch noch die Federung und Bremse per Software zu steuern, ist keine gute Idee, solange nicht sichergestellt ist, dass die Grenzen der Software und deren physikalische Auswirkungen bekannt sind“, erklärt Professor Holger Hermanns, der an der Universität des Saarlandes den Lehrstuhl für Verlässliche Systeme und Software leitet.

Am Beispiel der verschiedenen Anforderungen von Elektrofahrrädern will Holger Hermanns Software-Werkzeuge entwickeln, die automatisch Batterie und angeschlossene Hardware- und Softwarekomponenten auf korrekte Zusammenarbeit überprüfen. Sein Ziel ist, diese eingebettete Fahrrad-Software und die entsprechenden Software-Werkzeuge frei verfügbar zu machen, damit künftig Fahrradfahrer nicht von der Software des jeweiligen Komponenten-Herstellers abhängig sind und darunter leiden, dass sie sich weder die preiswertesten Komponenten aussuchen, noch diese selbst warten können. Hoffnung macht Hermanns, dass sich bei den Fahrrädern im Gegensatz zur Autobranche der Markt für eingebettete Systeme gerade erst entwickelt. „Viele Radfahrer sind in der Lage, ihre Räder selbst zu warten und sie wollen dies auch weiterhin tun“, sagt Hermanns.

Hermanns und seine Forscherkollegen arbeiten daher eng mit dem Gremium zusammen, das den Standard „EnergyBus“ vorantreibt. Dies ist ein offener Standard, der die reibungslose Zusammenarbeit aller elektrischen Komponenten am E-Bike oder vergleichbarer Elektrofahrzeuge anstrebt, unabhängig ob es sich dabei um Batterien, Aufladegeräte, Sensoren, Motoren oder Steuerschnittstellen handelt. Der EnergyBus bildet das Fundament für eine neue weltweite Norm der ISO/IEC, an der derzeit intensiv gearbeitet wird. Laut dieser müssen Hersteller künftig garantieren, dass ihre Batterie über einen genormten Stecker und eine genormte Software jedes Elektrofahrrad antreibt.

Um diesen Standard und die damit verbundenen Software-Werkzeuge systematisch sicher und qualitativ hochwertig zu entwickeln, setzt Hermanns auf Methoden der „quantitativen Verifikation“. Dies ist ein Zweig der Informatik, der für eingebettete Systeme grundlegende Fragen erforscht, Software-Werkzeuge entwickelt und diese dann auch im realen Einsatz untersucht. Auf diese Weise kann automatisch überprüft und sichergestellt werden, dass wichtige Aspekte eingebetteter Systeme, wie beispielsweise das Airbag nur bei einem Aufprall zu öffnen, funktionieren. Für eine Software, die die Stromzufuhr an einem Elektrofahrrad regelt, sind dies beispielsweise Betriebssicherheit (versehentliches Überladen führt zu keinem langfristigen Schaden), Zuverlässigkeit (die Batterie hält bei normalen Gebrauch länger als viereinhalb Jahre) und Performanz (in 80 Prozent aller Auflade-Vorgänge reichen 20 Minuten aus, um 20 Kilometer zu fahren).

Hermanns ist überzeugt: „Ordentliche Batterietechnik sollte die Besitzer solcher Geräte unterstützen und nicht einschränken, egal ob es sich dabei um ein Smartphone oder ein Elektrofahrrad handelt.“ Sein Projekt hat er deswegen bewusst mit „Power to the People. Verified.“ betitelt. Laut Hermanns stehe dies für zwei Ziele: Erstens, eine funktionierende Stromversorgung für alle mobilen, eingebetteten Systeme sicherzustellen, zweitens, Bürger bei technischen Geräten nicht länger zu entmündigen. Der Europäische Forschungsrat fördert dieses Vorhaben nun mit 2,4 Millionen Euro über fünf Jahre hinweg.

20. April 2016 von Pressemitteilung
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