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Trends - Neuheiten im Bike-Sport-Segment

Trends in der Corona-Warteschleife

»Anything goes... aber nur vielleicht und nicht sofort«, könnte man die Entwicklungen in den Sportrad-Bereichen beschreiben. Zwar wachsen die Segmente in die Breite und Alleskönner-Produkte sind im Aufwind. Doch wie präsent Neuheiten im nächsten Jahr wirklich sind, lässt sich in Corona-Zeiten schwer voraussagen.

»Bunt und vielfältig wie nie«, sagen Hersteller. »Chaotisch und unübersichtlich«, sagen manche Händler. Tatsache ist: Noch nie war der sportliche Fahrradsektor so breit angelegt wie heute, nie gingen die Sparten so ineinander über. Doch wie es wirklich weitergeht, steht unter anderem im Corona-Tagebuch der nächsten Monate. Zum einen sind die Auswirkungen der Krise auf das Kaufverhalten im Sportbereich noch nicht genau abzusehen. Zum anderen wird sich erst zeigen, ob Unternehmen, die während der Krise aus dem Tritt geraten (sind), ihre Neuheiten für die nächste Saison noch präsentieren oder vielleicht, wie es manche Händler vorzögen, eine Pause im Modellwechsel einlegen. Für einige Unternehmen war es jedenfalls bis Redaktionsschluss zu früh, mit ihren Neuheiten für 2021 herauszukommen.

Mit richtig Schub über Schotter

Im Rennlenker-Sektor jedenfalls wird nach wie vor ungestüm nach vorn geprescht, dem Gravelbike sei Dank. Dieses widersetzt sich der Elektrifizierung nicht in einem Maße, wie es das Rennrad bisher macht. Ein Beispiel ist das schon für 2020 erhältliche E-Gateway von Stevens mit Evation-Antrieb von Fazua. Optisch an die Stevens-Crosslinie angelehnt, wird das Modell 2021 geändert, so Stevens-Frontmann Volker Dohrmann, die Geometrie wird dann Gravel-betonter, die Lenker sind seitlich ausgestellt. Die leichtlaufenden Feinprofil-Pneus sind mit 40 Millimeter Breite ein guter Kompromiss – vor zwei Jahren hätte man sie wahrscheinlich noch »recht breit« genannt. Mit entsprechenden Laufrädern wird das Rad zum E-Roadbike. »Wir halten E-Gravel aber für deutlich stärker als das E-Road, da es einen viel größeren Einsatzbereich hat«, so Dohrmann. Entsprechend geht es auf Schotter auch bei anderen Unternehmen besonders innovativ zur Sache.

Update für gefragten Rückenwind

Auch wenn der Antrieb anfangs vor allem erst mal bestaunt wurde, ist Fazua jetzt überall dort, wo gewichtssparende Unterstützung zählt. Das vom Unternehmen gerade herausgebrachte Software-Update Black Pepper kommt also gerade recht. Das Update soll einen spürbaren Leistungszuwachs bringen. Unterstützt wird ab einer Trittfrequenz von 55 bis 125. Ziel der Bayern war es aber auch, den Antrieb ein noch natürlicheres Feel angedeihen zu lassen. »Das Fahrgefühl wird so noch besser«, erklärt Pascal Ketterer, der Biomechaniker unter den Fazua-Entwicklern. Das Gewicht von 4,6 Kilogramm mit 250-Wh-Akku sowie alle mechanischen Merkmale bleiben gleich. Neben dem natürlicheren Pedalieren konnte Fazua mit dem Update laut eigener Aussage auch das Ansprechverhalten deutlich verbessern, der Motor spricht nun schon bei einer Kurbeldrehung um etwa 50 Grad an.

Gravelbike, die Zugmaschine der Zukunft

Auch ohne Motor bleibt das Gravelbike ein begehrter Renner in der nächsten Saison. Während viele Fachhandelsmarken ihre Neuheiten noch nicht präsentiert haben, zeigt Versender Rose mit dem neuen Backroad schon früh, wohin die Reise gehen könnte. Der Rahmen wurde neu entwickelt und soll, zusammen mit der neuen langen Sattelstütze, viel Komfort bieten. Zu einem gewissen Standard dürfte wohl zukünftig auch der kabel- und zügefreie Steuerkopf werden. Neben einem cleanen Auftritt schafft er Platz für die Lenker-Rolltasche. Die Züge kommen unter dem Lenkerband hervor und verschwinden sofort wieder im Steuerkopf. Der Rose-Einstiegspreis wird bei knapp 2500 Euro liegen. Auch die Lieferanten der Bikeshops werden in dieser Preisregion künftig einen sinnvollen Einstieg ins Gravel-Segment bieten.

Schotterrad wird zum MTB-Schreck

Alles wird breiter angelegt – übertragen und wörtlich: 29-Zoll-Pionier Niner, der letztes Jahr mit finanziellen Problemen unter das Dach des Konzerns United Wheels geschlüpft war, zeigte auf der Eurobike 2019 eine Konzeptstudie des MCR: Breite 650-B-Ausstattung und Vollfederung sorgen für ein MTB-ähnliches Auftreten. »Nein, das ist kein Fully mit Droplenker«, sagt Daniel Schlegel, Leiter Marketing/Vertrieb für die DACH-Region. »Schon wegen der Geometrie. Das ist das perfekte Rad für den Gravel-Fondo. Das Rad unterstützt durch seine Fahrdynamik und Federungsgeometrie bei technisch schwierigem Terrain den Fahrer enorm.« Und es soll so komfortabel sein wie kein anderes Gravelbike: »Nach vier Stunden intensiver Fahrt habe ich keine Handgelenks- oder sonstige Schmerzen.« In Richtung Abenteuer-Ausstattung wird es auch hier 2021 gehen. Passenderweise bietet Niner daher auch Packtaschen speziell für seine Fully-Rahmen an, zur Direktmontage ohne Klettverschluss.

Hauptsache Abenteuer

Aero-Räder sind im Rennrad-Sektor mittlerweile seit zwei, drei Jahren ein eigenes Segment. Jetzt erobern die windschnittigen Räder auch leichtes Gelände. Der Rennrad-Spezialist Cervélo macht mit seinem Aspero vor, dass auch auf anspruchsvollerem Terrain der geminderte Luftwiderstand zählt. Der Hersteller versucht damit, die Straße auf die Feldwege zu verlagern. Geschwindigkeit ist alles – und dazu gehört in Zukunft auch aerodynamische Optimierung. Dem Rahmen sieht man das an fast jeder Stelle an. Dabei gibt man sich trotzdem extrem vielseitig: Der Durchlauf an Hinterbau und Gabel nimmt bis zu 49 Millimeter breite 650-B-Bereifung auf. Wahlweise können auch Laufräder mit 700 x 42er Pneus gefahren werden. Ein anderes typisches Erscheinungsbild ist ist die tief angesetzte Sitzstrebe, die schon fast Standard für Langstreckenrenner und Graveller ist.
Zudem kommen Räder auf uns zu, die von Gran Fondo bis leichtem Gravel-Einsatz reichen, wie das bereits im Markt befindliche Giant Anyroad. »Alles ist möglich, Hauptsache Abenteuer«, lautet das Fazit für den Rennlenker-Markt 2020/21. Die Kategorien im MTB-Sektor werden ebenfalls weiter aufgeweicht. Schon seit Jahren werden die Radstände länger, was sicher unter anderem ein Effekt der 27.5- und 29-Zoll-Entwicklung sowie der längeren Federwege ist. Was früher als unfahrbar gilt, ist heute fast Standard, so MTB-Insider. Der zwischenzeitliche Trend zur Mullet-Mode, also hinten 27,5er, vorne 29er Laufrad scheint sich längerfristig nur im E-MTB-Bereich zu behaupten. Durch das kleinere Laufrad hinten sind im unterstützten Segment etwas kürzere Kettenstreben möglich. Das ist wichtig, denn geringer Radstand ist vor allem bei Mittelmotoren ein seltenes Gut. Der Nachteil des etwas größeren Widerstands beim Überrollen von Hindernissen wird beim E-MTB aufgrund der Unterstützung als eher unwichtig angesehen.

Spezialisiert auf alles

Beim nicht unterstützten MTB-Bereich, insbesondere auf dem Trail, ist das Gewicht immer noch das Maß wenn nicht aller, dann doch vieler Dinge. Auch hier prescht bei der Einführung neuer Modelle zunächst ein Versender vor. Das gerade erschienene Izzo, ein Fully der MTB-Marke YT, bringt in seiner leichtesten Version nur gut 12 Kilogramm auf die Waage. Der Hersteller zeigt damit einen Trend, den 2021 auch viele Unternehmen mit dem Fachhandel als Partner gehen werden: 130 Millimeter Federweg vorn und hinten für ruppige Touren bei ausreichend Reserven für schnelle, harte Abfahrten. »Kletterfähigkeit, Antriebseffizienz und niedriges Gewicht« sind laut YT-Mann Elmar Keineke die Vorzüge. Diese Räder sollen Interessierte ansprechen, die mit den Gravity-Segmenten wie Downhill zunächst nicht viel anfangen können. »Rückbesinnung auf Abenteuer draußen, das wird das Kaufverhalten 2021 beeinflussen«, so der Tenor.

Räumt doch mal das MTB auf!

Auch in Sachen Komponenten tut sich viel am MTB. Das Konzept-Bike, das Magura im April in die Medien brachte, verfügt über die vom Unternehmen entwickelte MCI – Magura Cockpit Integration. Dabei verschwinden die Leitungen und Geberzylinder der Bremsen im Lenker. Die Leitungen werden vom Lenker aus durch Vorbau, Steuerkopf und Rahmen oder Gabel zu den Bremssätteln geführt. Die Optik ist also absolut clean. Weiter Vorteil: Bei Stürzen können sich Kabel oder Leitungen nicht mehr verfangen und reißen, sie sind nicht mehr äußeren Einflüssen ausgesetzt.
Damit sollte kein erhöhter Wartungsaufwand einher gehen. Deshalb gehört zum MCI die Leitungskupplung Easy Link Tube. Sie sorgt dafür, dass der Händler mit geringem Aufwand die Bremsleitung teilen kann und ermöglicht so eine zeitsparende und unkomplizierte Wartung beziehungsweise Demontage von Teilen wie Lenker und Vorbau. Voraussetzung dafür, dass der Lenker wirklich »naked« bleibt, ist die Verwendung einer drahtlosen Schaltung wie Srams E-Tap und einer kabellos versenkbaren Sattelstütze. Magura verspricht mit dem neuen System sogar noch eine bessere Druckpunkt-Haptik als mit den üblichen Bremssystemen.
Wer mehr zu Trends, insbesondere in Sachen unterstützte Sportbikes wissen will, sei auf die velobiz.de Magazin 7/2020 mit dem Schwerpunkt-Thema Trends 2021 verwiesen. Bis dahin dürfte auch schon klar sein, wie viel Modellwechsel die Branche nach dem Corona-Jahr 2020 tatsächlich zeigen will …

1. Juni 2020 von Georg Bleicher

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