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Pedelec- und E-Scooter-Unfälle

TÜV-Verband stellt Forderungen an die Politik

Der TÜV-Verband sieht die aktuelle Entwicklung der Unfallzahlen, die das Statistische Bundesamt kürzlich für das Jahr 2022 veröffentlicht hat, mit Sorge. Welche Forderungen deswegen aufgestellt werden.

Die nackten Zahlen vorneweg: Laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes sind im Jahr 2022 in Deutschland 97.664 Fahrradfahrende bei Verkehrsunfällen verunglückt. Das waren rund 13.500 oder 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei sind nach vorläufigen Werten 470 Fahrradfahrende ums Leben gekommen (plus 26 Prozent) und 15.925 schwer verletzt worden. Einen noch stärkeren Anstieg gab es bei E-Scooter-Unfällen mit Personenschaden. Die Statistikbehörde verzeichnete 8.260 Unfälle mit E-Scootern im Jahr 2022, ein Zuwachs von 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei den Unfällen sind 10 E-Scooter-Fahrende getötet und 1.090 schwer verletzt worden. Besonders besorgniserregend sind aus Sicht des TÜV-Verbands die stark steigenden Unfallzahlen mit Pedelecs. So waren von den 470 im Jahr 2022 tödlich verunglückten Radfahrenden 206 mit einem Pedelec unterwegs. Das entspricht einem Anteil von 44 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der getöteten Pedelec-Fahrenden um 57 Prozent angestiegen.

Die Entwicklung der Zahlen sind freilich vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Jahr 2021 aufgrund der Lockdown-Maßnahmen in verschiedenen Bereichen, die Verkehrsdichte insgesamt deutlich geringer gewesen sein dürfte, als im Jahr 2022. Eine Steigerung der Unfallzahlen waren damit durchaus erwartbar. Gleichzeitig ist die Zahl der Pedelec-Fahrenden im vergangenen Jahr schon aufgrund der hohen Verkaufszahlen weiter in die Höhe geschossen. Eine steigende Zahl von Unfällen mit Beteiligung von Pedelec-Fahrenden ist deswegen ebenfalls nicht ungewöhnlich.

Radinfrastruktur anpassen

Gleichwohl ist eine Reduzierung von Unfallzahlen sowie die Zahl der verletzten oder gar getöteten Rad- und Pedelecfahrenden prinzipiell ein zentrales Ziel, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Zahl der Radfahrenden auch weiter nach oben entwickeln wird. Marc-Philipp Waschke, Experte für Verkehrssicherheit beim TÜV-Verband, erklärt dazu: „Die Radverkehrsinfrastruktur muss dringend ausgebaut werden, um Zweiradfahrende besser zu schützen“. Eine wichtige Voraussetzung dafür sei die angekündigte Reform des Straßenverkehrsrechts in Deutschland. Waschke: „Die Kommunen brauchen mehr eigene Zuständigkeiten und Kompetenzen, um den Straßenverkehr zu entflechten, bei Bedarf zu verlangsamen und ein flüssiges und sicheres Nebeneinander verschiedener Fortbewegungsformen zu ermöglichen.“
Weiter fordert Waschke: „Räder und E-Scooter brauchen für mehr Sicherheit mehr Straßenfläche. Durchgängige Radverkehrsnetze in Ballungszentren und Radschnellwege im ländlichen Raum könnten mehr direkte Verbindungen schaffen und somit einen sicheren Radverkehr fördern. Auch ausreichend gute und sichere Abstellanlagen seien vielerorts Mangelware. Das komme letztlich auch dem Fußverkehr zu Gute.“

Von einer besseren Fahrradinfrastruktur profitieren auch E-Scooter-Fahrende, da sie Radwege benutzen müssen. „Bei der Mobilitätswende im urbanen Raum haben E-Sooter ihren festen Platz“, sagt Waschke. Aus Sicht des TÜV-Verbands bedarf es jedoch primär in Ballungsräumen einer besseren Verteilung des öffentlichen Raums. „Für eine Mobilitätswende in urbanen Gebieten braucht es eine sichere Infrastruktur für alle. Insbesondere der zunehmende Zweiradverkehr mit ‚normalen‘ Fahrrädern und elektrisch angetriebenen Pedelecs, Lastenrädern und E-Scootern muss weiter gefördert werden“, sagt Waschke. Das Verbot von E-Scooter-Angeboten in Städten sei die falsche Antwort auf die steigende Beliebtheit dieser Fahrzeuge. Mehr Akzeptanz und Vertrauen würden europaweit einheitliche Vorschriften schaffen, die grundlegende Anforderungen an die technische Sicherheit und die jeweiligen Straßenverkehrsordnungen in den EU-Mitgliedsstaaten stellen.

Gleichzeitig fordert der TÜV-Verband die Einhaltung und Überwachung der Verkehrsregeln im Zweiradverkehr. „Nicht wenige Radfahrende halten sich nicht an grundlegende Verkehrsregeln, überfahren Ampeln bei Rot oder fahren mit hoher Geschwindigkeit auf Gehwegen und gefährden damit Zufußgehende“, sagt Waschke. E-Scooter-Fahrende sind häufig unerlaubt auf Bürgersteigen, zu zweit oder alkoholisiert unterwegs. Im Jahr 2021 war bei fast jedem fünften Unfall mit Elektrorollern Alkohol im Spiel (18,1 Prozent).

5. April 2023 von Jürgen Wetzstein

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