
Business Navigator - Unternehmeraufgaben
Viele Bälle in der Luft
Schon beim Thema Unternehmerlohn (velobiz.de-Magazin 7/2025) kam die Sprache auf die Definition der Unternehmeraufgaben. Was dem einen als »nicht wirklich Arbeit« gilt, gehört für die andere zu den zentralen Aufgaben im Betrieb. Man nähert sich einem guten Verständnis der Aufgaben auch über die Betriebsgröße.
Hier ist der Unternehmer definiert als die Person, die maßgeblich bestimmt, wohin sich der Betrieb entwickelt. Gerade im stationären Fahrradfachhandel, der oft genug mit kleiner Belegschaft auskommen muss, leisten sehr oft Unternehmer Aufgaben, die eigentlich einer Facharbeitskraft obliegen. Im kleineren Setting bedeutet das, dass er oder sie immer noch in Werkstatt und Verkauf hilft, weil es notwendig ist. »Wenn in einem Dreimannbetrieb der Chef der beste Reparaturannehmer ist, dann ist das am Anfang ja auch okay«, sagt Thorsten Larschow, »aber irgendwann, und zwar relativ schnell, müsste er eigentlich einsehen, dass er diesen Prozess so festlegen muss, dass den jeder genauso gut ausführen kann wie er selbst.« Doch die originären Unternehmeraufgaben gehen über solche Organisation weit hinaus.
Larschow identifiziert insgesamt sieben originäre Unternehmeraufgaben. Sie fallen deswegen in den Aufgabenbereich des Unternehmers und der Unternehmerin, weil sie wesentlich dafür sind, wie erfolgreich ein Betrieb im Markt sein wird und auch welche Art von Unternehmung entstehen wird und welche Kultur in diesem Geschäft herrschen wird. Diese Punkte nicht zu gestalten, anderen oder dem Zufall zu überlassen, sich keine Gedanken um sie zu machen, führt schnell zu Problemen. Zwar können glückliche Zufälle hilfreich sein, aber fehlendes Problembewusstsein ist definitiv keine gute Ausgangslage.
Vision und Werte
Doch welche Punkte sind wichtig? Ein erster Punkt sind die grundsätzlichen Werte eines Unternehmens. »Viele machen sich zu Beginn Gedanken über Vision und Werte des Unternehmens«, beobachtet Larschow. Das liege auch nahe, denn gerade am Anfang wolle man den sinnstiftenden Charakter der eigenen Arbeit festhalten. Doch wenn einmal die Grundlagen geschaffen sind, verliere sich das leicht wieder. Das operative Tagesgeschäft füllt schnell die Tage und zieht den Großteil der Aufmerksamkeit auf sich. Leicht geraten die ursprünglichen Werte in Vergessenheit. Zumindest so viel Aufmerksamkeit sollte man ihnen schenken, dass man sie gegebenenfalls noch überarbeiten kann, wenn es notwendig erscheint.
Strategie und Positionierung
Eng verbunden mit den Werten und Visionen ist auch die Positionierung und Strategie im Betrieb. Diese Punkte werden nicht so leicht vergessen, denn sie kommen im Alltag immer wieder vor. Doch auch hier gehört es zur Unternehmeraufgabe, gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Externe Energie und Wachstum
Zu Beginn haben die neuen Unternehmerinnen und Unternehmer scheinbar unbegrenzt Energie, Elan und Lust auf die Arbeit. Aber zu den Aufgaben der Führung gehört es auch, nicht nur die eigene Leistung zu bringen, sondern ebenso zu schauen, wo man Unterstützung bekommen kann. »Als Unternehmer hast du auch die Aufgabe, von außen Energie ins Unternehmen zu holen«, erklärt Larschow. Gemeint ist damit ein vielfältiges Betätigungsfeld, das von Krediten und Fördermitteln über Mitarbeitende, Netzwerke bis zu Erfa-Gruppen reicht.
»Du musst den Laden immer so haben, dass jemand anderes ihn kaufen könnte.«
Thorsten Larschow, Rad & Tour, Cuxhaven
Das Unternehmenswachstum ist ebenfalls ein Punkt, der viel Aufmerksamkeit verdient. Gerade bei manchen kleineren Händlern ist der Gedanke gelegentlich zu finden, dass man doch eigentlich zufrieden sei und gar nicht weiter wachsen wolle. VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll warnt vor solchen Überlegungen und sieht sie sehr kritisch: »Wenn man denen aber sagt, dass sie mit Wachstum vielleicht 10 Prozent mehr für ihre Mitarbeiter übrig hätten oder 20 Prozent mehr für soziale Projekte oder sie 10 Stunden pro Woche mehr zu Hause sein könnten, dann ist meist irgendetwas davon doch für sie erstrebenswert.« Zudem müsse man auch mit der Branchenentwicklung mithalten. »Wir hatten viele Jahre zwischen 10 und 13 Prozent Umsatzwachstum in der Branche. Wer da nicht mitgegangen ist, hatte dann bald Gespräche mit seinen Lieferanten, in denen das angesprochen wird und plötzlich schlechtere Konditionen geboten werden. Aus Stillstand wird dann schnell Rückschritt.«
Ständige Bereinigung
Je nachdem, was man im eigenen Betrieb vorhat, gilt es natürlich, die Weichen dafür zu stellen. Hat man die richtigen Lieferanten? Braucht man zwei Luftpumpen-Anbieter? Braucht man zwei Kreditkarten? Die passenden Mitarbeitenden? Versicherungen? »Ein klassischer Fall sind Betriebe, deren Inventar total veraltet ist«, beobachtet Wöll immer wieder. Hier müsse der Unternehmer immer wieder nachjustieren. »Er muss ständig die Müllabfuhr sein«, sagt Larschow, und sich auch und gerade um die unangenehmen Aufgaben kümmern.
Umsetzung sicherstellen
Damit ist man bereits bei der Umsetzung der Aufgaben. »Für mich heißt Umsetzung, dass man in der Lage ist zu delegieren und die richtigen Menschen an der richtigen Stelle zu haben«, erklärt Wöll. Dazu müsse man auch in der Lage sein, zu vermitteln, was man eigentlich wolle. »Und zwar so, dass er Mensch, der das übernehmen oder umsetzen soll, das auch verstanden hat und genau weiß, was von ihm erwartet wird.«
Entwicklung der eigenen Persönlichkeit
Für all die bereits genannten Aufgaben braucht man zum Teil erhebliche Kompetenzen. Führungsqualität und Führungskompetenz bringen aber die wenigsten Menschen von vornherein mit. Diese Fähigkeiten müssen in der Regel erst erworben werden und selbst das Naturtalent tut gut daran, sich bewusst zu machen, was er oder sie da tut.
Übergabe des Unternehmens
Wenn man ein Unternehmen gründet, insbesondere in der Fahrradwirtschaft, dann wird meist kein Gedanke darauf verwendet, wie der Betrieb auszusehen hätte, wenn man ihn verkaufen, abgeben, an die nächste Generation vererben wollte. Doch das ist ein sehr gutes Hygiene-Kriterium, wie Larschow erklärt: »Du musst den Laden immer so haben, dass jemand anderes ihn kaufen könnte.« Dabei geht es nicht wirklich darum, den Betrieb tatsächlich zu verkaufen, sondern ihn in einer vorzeigbaren Form am Laufen zu haben. Das bedeutet zum einen ein solides wirtschaftliches Fundament, bei dem die Positionierung am Markt und die Strategie stimmen. Zum anderen gilt es, die eigene Bedeutung im Betrieb zu reflektieren. Wenn man selbst »unersetzlich« ist, nichts im Unternehmen möglich ist ohne den Unternehmer oder die Unternehmerin, dann ist der Laden auch nicht verkäuflich – und am Ende nichts wert.
Auch sonst kann vieles schiefgehen. »Ich beobachte viele Geschäfte, die eine Wachstums-, eine Entwicklungsphase hinlegen und anschließend eine Plateau- und Abwärtsphase haben«, beobachtet Larschow, »und erst dann in der Abwärtsphase einen Käufer suchen.« Auch Andreas Lübeck, Entwickler des Business Navigators und Betriebsberater, bestätigt, dass eine langfristige Perspektive oft fehlt. »Dass von denen, die mit relativ jungen Jahren einen Laden betreiben, einer an das Ende denkt, habe ich seltenst erlebt.« Larschow ergänzt: »Wenn jemand mit 60 Jahren sein Unternehmen übergeben will und sich sagt, ›jetzt mache ich das noch mal ein bisschen schick‹, dann funktioniert das nicht.« Also müsse man den Betrieb immer so führen, dass er verkäuflich wäre, auch wenn man das gar nicht will. Uwe Wöll weist darauf hin, dass es natürlich naheliegt, andere Dinge stärker zu bedenken, wenn man sich gerade in der Gründungs- oder Einstiegsphase befindet. Aber das große Ganze immer im Blick zu haben, auch das ist eine Kernaufgabe des Unternehmers und der Unternehmerin. //
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