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Jan Sleijfir (rechts) mit seinem neuen Mitarbeiter Howard Yeomans (links).
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Altenaer Fahrradhändler nimmt „Brexit-Flüchtling“ auf

Vom Witham über die Weser an die Lenne

Angefangen hat alles mit einer Radtour durch das Weserbergland, die der Engländer Howard Yeomans im letzten Jahr mit einem deutschen Freund unternahm. Seit dem Jahreswechsel lebt und arbeitet der 43-Jährige aus der englischen Grafschaft Lincolnshire nun in Deutschland. Wie es dazu kam und welche Rolle der Brexit dabei spielte, haben er und sein neuer Arbeitgeber velobiz.de geschildert.

Mitte 2018 hat Jan Slejfir, Inhaber von Jans Radland im sauerländischen Altena, die Email eines deutschen Auswanderers aus Großbritannien erhalten. Es war eine Initiativbewerbung für eine Mitarbeit in der Fahrradwerkstatt. Allerdings nicht für den Deutschen selbst, der seit über 30 Jahren in Großbritannien lebt, sondern für einen befreundeten Briten. „Ohne mich vorher zu fragen, schickte er Emails an Jans Radland und andere Fahrradgeschäfte, und fragte, ob diese einen Praktikums- oder einen Ausbildungsplatz oder eine freie Stelle hätten“, erklärt Howard Yeomans. Yeoman nahm dem Bekannten seine Aktion nicht übel. Ganz im Gegenteil. „Meine berufliche Situation in England war nicht ideal“, verrät er rückblickend. Der Brite, der ein abgeschlossenes Maschinenbaustudium vorweisen kann, war ab 2015 Herausgeber des britischen Fahrradfachmagazins VeloVision, wo er darüber hinaus die Rollen des Autoren, Fotografen und Mediengestalters übernahm. Da, wie er selbst sagt, der Markt für Printmagazine in Großbritannien sehr schwierig ist, übergab er die Zeitschrift nach nur ein paar Jahren an einen Nachfolger.

Zuletzt arbeitete Yeoman in einer Fabrik, die Getränkedosen herstellt – allerdings nicht als Ingenieur. Der Großteil der Angestellten dort kam aus Polen. Die Angst vor dem, was der Brexit mit ihnen macht, war laut Yeomans spürbar. „Die Rahmenbedingungen für Menschen nicht-britischer Herkunft werden immer schwieriger. Das habe ich als Brite natürlich nicht am eigenen Leib erlebt. Kurioserweise bin aber ich gegangen.“

Jan Slejfir kommt der „Brexit-Flüchtling“ gerade recht. „Unsere ganze Branche hat einen Fachkräftemangel. Ich kann immer Menschen gebrauchen, die ihr Handwerk verstehen.“ Das ist auch der Grund, warum Slejfir selbst ausbildet und bis auf eine Ausnahme alle seine Auszubildenden übernommen hat. Auch die Arbeit seines neuen Mitarbeiters schätzt er. Yeoman fühlt sich ebenfalls wohl in Jans Radland. Ihm gefällt die Einstellung der Deutschen zum Fahrrad: „In Deutschland wird die Arbeit eines Fahrradmechanikers mehr geschätzt als in Großbritannien. Die Deutschen verlangen eine höhere Qualität und zahlen auch mehr dafür. Hier sind Fahrräder ein tägliches Fortbewegungsmittel. In England ist es eher ein Spielzeug für Kinder. Es tut mir gut, die Begeisterung der Deutschen für das Fahrrad zu spüren, und es ist ein schönes Arbeitsumfeld für mich.“

Mit Howard Yeoman sind auch seine Frau und seine zehnjährige Tochter nach Altena gezogen. Die Familie hat sich gut eingelebt, allein die deutsche Sprache ist noch etwas problematisch. Aber sein Chef Jan Slejfir sieht das anders. Er ist der Meinung: „Wir sprechen die gleiche Sprache, im Sinne von: wir passen zueinander.“

10. Januar 2019 von Nadine Elbert
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