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Messe - Eurobike 2022

Willkommen in Frankfurt

Die Eurobike 2022 hat mehr als nur einen Ortswechsel vollzogen. Es ist ein Neustart für die Messe, getragen von einer wertschätzenden Fahrradbranche, die zahlreicher als je zuvor vertreten ist.

Zum dreißigsten Mal können Marktteilnehmer die wunderbare Welt der Fahrradbranche auf der Eurobike erleben. Doch diesmal ist vieles anders. Reisestrapazen, Unterkünfte, Infrastruktur: All diese Messefaktoren sollen künftig eine untergeordnete Rolle spielen und andere dafür in den Vordergrund rücken. Dazu gehört auch die Frage, welche Bedeutung der Eurobike zukommt. Schon seit geraumer Zeit verfestigt sich der Eindruck, dass die Branche eine neue Wertschätzung für ihre Weltleitmesse entwickelt hat. Statt Kosten-Nutzen-Rechnungen scheint inzwischen oft genauso wichtig, wie der Gesamtmarkt mit einer starken Branchenleitmesse weiter entwickelt werden kann. Statt um kurzfristigen Profit geht es um langfristige Relevanz, statt um den eigenen Tellerrand um globale politische und mediale Wahrnehmung. Ob diese Einschätzung auch langfristig zutrifft, wird sich spätestens 2023 zeigen, wenn die Eurobike sich auch ohne den Bonus eines Neuanfangs behaupten muss. Doch bis dahin gilt es zunächst einmal, die aktuelle Ausgabe »unserer« Weltleitmesse zu bestaunen und zu genießen.
So lässt sich nicht übersehen, dass die über 1500 Aussteller ein neuer Rekord für die Eurobike sind. Es ist einfacher, aufzuzählen, wer nicht in Frankfurt sein wird, als die vielen Branchenschwergewichte, die nun wieder auf eine Messe zurückkehren, die sie in vergangenen Jahren noch für entbehrlich hielten. Von den prominenten Fachhandelspartnern fehlen augenscheinlich nur Accell, Cube, Pon und Trek. Die anderen Marktteilnehmer belegen eine Rekord-Ausstellungsfläche von über 140.000 Quadratmeter auf dem Frankfurter Messegelände. Zum Vergleich: In ihren besten Jahren belegte die Eurobike in Friedrichshafen knapp 80.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche.
Ein wichtiger Baustein für den Erfolg der anstehenden Eurobike ist die Kooperation mit den wichtigsten Handelsverbänden: Bico, ZEG und VSF sind zumeist langfristige Vereinbarungen mit Frankfurt eingegangen. ZEG und Bico haben zudem ihre Hausmessen auf die Eurobike verlegt, was den Besuch für angeschlossene Händler nahezu zu einer Pflichtveranstaltung macht. Angesichts der Marktbedeutung dieser Verbände, die einen großen Teil der Handelslandschaft vereinen, ist damit auch für die Streckenlieferanten der Verbände eine Anwesenheit fast schon verpflichtend.

Alles neu: An die Messehallen und ihre Belegung müssen sich alle erst noch gewöhnen. Es sollte die kleinste Herausforderung während der Eurobike sein.

Eine weitgehend unbekannte Größe im Vorfeld der Eurobike ist noch die Frage, wie international das Messepublikum diesmal ausfallen wird. Die meisten europäischen Marktteilnehmer dürften nicht zögern, ein Ticket nach Frankfurt zu buchen. Doch vor allem in Übersee wird Europa gegenwärtig oft noch als Corona-Problemgebiet wahrgenommen. Insbesondere chinesische Fachbesucher werden vor diesem Hintergrund noch von einer restriktiven Reisepolitik gebremst.

Messeprogramm für alle Ansprüche

Bei all den Veränderungen wurden bewährte Eurobike-Elemente nicht vernachlässigt: So wird die Start-up-Area dieses Jahr voll besetzt sein. Dort gibt es ganz »klassisch« die Fahrradproduktinnovationen von jungen Unternehmen zu sehen. Auch wird Veranstaltungen große Bedeutung eingeräumt, die bisher nicht mit der Eurobike assoziiert waren. So wird das Battery Experts Forum vom 12. bis 14. Juli (wo auch jenseits der Fahrradbranche die Batterietechnik der Zukunft vorgestellt wird) genauso die Frankfurter Fahrradwelt bereichern wie die verschiedenen weiteren Kongresse von Eurobike Convention (bei der es um die Verkehrswende geht) über Bike Biz Revolution (auf der die Zukunft der Fahrradbranche diskutiert wird) bis zur Eurobike Digital Academy (Digitales Marketing) und der Cargo Academy (wo alle Entwicklungen dieses Themas beleuchtet werden). Dazu gibt es umfangreiche Sonderflächen auf der Eurobike, wo fokussiert einzelne Themenfelder vorgestellt werden.

Über 1500 Aussteller werben auf über 140.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche um die Aufmerksamkeit der Messebesucher.

Dabei geht es etwa um das Thema Radreisen, E-Mobility oder auch die Kids-Area. Auf den BMX-Flächen wird insbesondere an den Publikumstagen wieder ein attraktives sportliches Programm geboten. Die Demo-Area wird vermutlich von Fachbesuchern und Endverbrauchern gleichermaßen interessiert verfolgt. Sogar Investoren finden eine eigene Plattform, auf der sie sich mit wachstumsstarken Unternehmen zusammenschließen können. Es wird wohl noch das eine oder andere Fahrradunternehmen geben, das noch nicht übernommen wurde in jüngster Zeit. Neu sind die vielfältigen Fahrradaktivitäten außerhalb des Messegeländes. Unter dem Stichwort »Eurobike City« soll niemand im gesamten Stadtgebiet Frankfurts am Thema Fahrrad vorbeikommen. Ob Fahrradtouren, Radkultur, Infostände, Fahradflohmarkt oder Pumptrack-Challenge, BMX-Workshop und Grillabende, das Programm ist umfassend. Um die verschiedenen Locations zu erreichen, stehen zudem 2000 Leihräder von DB Connect zur Verfügung, die über Gutscheincodes ausleihbar sind. Die Eurobike zeigt damit so ziemlich alle Facetten der Fahrradwelt.
Nach nun dreißig Jahren Fahrradmesse eine solche Entwicklung vorzeigen zu können, ist etwas Besonderes. Wenn man dazu noch berücksichtigt, dass die letzten beiden coronageplagten Jahre am Standing genagt haben, zuvor bereits mancher Aussteller den Nutzen infrage stellte und auch ganz generell das Messegeschäft angesichts digitaler Informations- und Austauschmöglichkeiten vor schwierigen Zeiten steht, dann ist diese so angekündigte Eurobike ein Paukenschlag. Die Eurobike ist back. Besser und größer als je zuvor. Wobei das »besser« sich erst über die tatsächlichen Messetage wird entfalten müssen. Auf jeden Fall wird sie breiter aufgestellt sein, vielseitiger, umfassender und abwechslungsreicher.

Endlose Programmvielfalt

Die Schattenseite einer solchen Programmvielfalt ist natürlich, dass niemand alle Veranstaltungen besuchen kann, die von Interesse sind und die man gerne näher angesehen hätte. Es wird trotz fünf Messetagen offensichtlich nicht einmal genug Zeit bleiben, alle lieb gewonnenen, wichtigen, alten und neuen Geschäfts- und Branchenpartner zu treffen und sich mit ihnen ausführlich auszutauschen. Wer mit dem Anspruch zur Eurobike reist, alles mitzunehmen, was da ist, kann nur enttäuscht werden. Dafür gibt es einfach zu viel zu sehen. Der Spagat zwischen Arbeitsmesse, Produktneuheiten-Show, Kongress- und Info-Veranstaltung ist aus Besucherinnen- und Besuchersicht nicht zu schaffen. Das war aber bereits in früheren Jahren, den bisherigen Glanzzeiten der Eurobike, schon der Fall. Wichtiger ist die Möglichkeit, dass man wieder an einem Ort so ziemlich alle relevanten Marktteilnehmer finden kann. Was man sich in diesen Tagen business-technisch vornimmt, lässt sich prinzipiell auch anstoßen. Die ganze Fahrradwirtschaft an einem Ort. Das schafft sonst niemand. //

12. Juli 2022 von Daniel Hrkac

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