
Interview mit den Machern der SPEZI
„Wir sind eine Mobilitätsmesse, die Grenzen auslotet“
In rund fünf Monaten steigt die Spezialradmesse Spezi das erste Mal auf dem Messegelände in Freiburg im Breisgau. Wie laufen die Vorbereitungen aktuell?
Franz Furmaniak: Wir arbeiten nach dem Motto „Spezi bleibt Spezi, aber alles ist anders.“ Wir sind mit den Vorbereitungen sehr zufrieden. Man muss sich vorstellen: Wir fangen praktisch bei null wieder an. Wir müssen erst mal ein Netzwerk in Freiburg aufbauen und auch die Vorstellungen der Messe-Verantwortlichen kennenlernen. Vieles haben wir erwartet, einiges kommt ganz anders. Daraus müssen wir lernen. Wenn man die Spezi Lauchringen mit der Spezi Freiburg vergleicht, sind wir in einem deutlich professionelleren Ambiente.
Gabriel Wolf: Der Standortwechsel erfolgte bewusst und mit einem guten Gefühl. In Freiburg stehen wir jetzt vor der Aufgabe, dass wir den Charme der Messe transformieren. Wir haben aber den Eindruck, dass man uns die Hand reicht. Es ist dennoch ungewohnt für uns, wie viele Menschen in eine Umsetzung von Ideen involviert sind und dass es an manchen Stellen immer wieder Regeln gibt, die uns nicht klar waren. Aber wir sind auf einem guten Weg.
Ihr habt die Spezi vor vier Jahren als Veranstalter übernommen und mit ihr den Umzug von Germersheim nach Lauchringen gestemmt. Warum jetzt der Ortswechsel nach Freiburg?
Furmaniak: Als Lauchringer blutet mir eigentlich das Herz, weil ich die Messe gerne vor Ort weiterbetrieben hätte. Allerdings muss man sagen: Das Messegelände war einfach am Limit – sowohl bei den Ausstellern als auch bei der Besucherzahl und somit auch bei der Infrastruktur, z. B. gab es zu wenige barrierefreie Toiletten. Dazu kommen Umbaumaßnahmen am Messegelände ab 2027 und im nächsten Jahr ist rund um den Messetermin die Bahnlinie gesperrt. Das macht die Anreise komplizierter. Uns war deshalb klar: Wenn wir mit der Messe weiterwachsen wollen, dann müssen wir den Ort wechseln – und zwar in diesem Jahr.
Florian Wolf: Und man darf nicht vergessen. Erstmals in der Geschichte findet die Spezi in einer Großstadt mit sehr günstiger Verkehrsanbindung statt.
Wie viel Fläche steht jetzt in Freiburg zur Verfügung?
Florian Wolf: Wir haben zwei Messehallen mit rund 8.400 Quadratmetern gebucht. Das ist rund ein Drittel mehr Fläche im Vergleich zu Lauchringen. Wir können uns allerdings noch rund um das Doppelte vergrößern. Das bietet uns für die kommenden Jahre viel Potenzial. Der Grundvertrag mit der Messe ist erst einmal auf drei Jahre angelegt, aber wir streben eine langfristige Zusammenarbeit an.
Mit wie vielen Besuchern rechnet ihr?
Gabriel Wolf: Wenn wir rund ein Drittel mehr Besucher als in Lauchringen haben, sprechen wir von einem guten Start. In Lauchringen hatten wir die vergangenen drei Jahre eine konstante Besucherzahl. Jetzt haben wir ein größeres Einzugsgebiet. Also wenn wir so 8.000 bis 9.000 Besucher bekommen, ist das ein großer Erfolg. Unser Vorteil: Freiburg ist eine Fahrradstadt. Da muss man nicht noch erklären, warum man eine Fahrradmesse veranstaltet. Das Thema ist gesetzt und die Bevölkerung bringt eine Begeisterung mit, von der wir gerne auch für unsere Themen profitieren.
Wie wollt ihr Menschen erreichen, sich für die Spezi zu interessieren? Wie ihr schon sagtet: Ihr startet ja eigentlich bei null.
Florian Wolf: Wir bieten am Sonntag die Möglichkeit, dass direkt auf der Messe gekauft werden darf. Dafür haben wir eine spezielle Ausstellerkategorie „Lokaler Händler“. Das ist wichtig für uns, dass wir den Handel aktiv einbinden. Auch arbeiten wir daran, dass wir lokale Vereine mit integrieren und als Aussteller gewinnen. Hier sind wir auf einem guten Weg.
Furmaniak: Genau, wir sind im Austausch mit dem Radlogistikverband und dem Verkehrsclub Deutschland VCD. Auch der ADFC wird vor Ort sein. Wir hoffen so, das Thema Mobilität noch interessanter zu gestalten.
Gabriel Wolf: Was toll ist: Die Verbände wollen mit uns zusammenarbeiten und sind stolz, Partner der Spezi zu sein. Wir profitieren von deren Input und bekommen eine weitere super Akquise-Möglichkeit. Außerdem bieten wir Mitgliedern der Verbände ein um 25 Prozent rabattiertes Eintrittsticket. Wir haben zudem eine Kontaktperson in Freiburg, die auch politisch gut vernetzt ist. Deshalb sind wir zuversichtlich, bald auch auf hohen politischen Ebenen für Interesse zu sorgen. Wir bekommen als Spezi die Bevölkerung, die Verbände, Stadt/Kommunen und Wirtschaft an einen Tisch – das ist super und zeigt, wo wir mit der Messe hinwollen.

Die Eurobike als Weltleitmesse der Branche ist 2022 von Friedrichshafen nach Frankfurt umgezogen. Seitdem wird von Branchenteilnehmern kritisiert, dass durch die professionelleren Strukturen auch das Flair der Messe verloren ging. Wie ist die Rückmeldung eurer Aussteller auf den Umzug?
Furmaniak: Wir wissen um den Spagat und können die Sorgen in vielen Punkten entkräften. Wir konnten z. B. mit der Messe klären, dass der Testparcours auch indoor verläuft. Das war für uns ganz wichtig. Auch können wir wieder eine Zeltwiese als Netzwerkplattform anbieten, die gerne von Ausstellenden und Besuchern genutzt wurde. Aber es gibt einfach andere Bedingungen, z. B. beim Brandschutz. Wir versuchen viel Bekanntes wieder möglich zu machen, aber alles geht einfach nicht. Wenn wir moderner werden und neue Kundschaft ansprechen wollen, müssen wir neue Wege gehen. Aber immer mit dem Wissen, dass wir unsere Stammkundschaft glücklich machen und das Flair der Spezi weitertragen.
Florian Wolf: Die Fahrradbranche dreht sich weiter. Es ist nicht mehr wie vor 20 Jahren. Einige Aussteller trauern dem nach, aber die Spezi wird sich nicht in die alte Richtung zurückentwickeln. Elektrofahrräder sind das dominante Thema der Branche und dort gibt es die meisten Neuentwicklungen. Deshalb ist es die wesentliche Aufgabe für uns Messeverantwortliche, den Raum für diese Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen.
Gabriel Wolf: Viele Aussteller freuen sich eigentlich auf den Standortwechsel. Die Messe verändert sich einfach. Es ist keine Messe mehr, auf der klassische Liegeradhersteller dominieren. Es kommen dafür neue Themen.
Ist der Standortwechsel auch ein Signal: Die Spezi will weg von der Nische Liegerad, hin zu urbanen Mobilitätslösungen?
Gabriel Wolf: Es geht uns nicht um den Ausschluss von Themen. Wir haben einfach Bock auf eine gute Infrastruktur. Das hilft uns wiederum im Vorlauf bei der Ausstellerakquise, weil sich jetzt Aussteller aus dem Bereich der urbanen Mobilität verstärkt für die Messe interessieren. Wir sind eine Mobilitätsmesse, die Grenzen auslotet.
Florian Wolf: Gerade im Bereich zwischen Kleinkraftrad und Fahrrad tut sich einfach sehr viel. Da ist es naheliegend, dass wir bewusst den neuen Entwicklungen rund um das Thema Mobilität einen Raum geben. Aber die Spezi hat ihre Wurzeln nicht verloren. Auch Velomobile, also effiziente, muskelbetriebene Fahrzeuge, oder Liegeräder sind vor Ort.

Könnt ihr die wichtigsten Themenfelder der Spezi kurz beschreiben?
Florian Wolf: Ein Hauptthema sind ganz klar Cargobikes mit Transportlösungen für alle erdenklichen Aufgaben. Sei es für Firmen auf der letzten Meile oder für den Hundetransport in der Freizeit. Der Bereich ist unheimlich dynamisch und interessant. An zweiter Stelle steht die Seniorenmobilität. Das Thema nimmt Fahrt auf und hat Potenzial. Je mehr wir mit dem traditionellen Fahrrad brechen, desto mehr Raum gibt es für diese Arten der Mobilität. Auf vielen anderen Messen gehen diese Fahrzeuge unter, bei uns stehen sie im Mittelpunkt, was für die Zielgruppe entscheidend ist. Daran anknüpfend ist die Gruppe der Fahrzeuge für Menschen mit Behinderungen oder Erkrankungen, egal welchen Alters, die ein normales Fahrrad nicht nutzen können. Klassische Themen wie Kompakt- und Falträder bleiben ebenfalls wichtig, genauso wie die Velomobil-Szene. Hier haben wir einen Zulauf aus ganz Europa.
Gabriel Wolf: Wir haben aber bewusst auch unsere Kommunikation erweitert: Wir bieten einen Bereich zum Thema Reiserad an. Hier wollen wir neben Liegerädern und Trikes auch Ausstellern aus dem klassischen Zweiradbereich eine Teilnahme ermöglichen. Wir wollen damit Menschen ansprechen, die eine längere Radreise planen, und ihnen dafür alle Optionen bieten. Wir merken aber, dass es bei den Reiseradherstellern eine Skepsis gegenüber der Messe gibt. Es braucht deshalb auch Mut, als gestandener Hersteller zur Spezialradmesse zu kommen. Vielleicht braucht das Thema noch ein paar Jahre. Aber für uns ist das der Weg in die richtige Richtung. Wir denken themenspezifisch.
Eine Messe ist ja auch eine Kontaktfläche, um neue Innovationen und auch Menschen kennenzulernen. Sind die Themen Business und Branchentreff für die Spezialradhersteller interessant?
Florian Wolf: Wir spüren, dass die Nachfrage nach Austausch und Netzwerken steigt. Das spiegelt sich auch im wachsenden Bereich Zubehör wider. Es gibt immer mehr Spezialradzubehör. Gerade hier ist es wichtig, dass man sich über Innovationen und Entwicklungen austauscht.
Gabriel Wolf: Zum Netzwerken werden wir am Freitagabend vor der Messe einen Extra-Termin für Ausstellende veranstalten. Bei der Abendveranstaltung sind die Kosten für Verpflegung bereits im Ausstellerticket inkludiert. Parallel dazu ist eine Fachveranstaltung ADFC geplant. So schaffen wir einen Raum für einen informellen Branchentreff, bei dem die B2B-Themen im Mittelpunkt stehen.
Wird es Vorträge oder Händlerschulungen geben?
Gabriel Wolf: Es wird ein Vortragsprogramm geben, das füllt sich auch gut. Die Möglichkeiten für Workshops und Händlerschulungen sind bei Bedarf vorhanden. Wir können immer Konferenzräume dazubuchen. Dieses Potenzial ist einfach wichtig.
Die Spezi war in den letzten Jahren auch immer ein Trend-Seismograf. E-Bikes und Cargobikes waren hier bereits Thema, als noch kein anderer darüber sprach. Was ist das nächste große Ding, das die Fahrradbranche prägen wird?
Florian Wolf: Im LEV-Markt, also der Lücke zwischen Fahrrad und Kleinkraftfahrzeug, ist Musik drin. Diese Produkte machen wir erlebbar und betreiben eine Art indirektes Lobbying. Die Fahrzeuge haben es auf dem Markt aktuell ziemlich schwer. Für den Erfolg sind neue Gesetze und eine entsprechende Änderung der Infrastruktur notwendig. Das ist ein spannendes Thema und wir haben als Spezialradmesse die Aufgabe, dass man den Sinn und Zweck der Fahrzeuge erkennt. Zur Unterstützung wird die französische Vereinigung AVELI (L'association des Acteurs
des Véhicules Légers Intermédiaires) mit mehreren Projekten vor Ort sein.
Mit der Mobifuture sollte neben der Eurobike eine neue Messe entstehen, die sich dem Thema neue Mobilitätsformen widmet. Aus unterschiedlichen Gründen findet die Mobifuture jetzt nicht statt, auch weil es Widerstand von Seiten mancher Fahrradverbände gab. Seht ihr darin ein Problem für die Spezi?
Gabriel Wolf: Ein Vorteil der Spezi ist es, dass wir als Verantwortliche noch eigenständig entscheiden können. Wir ermöglichen es, dass sich Aussteller noch austoben und einfach mal ein paar Ideen präsentieren. Mit unserem Innovationslabor, das übrigens vom Freiburger Leasingpionier Jobrad gesponsert wird, wollen wir Ideen fördern und Innovationen schaffen. Es muss noch nicht alles ausgereift sein, sondern kann bewusst erst mal nur Ideenstatus haben. Wir wollen die Vielfalt der Branche bewahren, weshalb auch Startups eine kostengünstige Standfläche mieten können.
Florian Wolf: Die Spezi hat ein geschärftes Profil. Wir müssen nicht einen Sportsektor berücksichtigen und brauchen keine Carbon-Rennmaschinen. Unser Fokus liegt auf Mobilität. Wir sind eigentlich mehr eine Mobifuture als eine Eurobike. Das bringt uns als Messe weiter.
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