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Um dies Gestaltung und Funktion dieses Schlosses streiten Trelock und Tchibo seit rund einem Jahrzehnt.
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Trelock gegen Tchibo:

Zermürbungskrieg um ein Fahrradschloss

Non-Food-Angebote bei Discountern und Kaffeeröstern sind ein schnelllebiges Geschäft. Das senkt offenbar bei manchen Anbietern die Hemmschwelle, bei der Gestaltung der Produkte über fremde Schutzrechte hinwegzugehen. Denn bis betroffene Markenanbieter reagieren können, ist die Ware oft schon wieder aus dem Regal verschwunden. Wer doch gegen den Ideenklau vorgeht, muss sich auf einen langwierigen, zermürbenden Rechtsstreit gefasst machen. Diese Erfahrung hat zumindest Zubehöranbieter Trelock bei einer Auseinandersetzung mit Tchibo gemacht.

Seit rund einem Jahrzehnt setzt sich das Münsteraner Unternehmen nun schon mit Tchibo vor verschiedenen Gerichten auseinander. Auslöser ist ein Schloss der Tchibo-eigenen Marke TCM, dass einem Trelock-Modell nicht nur zum Verwechseln ähnlich sieht, sondern darüber hinaus laut Trelock auch patentgeschützte Eigenschaften kopiert. Obwohl Trelock inzwischen in mehreren Instanzen und verschiedenen Verfahren Recht bekommen habe, übt sich Kaffeeröster Tchibo offenbar weiter in Verzögerungstaktiken. Dies berichtet man zumindest bei Trelock, wo die durchaus komplexe David-gegen-Goliath-Story nun mit folgendem Text publik gemacht wurde:

„Im Umgang mit dem Ideengut anderer - vor allem des Mittelstands - ist der Kaffee- und Handelsriese Tchibo als nicht zimperlich bekannt. Gleich mehrere höchstrichterliche Urteile belegen dies. Auch das mittelständische Unternehmen Trelock aus Münster, traditionsbeladener Entwickler und Hersteller von Fahrradzubehörkomponenten, muss sich seit langen Jahren mit dem Hamburger Konzern auseinandersetzen. Selbst nach dem eindeutigen Urteil, das die hierbei letzte Gerichtsinstanz vor nunmehr genau einem halben Jahr gegen den großen Handelskonzern fällte, ist der „Kampf“ von „David“ Trelock gegen „Goliath“ Tchibo nicht vorbei.

Anlass für den Rechtsstreit, den Tchibo seit tatsächlich mehreren Jahren bis in die letzte Gerichtsinstanz getrieben hat: Ein Fahrradschloss, das insbesondere wegen seines pfiffigen Haltersystems, mit dem es - rüttelsicher - fest am Fahrradrahmen transportiert und befestigt werden kann, besonders komfortabel in der Handhabung ist. Im Rahmen mehrerer Verkaufsaktionen hatte Tchibo über Jahre in seinen zahllosen Filialen ein genau solches Fahrradschloss unters Volk gebracht - zu einem konkurrenzlos günstigen Verkaufspreis und unter dem Label der hinlänglich bekannten drei Buchstaben, die „jede Woche eine neue Welt“ versprechen.

Dass allerdings dieses Fahrradschloss mit Halterung und seinen innovativen technischen Details erwiesenermaßen eine ureigene Entwicklung der Trelock-Ingenieure aus Münster ist, Tchibo daher ohne Zustimmung des Schutzrechtinhabers Trelock eine solche Vorrichtung überhaupt nicht verkaufen durfte, kümmerte den Handelsriesen nicht. Die Folge: Ein juristisch aufwändiges, langwieriges und ungemein teures Verfahren vor gleich mehreren Gerichten. In dem von einem Tchibo-Lieferanten betriebenen Patentnichtigkeitsverfahren bestätigte der Bundesgerichtshof die Rechtsbeständigkeit des Trelock-Patents. Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte anschließend mit Urteil vom 25. März 2010 rechtskräftig die von Tchibo begangenen Patentverletzungen sowie die Tchibo deswegen treffende Verpflichtung zum Schadensersatz fest. Also: Ende gut, alles gut - aus der Sicht von Trelock? Mitnichten!

Denn nunmehr, so will es der Gesetzgeber, geht es um die konkrete Höhe des Schadensersatzes, den Tchibo an Trelock zu leisten hat. Und auch hierbei setzt Tchibo ganz offensichtlich wieder einmal auf Zeit. Seit dem Urteil vor ziemlich genau einem halben Jahr gibt es keinen wirklichen Fortgang. Tchibo verzögert die Verhandlungen mit Trelock, versucht wohl den Mittelständler aus Münster mit neuerlichen Tricks weichzukochen. „Ein unglaublicher Vorgang“, heißt es dazu von Seiten Trelock.

Die Produktentwicklung bei Tchibo besteht aus der Sicht des kritischen Betrachters wohl darin, Artikel von Markenanbietern mittels Testkäufen auf Erfolgschancen hin zu prüfen und dann das für gut befundene Original bei Billigherstellern, vorrangig in Asien, zu kopieren und über Aktionen in großen Mengen durch die Tchibo-Verkaufsstellen zu vertreiben.

Denn Nachmachen - so offenbar die Devise von Tchibo - ist nicht teuer und erfordert keinen großartigen Einsatz eigener Leistung. Plagiatsexperten sprechen von einem sehr lukrativen Geschäft, das trotz seiner möglichen Strafbarkeit Täter wegen seiner enormen Gewinnaussichten nicht abschreckt. Es ist deshalb „ungefährlicher als der Drogenhandel“. Es ist die Innovations- und Entwicklungsleistung, die Geld kostet und von der in Deutschland eine Vielzahl von Arbeitsplätzen abhängt. Trelock investiert Jahr für Jahr einen hohen Anteil seines Umsatzes in die Entwicklung neuer Produkte.

Die Dimension des „Falls“ Trelock gegen Tchibo zeigt anschaulich, dass der Handelsriese deutschem Pioniergeist zuwider systematisch die Schutz gewährende Rechts- und Gesetzesordnung rücksichtslos untergräbt.

Im ersten Verletzungsfall besorgte sich Tchibo höchstselbst bei Trelock im Jahr 2000 mittels einer „Testbestellung“ eine ansehnliche Menge von unter Patentschutz stehenden Vorrichtungen (Kabelschlösser mit dazu gehörenden Halterungen). Als in den damit versorgten Tchibo-Referenzfilialen festgestellt wurde, dass das von Trelock entwickelte Schloss mit pfiffigem Haltersystem ein Verkaufsschlager ist, holte sich Tchibo zunächst von Trelock ein Angebot bezüglich Produktion und Lieferung dieses Schlosses für eine hohe Stückzahl, um dann - bestens ausgestattet mit Produktionsmustern und Trelock-Spezifikationen - einen Billiglieferanten mit asiatischen Produktionsquellen zu beauftragen. Nachdem diese Patentplagiate in den Regalen der Tchibo-Filialen angekommen waren und Trelock dagegen interveniert hatte, schob Tchibo schließlich ihre Patentverantwortung auf ihren Lieferanten, der wegen der Regulierung der Patentrechtsverletzungen mit Trelock in Verhandlungen treten musste. Diesem Lieferanten verbot Trelock durch Vereinbarung weitere Lieferungen der umstrittenen Schlösser mit Halter.

Im zweiten Verletzungsfall im Jahr 2005 beauftragte Tchibo in genauer Kenntnis dieser Umstände einen neuen Lieferanten mit der Lieferung übereinstimmend konstruierter Schlösser mit Halter und setzte so ihre Fahrradschloss-Aktionen munter fort. Wohlgemerkt: Tchibo kannte das europäische Trelock-Patent aufgrund der vorausgegangenen Verhandlungen bestens. Der Konzern wusste also, dass er schon wieder ein patentverletzendes Produkt verkaufte. Gleichwohl stellte Tchibo patentverletzende Handlungen in Abrede, so dass sich Trelock als Mittelständler mit dem daraufhin notwendig werdenden Klageverfahren in ein großes finanzielles Risiko begab. Denn die Münsteraner mussten zugleich gegen Tchibo und den neuen Tchibo-Lieferanten mit Sitz in der Schweiz vor Gericht ziehen.

Im Ergebnis besonders bitter für Trelock: Nach dem Gerichtsverfahren gegen den Tchibo-Lieferanten sitzt Trelock gegenwärtig trotz gerichtlicher Erfolge beim Bundesgerichtshof und beim Landgericht Düsseldorf auf nicht unerheblichen Kosten. Denn der in der Schweiz sitzende Tchibo-Lieferant, der inzwischen wirtschaftliche Schwierigkeiten behauptet, hat sich der Zahlung der Trelock zu erstattenden Gerichts- und Anwaltskosten bis heute entzogen.

Aussitzen, abwälzen, verzögern - scheint die Tchibo-Taktik im geschäftlichen Umgang mit innovativen Unternehmen zu sein. Angesprochen auf ihre langwierige Auseinandersetzung mit dem Handelsriesen Tchibo, gehen inzwischen die Trelock-Verantwortlichen von einem bewusst praktizierten „System Tchibo“ aus. Denn Konzernmacht legt es nach ihrem Verständnis darauf an, mit langwierigen Streitigkeiten Mittelständlern buchstäblich die Luft abzudrücken. Doch Trelock, typisch münsterländisch-beharrlich, hält weiter dagegen.“

18. Oktober 2010 von Markus Fritsch / Pressemitteilung

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