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Auch die Fahrradindustrie gibt dem Bundesrat Contra
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Adieu Dynamo-Pflicht?

Auch die Fahrradindustrie gibt dem Bundesrat Contra

Nachdem schon zahlreiche Jahre ins Land gingen, ohne dass in Deutschland die Dynamopflicht am Fahrrad vom Gesetzgeber in Frage gestellt wurde, soll nun auf einmal ganz schnell eine Änderung eingeführt werden. Nach dem Willen einiger Bundesländer könnte die entsprechende Gesetzeslage schon in wenigen Tagen geändert werden. Bereits gestern hat der ADFC (velobiz.de berichtete) vor einem Schnellschuss gewarnt. Nun regt sich auch Widerstand aus der Fahrradindustrie.

Eine Meinung zur Anti-Dynamo-Initiative des Bundesrates haben natürlich vor allem die Anbieter von Fahrradlampen. Wer nun allerdings glaubt, dass man sich dort über die zusätzlichen Absatzchancen durch bald erlaubte Akkulampen freut, täuscht sich zumindest im Fall von Busch & Müller. Der Lampenhersteller aus Meinerzhagen schreibt heute in einer Stellungnahme: „Busch & Müller begrüßt grundsätzlich, dass die StVZO-Vorschriften zur Fahrradbeleuchtung den technischen Möglichkeiten angepasst werden sollen. Insbesondere die Entwicklung der LED-Technik gibt allen Anlass dazu. Jedoch sollte ein solcher Schritt nicht dazu führen, dass sich die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer gegenüber dem Status quo verringert. Nach Auffassung von Busch & Müller wird, wenn die Initiative aus Niedersachsen in der vorgelegten Form beschlossen wird, keinesfalls deshalb häufiger mit Licht gefahren, weil Akkubeleuchtung nun zulässig ist. Im Gegenteil: Wenn Fahrräder werkseitig nicht mehr mit einer Dynamo-Beleuchtungsanlage ausgestattet werden, wird die Zahl der nicht beleuchteten Fahrräder auf der Straße erheblich zu- und die Verkehrssicherheit somit entsprechend abnehmen.

Um das Sicherheitsniveau der Akkubeleuchtung der Dynamobeleuchtung anzunähern, wird im Gesetzentwurf eine Kapazitätsanzeige der Akkubeleuchtung gefordert. Damit dürfte eine Vielzahl der bisher eingesetzten Akku- oder Batteriescheinwerfer und -rücklichter folglich nicht verwendet werden. Es ist zu befürchten, dass eine Beschlussfassung in der vorliegenden Form eine fatale Wirkung entfalten wird. Zum einen ist noch völlig unklar, welche Anforderungen an eine Kapazitätsanzeige gestellt werden. Zum anderen wird dem falschen Eindruck Tür und Tor geöffnet, dass ab sofort alle auf dem Markt angebotenen Akku- oder Batteriescheinwerfer als ausreichende Beleuchtung am Fahrrad zulässig sind. In der öffentlichen Darstellung wird dabei kaum darauf hingewiesen, dass im Straßenverkehr eingesetzte Akkuscheinwerfer nur benutzt werden dürfen, wenn sie ein Prüfzeichen tragen. Sehr viele der bisher benutzten Produkte dürften jedoch die durch das Kraftfahrtbundesamt zertifizierte Leistung und Funktionalität nicht aufweisen. Aus diesen Gründen ist der Bundesrat gut beraten, die vorgesehene Ergänzung zur Änderung des § 67 der StVZO nicht zu beschließen. Stattdessen ist aus Sicht von Busch & Müller eine sachlich umfassende Aktualisierung notwendig, die sowohl die Ergebnisse aktueller Forschung (der Verkehrsminister selbst gab ein Gutachten in Auftrag, dessen Ergebnis noch nicht vorliegt!) wie auch die Sachkenntnis von Radfahrerorganisationen und der Fahrradindustrie einbezieht. Im Sinne der Sicherheit im Straßenverkehr und zum Vorteil der Verbraucher sollte eine solche umfassende Aktualisierung zügig angestrebt werden. Ein überstürztes aktionistisches Handeln ist jedoch ein falscher Weg.“

Umfassende Novellierung gefordert

Bereits vor einigen Tagen hatte auch der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) seine Ablehnung der Bundesrats-Initiative klar gemacht. Eine Position die gestern nochmal bekräftigt wurde. In einer Stellungnahme des ZIV heißt es: „Der jetzt dem Bundesrat vorliegende Vorschlag ist aus Sicht des ZIV unvollständig und berücksichtigt nicht den möglichen negativen Einfluss auf die Verkehrssicherheit.

Aus diesem Grund hat sich der ZIV gegenüber dem Deutschen Bundesrat dafür ausgesprochen, der Empfehlung des Verkehrsausschusses nicht zuzustimmen. Derzeit läuft ein Forschungsprojekt bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), das vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in Auftrag gegeben wurde und den Einfluss der Freigabe von Batterie-/Akkubeleuchtungen auf die Verkehrssicherheit von Fahrradfahrern untersuchen soll. In Kürze werden die Ergebnisse vorliegen, die nach Auffassung des ZIV in die Änderungen der Vorschriften unbedingt einfließen sollten.

Die in der Empfehlung des Verkehrsausschusses geforderten Akku-Beleuchtungen sollen über eine ‚sinnfällige Anzeige‘ der Kapazität des Akkus verfügen. Derzeit sind die meisten der bisher angebotenen Produkte nur mit einer Warnleuchte ausgestattet, die anzeigt, wenn die Grenzwerte erreicht sind und die Batterie gewechselt bzw. der Akku aufgeladen werden muss. Eine Kapazitätsanzeige geht über diese Einrichtung weit hinaus. Die vielen derzeit durch die Verbraucher genutzten Batterie-Leuchten dürften somit – beim Inkrafttreten der Änderungen – nicht mehr verwendet werden. Außerdem ist aus Sicht des ZIV wichtig, dass nur bauartgenehmigte Beleuchtungseinrichtungen angeboten und verwendet werden dürfen. Sind die Produkte nicht mit einem entsprechenden Prüfzeichen versehen, ist das Anbieten durch den Handel und die Nutzung durch den Radfahrer auch zukünftig nicht zulässig.“

Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des ZIV ärgert sich zudem, dass „weder die Verbraucherverbände noch die Industrie in die Ausarbeitung des jetzt vorliegenden Vorschlages eingebunden wurden, sodass die vielfältigen Einflüsse einer solchen Änderung der Vorschriften auf die Verkehrssicherheit nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Wir bitten deshalb den Bundesrat, der Empfehlung des Verkehrsausschusses nicht zuzustimmen, die Ergebnisse des BASt-Forschungsprojektes abzuwarten, um dann eine umfassende Novellierung der Vorschriften zu starten.“

3. Juli 2013 von Markus Fritsch

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