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Markt - Fachhandel

Die größten Fahrradhändler Deutschlands

Seit zwei Jahren weist die Umsatzsteuerstatistik sieben Unternehmen aus dem stationären Fahrradfachhandel aus, die Umsätze von über 100 Millionen Euro erzielen. Wer sind diese Händler und was ist ihr Erfolgsrezept?

Bevor Sie weiterlesen, gehen Sie bitte kurz in sich: Können Sie als Brancheninsider aus dem Stand die sieben Unternehmen aufzählen, die in die Spitzengruppe gehören? Wenn ja, gebührt Ihnen Lob und Anerkennung, denn die Antwort ist gar nicht so einfach. Ein paar Kandidaten dürften jedem auf der Zunge liegen, aber für eine vollständige Liste muss man wirklich tief graben.

Lucky Bike

Lucky Bike könnte der größte Fahrradfilialist des Landes sein: Für das Jahr 2022 berichtete Geschäftsführer Christian Morgenroth vor Kurzem einen Gesamtumsatz von 265 Millionen Euro brutto. Damit dürften die Bielefelder in der nächsten Umsatzsteuerstatistik als Erste einen neuen Kasten ausfüllen, nämlich den in der Kategorie »Umsätze über 250 Millionen Euro«. Diese hat bisher noch kein Betrieb aus dem Fahrradfachhandel erreicht. Erzielt wird der Umsatz in derzeit 33 Filialen. Neun weitere sollen bis Ende 2024 noch dazukommen. Die Entwicklung von Lucky Bike ist ebenfalls sehr bemerkenswert: Gegründet 1994 hat man die Republik inzwischen ziemlich umfassend erobert: Über 110.000 Quadratmeter Ladenfläche werden heute von 850 Beschäftigten mit vier Geschäftsführern bespielt.
Der jüngste Ausblick war auch Beleg, welche große Rolle neue Dienstleistungen im Fahrradhandel spielen. 40 Prozent des Umsatzes stehen laut Unternehmensangaben in Verbindung mit Fahrradleasing.

B.O.C.

Noch schneller ging der Weg an die Spitze bei B.O.C. Das Unternehmen veröffentlicht keine Umsatzzahlen, gehört aber auch ohne diese Angaben klar in den Kreis der größten Fahrradhändler Deutschlands. Aktuell arbeiten in 41 Filialen rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weitere sechs Filialen sollen noch in diesem Jahr dazukommen. Diese Informationen allein sollten bereits ausreichen, um das Unternehmen zu den Fachhandelsgrößen mit über 100 Millionen Euro Umsatz zu zählen.
An der Spitze stehen die beiden Geschäftsführer Bernd Heumann und Stephan Geiger. Sie sind in der Branche bestens bekannt, das gilt weniger für die Investorenfamilie Viehof, die den Filialisten finanziert hat. Gegründet wurde B.O.C., was für Bike & Outdoor Company steht, erst 1999. Ein Jahr zuvor hatte Familienpatriarch Eugen Viehhof senior seine Allkauf-Gruppe an den Metro-Konzern verkauft. Die kolportierten 1,2 Milliarden Euro Verkaufserlös steckte die Familie in neue Projekte, unter anderem eben in B.O.C. Recht schnell wurde das »Outdoor« in B.O.C. wieder begraben und alle Kraft ging in das Fahrradgeschäft. Mit offensichtlichem Erfolg: Schon 2019 wurde ein Umsatz über 100 Millionen erzielt. Seitdem dürften die Zahlen noch deutlich höher liegen.
Die größten Fahrradfachhändler können sich übrigens auch im Vergleich mit dem Sportfachhandel sehen lassen: Eine Untersuchung des EHI Retail Institute zeigte auf, dass Lucky Bike und B.O.C. im Jahr 2021 auch zu den fünf größten Sporthändlern in Deutschland gehörten und heute sicher nicht schlechter dastehen. Mit ihren Umsätzen rangieren sie direkt hinter Decathlon, SportScheck/Karstadt Sports und Globetrotter.

Rose Bikes

Ein Name, den man vielleicht nicht unbedingt in dieser Liste erwarten würde, ist die Rose Bikes GmbH. Geschäftsführer Thorsten Heckrath-Rose berichtete vergangenen Herbst, dass Rose für das am 31. Oktober 2022 abgelaufene Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von 174 Millionen Euro erzielte. Aber ist Rose nicht eigentlich ein Versandhändler? Werden diese Umsätze dann nicht im Internethandel gezählt? Sind sie nicht vor allem bekannt für ihren Direktvertrieb und ihr traditionelles Katalog- beziehungsweise heute ihr Internetgeschäft? Offenbar werden die Umsätze von Rose Bikes jedoch seit 2015 zum stationären Fahrradfachhandel gezählt, was aufgrund ihrer starken stationären Geschäfte in Bocholt und inzwischen auch München, Berlin, Köln und Posthausen sowie heute immer stärkerer stationärer Kooperationen und dem Schweiz-Engagement nicht so ganz abwegig ist.

Stationärer Händler, Fahrradhersteller oder doch vor allem Onlineshop? Die Grenzen zwischen den Kategorien sind mitunter verschwommen.

Bei der Einsortierung in die verschiedensten Kategorien geht
es um den »wirtschaftlichen Schwerpunkt der Tätigkeit«, und der ist hier auf den Einzelhandel mit Rädern und Teilen gelegt. Ohnehin verfolgt das Unternehmen heute einen Omnichannel-Ansatz, will also auf allen möglichen Vertriebswegen präsent sein.

H & S Bike Discount / Megastore / Radon

Mit einem Umsatz von 235 Millionen Euro in 2021 gehört die H & S Bike Discount GmbH zu den ganz großen der Branche, ohne dass der Name landläufig bekannt wäre. Das liegt vor allem daran, dass das Unternehmen unter anderen Markennamen bekannter ist. Stationär sticht vor allem der Mega­store in Bonn heraus, wo auf 5000 Quadratmetern Ladenfläche laut eigenen Angaben über 30.000 Artikel angeboten werden. Allerdings muss man festhalten, dass H & S kein reiner stationärer Handelsbetrieb ist, sondern sich viel breiter aufgestellt hat. Ein gewichtiges Standbein ist die Marke Radon, die im Direktvertrieb schon seit vielen Jahren erfolgreich im Markt positioniert ist. Ein anderer wichtiger Baustein im Unternehmen sind die Erfolge des Online-Portals bike-discount.de. Sollte sich die positive Geschäftsentwicklung weiter fortsetzen lassen und noch mal so etwa fünf Prozent wachsen, würde H & S Bike Discount ebenfalls in die nächstgrößere Umsatzdimension in der Branche aufsteigen. Die 250-Millionen-Umsatzgrenze ist auch hier zum Greifen nahe.

Fahrrad XXL Franz

Die Fahrrad XXL-Gruppe entstand bekanntlich vor vielen Jahren aus einer ZEG-Erfa-Gruppe der größten Verbandshändler. Wie es sich vermutlich gehört, wurde diesem ambitionierten Händlernetz das Verbandskorsett irgendwann zu eng und man begab sich in diese neue Struktur ohne Verbandsnetz und doppelten Boden. Die Händler selbst blieben und sind eigenständig, auch wenn sich über die Jahre einige Veränderungen ergaben. Aus dieser ohnehin bereits illustren Runde sticht die Fahrrad Franz GmbH mit Sitz in Mülheim-Kärlich hervor, die mit 111 Millionen Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2021 ebenfalls zu den wenigen neunstelligen Umsatzriesen gehört. Auch hier genügt nicht eine einzelne Filiale, um auf diesen Umsatz zu kommen. Insgesamt vier Standorte tragen zu dem Gesamtergebnis bei.

Zweirad-Center Stadler

1936 eröffnete Josef Stadler in der Regensburger Innenstadt ein Fahrradgeschäft, seither ist das Unternehmen im Verkauf von Zweirädern tätig und in Familienbesitz. Aus den Anfängen entstand dann 1981 der erste Zweirad-Center Stadler mit 7500 Quadratmetern Fläche. Es war der Startschuss für den Siegeszug der Fachmärkte. Aktuell verkauft Stadler an 22 Standorten verteilt über die Bundesrepublik Fahrräder und Zubehör, verfügt aber auch über eine Motorradabteilung.
Auch bei Stadler veröffentlicht man keine exakten Geschäftszahlen, zuletzt wurde der Umsatz auf 105 Millionen Euro geschätzt, was aber deutlich zu niedrig sein dürfte. Die Herausforderung bei der Bestimmung des Gesamtumsatzes liegt auch darin, dass die einzelnen Filialen als eigenständige GmbHs geführt werden.
Im Geschäftsjahr 2021 arbeiteten bei Stadler durchschnittlich 141 Angestellte, 26 Arbeiter, ein leitender Angestellter und 11 Auszubildende – allein am Stammsitz in Regensburg. Insgesamt werden etwa 1200 Mitarbeiter bundesweit gezählt.

Die Kandidaten

Wer jetzt nachzählt, kommt erst auf sechs Unternehmen, es fehlt also ein siebter Umsatzriese. Wer könnte das sein?

Multicycle

Mit dem Siegeszug von Cube auf dem deutschen Markt begann auch der steile Aufstieg von Multicycle. Oder war es umgekehrt? Vermutlich gehört beides eng zusammen, genauso wie auch die Unternehmen Cube und Multicycle eng miteinander verwoben sind. Gleichzeitig halten die beiden auch klaren Abstand: Mit Argusaugen beobachtet der Handel, wie die Warenströme fließen, und seit Jahr und Tag vermitteln Multicycle beziehungsweise Cube, dass kein Handelspartner in irgendeiner Form bevorzugt wird. Ob direkter Draht oder eigenständiger Händler, alle werden gleich behandelt. Der Erfolg gibt recht: Inzwischen gibt es den Cube-Spezialisten demnächst an rund 40 Standorten, dazu kommt bis Ende des Jahres eine auf fünf Läden steigende Zahl an Shops in Österreich. Vermutlich würden viele vermuten, dass Multicycle der siebte Umsatzriese im Bunde ist. Zuletzt veröffentlicht wurden die Zahlen vom Geschäftsjahr 2020, wo 61,2 Millionen Umsatz genannt sind, was ein außerordentlicher Sprung ist im Vergleich zum Vorjahr, als der Umsatz noch bei glatt 27 Millionen Euro lag. Auch wenn es 2021 einen weiteren Umsatzsprung gegeben haben sollte, hätte das Unternehmen schon in der Umsatzsteuerstatistik für 2020 mit Umsätzen über 100 Millionen auftauchen müssen. Tut es aber nicht. Wenn es nicht Multicycle ist, wer ist dann das geheimnisvolle siebte Unternehmen der Umsatzriesen? Leider ist es aus Gründen des Datenschutzes nicht möglich, herauszufinden, wie ein Betrieb von den Finanzbehörden klassifiziert wurde. Daher muss man noch etwas weiter graben.

Der gut sortierte, qualifizierte Fachmarkt war der Ausgangspunkt für die Marktveränderung hin zu sehr großen Handelsbetrieben.

Little John Bikes

Der nächste Kandidat auf der Liste wäre Little John Bikes. Die Dresdner expandieren enorm und zählen inzwischen 56 Filialen zu ihrem Imperium. Insbesondere bei Nachfolgeregelungen und Übernahmen tut sich Little John mit großem Engagement hervor. Exakte Umsatzzahlen sind leider auch hier nicht bekannt. Little John weist ein Rohergebnis von 26 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2020/21 aus, was nur eine Umsatzschätzung erlaubt, die den Filialisten vermutlich nicht ganz in die Top Sieben katapultiert, aber sicher in die nächsttiefere Kategorie. Angesichts der berichteten Pläne der Fahrradhandelskette kann das Unternehmen als eines mit der aggressivsten Expansionsstrategie bezeichnet werden. Es dürfte, so es denn nach den Plänen von Little John geht, nur eine Frage der Zeit sein, bis auch sie in den erlauchten Kreis der Umsatzriesen vorstoßen – wenn sie nicht schon dazugehören.

Fahrrad XXL Feld

Aus der Fahrrad-XXL-Gruppe sticht auch die Fahrrad XXL Feld GmbH hervor. Mit einem Umsatz von 73,5 Millionen Euro in 2021 entspricht das Unternehmen am ehesten dem Bild von »einem-Händler-an-einem-Standort«. Dass die Händlerfamilie Feld mit ihren drei Geschäftsführenden (Peter, Silvia und Cathérine Feld) sehr beeindruckende Arbeit leistet zeigt sich auch am Personalstand. Erzielt wurde der Umsatz laut Jahresbericht mit im Jahresschnitt 28 Angestellten und zusätzlich 11 Auszubildenden (diese Zahl scheint aber nicht korrekt zu sein, laut Eigenbeschreibung auf Linkedin arbeiten 250 Menschen für das Unternehmen). Fahrrad XXL Feld könnte mit diesen Zahlen ein Hidden Champion sein: der am Umsatz gemessen größte Fahrradhändler Deutschlands mit einer Filiale. Vermutlich sollte jeder Händler einmal nach Sankt Augustin pilgern, um herauszufinden, was diesen Umsatzzauber ermöglicht.

Decathlon

Genaugenommen ist Decathlon ja gar kein Fahrradhändler. Jedenfalls wird der französische, ja eigentlich europäische Multisportler niemals in der Umsatzsteuerstatistik des Fahrradhandels auftauchen. Die inzwischen über eine Milliarde Euro Umsatz von Decathlon Deutschland werden dem Sportfachhandel zugeschlagen. Das ändert aber nichts daran, dass der Konzern in Europa nach Stückzahlen und vermutlich auch wertmäßig der größte Fahrradverkäufer auf dem Kontinent ist. Brancheninsidern zufolge verkaufen die Franzosen in Familienbesitz rund vier Millionen Fahrräder und E-Bikes in Europa. In Deutschland dürfte es angesichts der starken Konkurrenz nur ein kleinerer Teil davon sein, aber unterschätzen sollte man Decathlon auf keinen Fall. Vor allem die preisgünstigen Eigenmarken sorgen für hohe Stückzahlen, wobei man inzwischen auch höherwertige E-Bikes im Sortiment findet. In den 85 Filialen plus Logistikzentren und allen anderen Standorten in Deutschland (für 2023 sind vier neue Filialen angekündigt) arbeiten aktuell 5520 Mitarbeitende. Decathlon ist also auch nicht der gesuchte Siebte im Bunde – aber wer ist es dann?

Bike24

Es ist möglich, dass von den Finanzbehörden ein Unternehmen in die Kategorie der stationären Einzelhändler einsortiert wurde, die man als Brancheninsider vielleicht anders sortiert hätte. Zu nennen sind vor allem Online-Händler wie Bike24. Letztere sind als Aktiengesellschaft zu großer Transparenz verpflichtet und berichten quartalsweise über die Geschäftsentwicklung. Im vergangenen Jahr erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 262 Millionen Euro, ein Plus von 4,5 Prozent zum Vorjahr. Damit scheidet Bike24 eigentlich auch schon wieder aus dem Kreis der Verdächtigen aus, weil zu groß.

Bike-Components

Ein heißer Kandidat wäre noch Bike-Components, auch wenn man sie eigentlich zu den Online-Spezialisten zählen würde. Wenn es nicht Little John Bikes ist, dann müsste Bike-Components das fehlende Glied in der Reihe sein. Immerhin betreiben die Würseler sogar einen stationären Laden in Aachen. Also wer ist das gesuchte Unternehmen? Haben Sie einen Tipp? Sie wissen es genau? Dann schreiben Sie an dh@velobiz.de und wir lösen das Rätsel noch auf. //

7. Juli 2023 von Daniel Hrkac

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