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Marktzahlen // Fahrradindustrie

Die größten Fahrradhersteller in Deutschland

Die Branche ächzt noch unter der Belastung durch Warenüberbestände, doch die Geschäftszahlen der Hersteller bis 2023 sehen gar nicht schlecht aus. Zumindest die verfügbaren Daten zeigen, dass sie ihr Geschäft im Griff haben.

Wer sich durch die Geschäftsberichte der Fahrradhersteller aus Deutschland wühlt, der stellt bald fest, dass sie zumeist ziemlich gut durch die jüngsten Verwerfungen navigieren konnten, zumindest bis einschließlich 2023. Da und dort gibt es Umsatzrückgänge, doch in der Summe ist seit Corona jedes Jahr ein beachtliches Plus zu vermelden. Das liegt nicht zuletzt an den größten Herstellern im Markt.

Cube baut Spitzenrang aus

Wenn man die Geschäftsentwicklung bei Cube anschaut, dann ist weder von Corona noch von anschließenden Branchenturbulenzen irgendetwas zu erkennen. Die Umsatzkurve wird seit Jahr und Tag schön regelmäßig weiter nach oben gezogen. Mit den für das Geschäftsjahr 2022/2023 berichteten 1,63 Milliarden Euro Umsatz ist Pending Systems der unangefochtene Leader in dieser Herstellerstatistik. Mit diesen Zahlen kann sich Cube auch weltweit sehen lassen, immerhin ist der globale Branchenkrösus Giant mit seinen global rund 2,25 Milliarden Euro Umsatz im gleichen Jahr nicht mehr ganz so weit weg.


Die Rangliste der größten Fahrradhersteller in Deutschland weist bemerkenswerte Umsatzentwicklungen auf, die auch durch die Post-Corona-Überbestände oft gut verkraftet wurden.

Wenn man dann noch die Umsätze der EBPG GmbH berücksichtigen wollte, käme Cube sogar über diese Zahlen. EBPG? Nie gehört? »Die EBPG ist eine Einkaufsgesellschaft für Fahrradkomponenten«, heißt es im hauseigenen Geschäftsbericht des Unternehmens aus Waldershof mit Geschäftsführer Marcus Pürner, also dem Cube-Gründer. Für wen kauft das Unternehmen wohl Teile ein? Natürlich hauptsächlich für Cube. Und das sind viele Teile: 804,5 Millionen Euro Umsatz erzielte die Einkaufsgesellschaft. Das Umsatzplus von satten 57,4 Prozent binnen eines Jahres für 2023 führt EBPG auf den »gestiegenen Umfang an E-Bike Antrieben« zurück. Würde man diese Umsätze zusammenbringen wollen, hätte man einen neuen Spitzenreiter an der Tabelle der global größten Fahrradproduzenten.

Wer nicht überzeugt ist, dass das für den Spitzenplatz genügt, will vielleicht auch die Umsätze der ZPG GmbH & Co. KG noch Cube anrechnen. »Die ZPG ist eine Fahrradproduktionsgesellschaft und eine Einkaufsgesellschaft für Fahrradkomponenten. Wesentlicher Bestandteil der Unternehmung ist die Montage und Lagerung der Fahrräder, die Beschaffung wesentlicher Komponenten wie Rahmen und Gabeln und deren Bereitstellung für den Montagebetrieb«, heißt es im Geschäftsbericht des Unternehmens aus Waldershof. Umsatz? 1,443 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2022/2023. Geschäftsführer Andreas Foti ist auch bei Pending System in der gleichen Funktion tätig. Das Firmengeflecht um Cube herum zu ententwirren ist eine ziemlich spannende Aufgabe, die wir uns für einen anderen Tag und einen anderen Artikel aufheben. Cube blickt also auf eine herausragende Entwicklung zurück, ist aber nicht das einzige Unternehmen, das sich gut geschlagen hat.

Bemerkenswert ist auch die Entwicklung des Direktverkäufers mit immer stärkeren stationären Ambitionen Canyon. Seit der Übernahme im Jahr 2020 hat sich der Umsatz sehr ansehnlich entwickelt. Zuletzt wurde bereits für das Jahr 2024 ein Umsatz von 792 Millionen Euro berichtet, eine Million mehr als im Jahr zuvor. Dennoch wurde der Wert der Unternehmensbeteiligung von Hauptinvestor GBL heruntergesetzt von 460 auf deutlich schlankere 261 Millionen Euro. Umsatz ist eben nicht der einzige Faktor, der zählt. Der Jahresverlust von 38 Millionen Euro in 2024, der auf die 18 Millionen Verlust des Vorjahres folgte, zeigt auf, dass es auch im Direktvertrieb nicht so leicht ist, auskömmliche Margen zu erzielen. Trotzdem: Umsatztechnisch hat sich Canyon auf den zweiten Platz in dieser Statistik vorgearbeitet und damit die Konzerne Accell und Pon, zumindest deren Deutschland-Abteilungen, überholt.

Umsatzsteuerstatistik mit versteckten Einsichten

Normalerweise sind die Umsatzsteuerstatistiken in den jeweiligen Wirtschaftszweigen immer sehr aufschlussreich. Nicht so sehr bei den Fahrradherstellern, zumindest nicht auf den ersten Blick. Ein Großteil des Umsatzes ist ausgegraut. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses werden die Größenklassen mit wenigen enthaltenen Unternehmen (normalerweise mindestens drei, hier offenbar mehr) nicht gezeigt. Sie sind nur als Gesamtsumme aufgeführt. Alle 216 aufgezählten Fahrradhersteller zusammen erzielten 2023 einen Umsatz von 6,34 Milliarden Euro. Wenn es eine Branchenkrise gibt, dann lässt sie sich jedenfalls nicht in der Umsatzsteuerstatistik und nicht bei den Herstellern erkennen. Seit vielen Jahren geht es hier umsatztechnisch steil bergauf.


Das Feld der Fahrradhersteller hat sich über die Jahre konzentriert auf wenige, dafür umso größere Akteure. Das Wachstum der letzten Jahre entfällt komplett auf sie.

Mit dem Taschenrechner lassen sich dieser Statistik noch zusätzliche interessante Einsichten entlocken. Die spannendsten Daten muss man herausrechnen. So zeigt sich, dass zuletzt für das Jahr 2023 die nicht angezeigten Top Ten der Hersteller ebenfalls nicht aufgeschlüsselte 5,63 Milliarden Euro Umsatz erzielen. Also satte 88 Prozent der Umsätze entfallen auf 10 Betriebe. Viel mehr Konzentrationsprozess dürfte kaum noch möglich sein. Der Umsatzanteil der großen Hersteller liegt schon seit 2017 auf diesem Niveau. Zum Kon­trast: Die 126 Hersteller aus Deutschland (also 58,3 Prozent des Marktes) mit Umsätzen bis 1 Million Euro kommen auf einen Marktanteil von 0,6 Prozent. Die Nische schrumpft allerdings: 2017 tummelten sich in diesem Bereich noch 160 Betriebe.


Krise? Welche Krise? Wenn man die Gesamtumsätze der Hersteller von Fahrrädern in Deutschland anschaut, dann fällt auf, dass sie seit Jahr und Tag immer weiter steigen. Zumindest in dieser Statistik lässt sich kein Branchenproblem erkennen.

Sonderfälle Trek und Specialized

Moment mal, wird nun so mancher und so manche sagen: Trek und Specialized sind doch US-Hersteller!? Zudem produzieren sie gar nicht in Deutschland. Was bitteschön haben die also in einer Rangliste der größten deutschen Fahrradhersteller verloren? Nun, es ist ein bisschen kompliziert, aber sehr spannend: Bis einschließlich 2020 verbuchte die Trek Bicycle GmbH mit Sitz in Halle in Deutschland Umsätze von meist unter 2 Millionen Euro. Plötzlich stieg der Wert innerhalb Jahresfrist auf 125,4 Millionen, dann für das Jahr 2022 auf erkleckliche 374,3 Millionen, bis schließlich für das Jahr 2023 satte 416,2 Millionen Euro in den Büchern stehen. Welcher erstaunliche Fahrradboom hat hier zum zweihundertfachen Umsatz innerhalb kürzester Zeit geführt? Was ist hier geschehen?

Im Geschäftsbericht des Unternehmens wird es aufgeklärt: »Im Jahr 2022 wurde das europäische Warenlager in Halle der Trek Bicycle GmbH angegliedert und der Firmensitz entsprechend nach Halle verlegt. Eröffnung des Lagers erfolgte im Februar 2022. Die Vergleichbarkeit mit dem Vorjahr ist insofern nicht gegeben, da dies insbesondere zu einem starken Anstieg der Vorratsbestände und der Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen geführt hat.«

Interessant ist der Bericht auch deshalb, weil er darlegt, wie viel des Umsatzes auf den Verkauf in Deutschland entfällt: 111,1 Millionen Euro Umsatz erzielte Trek im Jahr 2023 hierzulande, im Jahr zuvor waren es noch 149,3 Millionen Euro. Auch Trek konnte sich also nicht gegen den Gesamtmarkt stemmen und musste etwas zurückstecken. Ob das wirklich Umsatzrückgänge oder doch durch die Firmenverlegung verursachte Verschiebungen sind, bleibt unklar. Auf das europäische Ausland entfielen die restlichen 305,1 Millionen Umsatz, nach 224,9 Millionen Euro im Vorjahr. Auch hier ist die Verschiebung so groß, dass nicht klar ist, warum es europaweit so viel besser hätte laufen können als in Deutschland.

Anders ist die Situation bei den US-Kollegen von Specialized mit ihrer Deutschland-Niederlassung. Auch hier gab es einen großen Umsatzsprung 2020. Dieser war aber dem Corona-Boom geschuldet und keinem Umzug. Ein Plus von 76 Prozent im Vergleich zu 2019 führte zu 203 Millionen Euro Umsatz. Der vorläufige Höhepunkt wurde 2021 mit 230,9 Millionen Euro erreicht. In den folgenden Jahren kamen die Umsätze wieder zurück auf zuletzt 190,6 Millionen Euro im Jahr 2023. Das ist allerdings immer noch sehr deutlich über dem Vor-Corona-Niveau. Die Verantwortlichen in Holzkirchen und Morgan Hill werden mit dieser Entwicklung vermutlich gut leben können. Im Geschäftsbericht Deutschland wurde für 2024 ein moderates Wachstum vorausgesagt.

Da beide Unternehmen ihre Umsätze in Deutschland versteuern, wollen wir sie für diese Statistik adoptieren und heißen sie im Kreis der hiesigen Markenanbieter willkommen.

Eine Sache ist es zusätzlich wert, hier genannt zu werden: Trek legt in den eigenen Geschäftsberichten Wert auf die Feststellung, dass die Trek Bicycle GmbH in Halle im Handel aktiv ist: »Die Gesellschaft ist ein reines Handelsunternehmen.« Dieser Handel mit Fahrrädern dürfte dazu führen, dass diese Umsätze gar nicht in der hier aufgeführten Herstellerstatistik aufgeführt sind, sondern in der Umsatzsteuerstatistik für den stationären Einzelhandel summiert sind. Zwar betreibt Trek inzwischen rund 20 eigene Ladengeschäfte, sodass man mit einigem guten Willen von einem wirtschaftlichen Schwerpunkt der Tätigkeit im Einzelhandel ausgehen könnte, richtiger wäre es aber wohl, Trek Bicycle dem Großhandel zuzuschlagen, wo der Großteil der Umsätze herkommt. Mal schauen, ob die Bundesstatistiker dies in der nächsten Zeit noch ändern. Specialized Germany wird vermutlich korrekt als Großhändler aufgeführt. So identifiziert sich das Unternehmen auch im eigenen Geschäftsbericht.

Für das Jahr 2024 haben noch die wenigsten Unternehmen bereits Geschäftsberichte abgegeben. Wo das geschehen ist, sind eher stabile Umsätze zu sehen. Focus & Kalkhoff sowie Canyon sind hier zu nennen. Die Corona-Gewinner Riese & Müller mussten zuletzt etwas Federn lassen. Man darf gespannt sein, wie sich die nächsten Jahre für die Hersteller entwickeln werden. //

Gestern um 05:39 von Daniel Hrkac

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