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Bundeswaldgesetz bereitet Mountainbike-Szene Sorgen

Durchgesickerter Gesetzesentwurf bedroht das Radfahren im Wald

Ein Referentenentwurf für ein neues Bundeswaldgesetzt (BWaldG) ist Mitte November in die Öffentlichkeit durchgesickert. Das Bike Nature Movement sieht das Radfahren im Wald durch einige Passagen bedroht.

Das 58-seitige Dokument, welches das Medium Forstpraxis.de Mitte November veröffentlichte, ist kein finaler Gesetzesentwurf. Dennoch schlagen unter anderem beim Bike Nature Movement, bestehend aus Zweirad-Industrieverband (ZIV), der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB) und dem Mountainbike Tourismusforum (MTF), die Alarmglocken. Gegenüber dem jetzigen elf DIN-A4-Seiten umfassenden Rahmengesetz hat sich nicht nur der Umfang geändert.

Generell sei es nachvollziehbar, dass es ein neues Bundeswaldgesetz geben müsse, erklärt MTF-Geschäftsführer Nico Graaff gegenüber velobiz.de: „Der Wald ist mit massiven Herausforderungen durch den Klimawandel und das Artenstreben konfrontiert. Das veränderte Waldbild durch Trockenheit und Borkenkäfer ist ja bereits für alle Menschen sichtbar. Dem Ökosystem Wald zum Wohle aller eine gesunde Zukunft zu ermöglichen, ist der Hauptgegenstand der Novellierung des Waldgesetzes.“ Vereinzelte Stellen seien sogar positiv hervorzuheben, erklärt Graaff: „Ein paar Punkte führen auch zu mehr Klarheit, beispielsweise, was die Eigenverantwortung der Erholungssuchenden im Wald angeht. Jeder hat im Wald mit wald-typischen Gefahren zu rechnen.“

Das Radfahren im Wald könnte durch einige Details des Entwurfs aber massiv beeinflusst werden. Paragraf 4 schreibt die Erholung der Bevölkerung als vierten Punkt den Ökosystemleistungen zu, die in ihrer Gesamtheit als eines von sieben Schutzgütern des Waldes gelten. Gegenüber dem aktuell geltenden Gesetz könnte die Rolle der Erholung damit unwesentlicher sein, so die Sorge: „Das bisherige Waldgesetz hatte bisher drei gleichrangige Funktionen festgeschrieben: Das sind die Nutzfunktion, die Schutzfunktion und die Erholungsfunktion. Durch ganz viele Punkte fällt die Erholungsfunktion in ihrer Gleichwertigkeit gegenüber den anderen Funktionen im vorliegenden Referentenentwurf zurück“, sagt Graaff.

Radfahren auf ausgewiesene Wege beschränken

Besonders brisant ist der vierte Absatz von Paragraph 29 in dieser Hinsicht. In diesem heißt es: „Die Länder können bestimmen, dass das Reiten, das Fahren mit Kutschen und Gespannen, das Fahren mit betriebserlaubnisfreien Fahrrädern oder sonstigen betriebserlaubnisfreien Fahrzeugen im Wald nur auf dafür ausgewiesenen Straßen und Wegen zulässig ist.“ Diese Passage könnte es den Bundesländern ermöglichen, das Radfahren pauschal nur auf dafür ausgewiesene Wege einzuschränken. „Das wird dem Fahrrad als einer der Grundsäulen der Mobilitätswende nicht gerecht“, kommentiert Graaff. Auch den Radtourismus könnte es stark einschränken, wenn ein Bundesland von einer solchen Regelung Gebrauch machen würde.

Paragraf 11 legt weiterhin fest, dass ein Mountainbike-Trail eine nichtforstliche und somit genehmigungspflichtige Einrichtung ist und assoziiert diese mit kommerziellen Interessen. Graaff kritisiert an dieser wie an anderen Stellen auch die sprachlichen Formulierungen im Gesetzesentwurf. „Es kommen erstmals Begriffe wie Mountainbike-Trails und geeignete Wege für das Radfahren vor. Wenn du Radfahrende fragst, was ein Mountainbike-Trail ist, bekommst du dort schon tausend verschiedene Antworten. Wie soll der Gesetzgeber das objektiv beurteilen?“ Auch weitere Stellen dürften Probleme erzeugen, weil sie nicht praxistauglich, geschweige denn operationalisierbar sind. In der Begründung zum dritten Absatz von Paragraf 29 steht etwa: „Ein Weg ist für das Radfahren geeignet, wenn er bei objektiver Betrachtung von einem Radfahrenden mit durchschnittlicher Fertigkeit und Fahrweise für die jeweilige Radsportart befahren werden kann, ohne sich und Andere zu gefährden, die Bewirtschaftung zu behindern, den Weg zu beschädigen oder gegen sonstige Vorschriften zu verstoßen.“ Fraglich ist, wie diese objektive Betrachtung in der Praxis durchgesetzt werden kann, ohne dass der Willkür privater Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen Vorschub geleistet würde. „Die Eignung des Weges, die ja eigentlich von einem haftungsrechtlichen Schutz für Grundeigentümer herrührt, scheint wenig zielführend und sorgt für weniger statt für mehr Rechtsklarheit für Menschen die im Wald Radfahren“, kommentiert Nico Graaff.

Der „Komoot-Paragraph“

Für mediales Interesse und viele Fragezeichen in Outdoor- und Kartierungskreisen sorgte bereits der von Forst-Praxis als Komoot-Paragraf bezeichnete Gesetzesabschnitt. Laut diesem bedürfe „die erstmalige Ausweisung und Markierung von Wander-, Reit- oder Radwegen, von Sport- und Lehrpfaden auf bestehenden Wegen außerhalb bereits ausgewiesener Wanderwege […] der Genehmigung der zuständigen Behörde.“ Heise Online zitiert dazu Heiko Mittelstädt von der DIMB: „Der § 33 enthält Regelungen, die jeden Erholungsnutzer, ob zu Fuß, mit dem Rad oder zu Pferd, betreffen. Wer mit seinem Smartphone seine Route trackt, oder einfach nur ein Foto in den sozialen Medien teilt, der kann bei falscher Voreinstellung schnell mit einem Verbotstatbestand konfrontiert werden.“

Die hier aufgeführten Passagen sind nur ein Teil dessen, was am Referentenentwurf kritisiert wird. Das Bike Nature Movement plant, Gespräche mit anderen Verbänden und Institutionen zu führen, die das Gesetz ebenfalls betrifft. Genauere Informationen zu weiteren politischen Abstimmungsprozessen liegen aktuell noch nicht vor.
Der Referentenentwurf des Bundeswaldgesetzes lässt sich auf forstpraxis.de herunterladen.

7. Dezember 2023 von Sebastian Gengenbach

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