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Porträt - Lupine

Highlights als Standard

»We are the Light«. So schlicht wie selbstbewusst wirbt der Leuchtenhersteller Lupine für seine Produkte. Beim Besuch in Neumarkt zeigt sich, was dran ist an diesem Spruch.

Schon beim Anblick des schicken, aber auch schlichten Baus am Rande von Neumarkt in der Oberpfalz drängt sich der Eindruck auf, dass die Welt eben doch schwarz-weiß beziehungsweise entweder hell oder dunkel ist. Das anthrazitfarbene Gebäude wirkt mit seinen Glasflächen trotz der Größe und dunkler Fassade eher leicht und zugänglich, zumindest an den Fensterseiten, was sicher auch am zurückgesetzten Eingangsbereich mit dem frei schwebenden Dach liegt.

Innen ist fast alles weiß oder schwarz oder dunkelgrau, vom einladenden Sozialraum mit seinen vielen Holzmöbeln in angenehm weichen Farben abgesehen. Dabei wirkt die Farbgebung nicht aufgesetzt, sondern sinnig. Wer sich dann mit Chefentwickler und Gründer Wolf Koch einlässt und sich die Geschichte des Unternehmens anhört, dem kommt das ganze Unternehmen und sein ziemlich einzigartiges Image auf dem Markt schnell folgerichtig vor. Klar, dass die stärkste Lampe auf dem Markt von Lupine kommen muss. Lo-gisch, dass sie auch die teuerste sein darf. Nein: muss. Oder?

Mehr Licht im finsteren Wald

Das alles nahm seinen Anfang wohl an einem düsteren Nachmittag Ende der Achtzigerjahre. Wolf Koch, späterer Gründer von Lupine, war mit Kumpels Mountainbiken. Aber schnell war Schicht im Dickicht, es wurde herbstgemäß früh dunkel, die damals erhältlichen Lampen lieferten zu wenig Licht. Vor allem aber lieferten die durchweg mit Halogenlämpchen arbeitenden Leuchten keinen homogenen, breiten Lichtkegel, der für Einsatz auf Waldweg oder Trail getaugt hätte.

»Es gab damals ein Produkt aus den USA. Luschig zusammengehämmert, sackteuer. Und nicht besonders gut«, so Koch. Überhaupt hätten die klassischen Leuchten durchweg Taschenlampen-Charakteristik gehabt. Einige hell, aber alle sehr punktuell strahlend und inhomogen. Nichts für den Wald. Koch suchte und fand die Basis für eine Leuchte fürs Dickicht in einer Halogen-Videolampe mit breitem Lichtkegel. Der Plan war, diese Halogenlampe mit noch aufzutreibenden Glasreflektoren und einem feinem Alu-Gehäuse zu einer Helmlampe zu transformieren. Zu Hause gab‘s eine Drehbank, eine Fräse und WIG-Schweißen konnte der MTB-Fan auch. Nach einigen Monaten und vielen Versuchen klappte es schließlich mit den Prototypen. Erste Tests mit den Kumpels brachten ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis. Nicht gerechnet hatte man mit den Kosten, die erst halbwegs tragbar waren, wenn man 300 Stück des Gehäuses aus einem Stück gefräst vom Dreher machen ließ. »Das ist doch gaga teuer!«, scherzt der gelernte Steinmetz heute.

Die Flucht nach vorn, also zum Verkaufen der so entstehenden Produktion, schien die Lösung. Ein Name, ein Logo und alles, was sonst noch zum Eintritt in den Markt gehört, musste her. Koch setzte sich mit einem Grafiker zusammen. Der Markenname Lupine nebst Schriftzug entstand. Er steht englisch für »wolfsartig« , was sicher auch etwas mit dem Vornamen des Schöpfers zu tun hatte.
Die Pasubio, so der Name des ersten Modells, eine Hommage an das italienische Bergmassiv mit 52 Tunneln, funktionierte. Und kostete. »Die Händler, denen ich die Lampe anbot, konnten es nicht glauben. ›Um die 400 Mark für eine Lampe?‹« Aber der 57-Jährige blieb hart, vor allem zeigte er Nehmerqualitäten. »Jedes Jahr meinte der Steuerberater: ›Das Hobby kostet zu viel.‹« Koch setzte schließlich alles auf eine Karte und machte aus dem Hobby seinen Beruf. Insgesamt dauerte es sieben Jahre, bis er mit seiner Lampe wirklich im Markt angekommen war. Wieso hält man solche Durststrecken durch? »Weil man dran glaubt!«, sagt er einfach und überzeugend.

Für die Schweiz, wo das Geld Gerüchten zufolge lockerer sitzt, fand sich schließlich ein erster Importeur. Mittlerweile war Lupine aus der Scheune des Gründers in den ersten offiziellen Firmensitz umgezogen. Dann kam ein englischer Importeur, dann ging es auch in Deutschland aufwärts.

Marketing mit anderen Mitteln

1992 war die offizielle Firmengründung, irgendwann in den Neunzigern hatte die feine Leuchte, die so anders als alle anderen war, ihre Käufer. Und die Firma damit auch ihre ersten Fans. Rückblickend war es wohl die Konzen­tration auf das maximal Machbare, was zu dieser Kundenstruktur geführt hat und worauf das Unternehmen immer noch setzen kann. Weil die Lampen auf sehr breite, homogene Lichtkegel ausgerichtet seien und nicht auf den maximal hellen Lichtpunkt in der Mitte, sei das Produkt allgemein »marketingmäßig schwierig«, sagt der CEO. »Mit reinen Zahlen kann man da nicht immer überzeugen.« Umso mehr durch Erfahrungen in der Praxis.

Lupine kann nach Aussage von Koch auf seine »Fanbase« zählen. Sie sorge dafür, dass er als Chefentwickler mit seinen Kollegen dran bleiben, immer wieder ganz Neues bringen kann. Wie etwa 2019 die Alpha, die stärkste Lampe ihrer Klasse. »7200 Lumen«, sagt Koch nicht ohne Stolz in der Stimme, wobei die Leistung auch hier nicht die zentrale Rolle spielt, aber werbetechnisch effektiv ist. Zum Vergleich: Ein Standard-Autoscheinwerfer liefert um die 1500 Lumen.
Knapp 1100 Euro muss man dafür auf den Ladentisch legen. Zu teuer? Wohl nicht, man bewegt sich in einer Region, in der das »Sich-leisten-Können« Teil des Kaufanreizes darstellt und die Kunden Fans sind. »Wenn mein Kumpel sagt, ›die hat knapp tausend Euro gekostet‹, zählt das doch weniger, als wenn er sagt, ›die hat über tausend Euro gekostet!‹«, so Koch. An welches Label erinnert das? Richtig, Apple ist das Unternehmen, das wegen seiner Qualitäts-, aber auch der Image- und nicht zuletzt der Preispolitik gern in Neumarkt zitiert wird.
Insgesamt sind aktuell zwölf Grundmodelle im Katalog. Darunter immer wieder upgedatete Modelle wie der bekannte Klassiker Betty. Lupine-Produkte sind natürlich nicht nur die teuersten, weil der Kunde das zahlt. »Wenn wir etwas Neues entwickeln, soll es keine psychologischen Grenzen geben. Das heißt notwendigerweise, der Preis des Produkts kommt bei der Entwicklung zum Schluss.«

Die Zähmung der Wilden

Es gibt aber Ausnahmen von der Regel »der Preis ist egal«. Zum einen ist Lupine seit gut fünf Jahren im E-Bike-Bereich mit StVZO unterwegs. Bei den SL-F- und der SL-X-Modellen zählt der Preis dann doch. Trotzdem ist man mit letztgenanntem 1800-Lumen-Strahler für 350 Euro am oberen Ende der Preisskala, was diesen Bereich betrifft. Auf diese Weise konnte man einige OEMs als Partner gewinnen. Die Leuchten werden per Satellitenschalter am Lenker gesteuert, man kann zwischen Fern- und Abblendlicht wechseln, dazu gibt’s Tagfahrlicht. Für Shimano-, Bosch- und andere Antriebe gibt’s das jeweils passende Modell.
Nur knapp die Hälfte der Produkte sind fürs Bike bestimmt. Die andere Hälfte nehmen heute Stirn-, Helm- und Taschen- beziehungsweise Speziallampen für andere Bereiche ein.

Große Abnehmer sind Polizei und Bergrettung. Hier ist viel Mundpropaganda im Spiel. Und Psychologie. »Die freiwilligen Bergretter freuen sich natürlich, wenn sie diese feinen Lampen privat benutzen können«, so Koch. Und die Vereine bekommen mehr Freiwillige, wenn sie diese begehrten Lampen verwenden. Diese werden eigens für den jeweiligen Einsatz angepasst oder auch entwickelt. Das bezieht sich sowohl auf die technischen Details als auch auf die Optik. Dass diese Kunden ihre Lampen hochgradig optisch und technisch individualisiert bestellen können, liegt auf der Hand. Die österreichische Bergrettung etwa bekommt Lampen mit Adapter für den Helm und für eine Armhalterung.

Womit man wieder beim 2017 fertiggestellten Gebäude wäre. Partner wie die Polizei sind mit schuld am Bau des neuen Stammsitzes. »Solche Kunden erwarten einen soliden Auftritt«, sagt der CEO. »Wenn kein Geld für den Stammsitz da ist, macht die das sehr nervös.«

Beste Zutaten für beste Ergebnisse

Jede neue Leuchte wird von Lupine entwickelt, wenn auch nicht komplett in Neumarkt. Die sogenannten Dünnschicht-LEDs kommen grundsätzlich vom als innovativ bekannten amerikanischen Hersteller Cree, der aus 100 Watt Leistung einer LED deutlich über 100 Lumen herausholt. Doch das ist nur ein Faktor. Die Herzstücke, die Linsen und Reflektoren, werden mit angesehenen Partnern konzipiert. Sie sorgen zusammen mit den individuell angepassten Reflektoren dafür, dass das von den LEDs verfügbare Licht für jeden Bereich perfekt gebündelt wird »In Deutschland gibt’s da nur zwei, drei Büros, die das machen, wie wir es brauchen«, so Koch. Damit die Leuchte letztendlich das macht, was sie soll, werden im Vorfeld Simulationen für den Linsenreflektor erstellt. Schon sie können 30.000 bis 40.000 Euro kosten. Das sei aber besser als andersrum, denn wenn die Werkzeuge für die Lampe einmal fertig sind, werden Veränderungen deutlich teurer.

Stolz ist man auch darauf, dass man bei der neuen Version eines Modells lieber einige wenige Millimeter an Baulänge einspart, indem man ein neues, sehr aufwendig zu fräsendes Gehäuse entwickelt, statt das Teil einfach ein paar Millimeter zu längen. Die Konstruktionsabteilung im Stammsitz hat also gut zu tun, auch wenn nicht laufend ganz neue Modelle herauskommen. Ein bis zwei Jahre Entwicklungszeit brauchen Neuentwicklungen im Schnitt.

Worüber man sich dabei alles Gedanken macht, zeigt folgendes Beispiel: Der Autor bekommt beim Besuch eine Lampe in die Hände gedrückt mit der Bitte, sie per Knopfdruck auszuschalten. »Und, fandest du die Zeit zu lange, bis die Lampe ausgeht?«, fragt Koch. Ist das wichtig? Klar, alles ist bei den High-End-Produkten wichtig.

Die Licht-Manufaktur

Fertigung und Versand machen ein Großteil des Erdgeschosses im Lupine-Bau aus. Beim Besuch in der ersten Augustwoche herrscht die Ruhe vor dem Sturm, der Spätsommer ist die schwächste Zeit und eine Chance, für den Ansturm Anfang Herbst Luft zu schöpfen. Denn wenn die Tage kürzer werden, wird es für die Velofahrer Zeit, sich Licht anzuschaffen. In der Fertigung werden sämtliche Lampen montiert. Die Platine, Anschlüsse, das Gehäuse, Akkus und Leitungen und gegebenenfalls Schalter, alles kommt hier zusammen und wird an den langen Tischen, auf die man vom Bürobalkon in der ersten Etage wie auf ein Spielfeld blicken kann, montiert. Heute sitzen nur wenige Mitarbeiter am Tisch und demonstrieren beispielhaft, wie sie die Gehäuse der Akkuzellen verkleben. Die Alternative, Ultraschall-Schweißen, ist nicht wasserdicht genug, erklärt Koch, da könnte es an den Ecken dazu kommen, dass Wasser eindringt.

An einem anderen Tisch werden von ruhiger Hand Platinen mit Kabeln verbunden. Die Schrauben des Gehäuses dazu kommen aus Japan, »vom Zulieferer der Leica-Kameras. Die können die kleinsten Torx-Schrauben so herstellen, dass sie auch im Schraubenkopf perfekt schwarz sind.« Unter anderem durch cleveren Aufbau der Lampen kann man den Montageanteil sehr gering halten. Dass die Produktion in Deutschland bleibt, ist daher für Lupine selbstverständlich, zu groß die Vorteile wie Qualität, direkte Kontrolle und das Made-in-Germany-Image.

Weil die Produkte lange halten, können Verbraucher bestimmte Module »aufrüsten«. Repariert wird bei Bedarf natürlich ebenfalls inhouse, und zwar schnell. Bewusst wurde der Raum für die zur Reparatur angelieferten Lampen extrem klein gehalten. Meist geht das Produkt am Einsende-Tag wieder zurück; vier Tage darf die Reparatur maximal dauern.
Schließlich wollen die MTB-Freaks am nächsten Wochenende wieder im Wald unterwegs sein. Nicht nur bis vier Uhr nachmittags.

9. Oktober 2020 von Georg Bleicher

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