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Dominic Land (Bike Components) im Interview

Dem Kunden ein Freund

Dominic Land ist seit Anfang des Jahres CEO bei Bike Components. Im Interview mit velobiz.de spricht er über die Zukunft des Online-Handels und Konzernstrategien und erklärt, wie sein „Homecoming“ in die Fahrradbranche ablief.

CEO Dominic Land

Der neue CEO von Bike Components (velobiz.de berichtete) im Interview

velobiz.de: Als CEO von Bike Components übernehmen Sie keine kleine Aufgabe. Wie stellt man dabei eine reibungslose Übergabe sicher?

Dominic Land: Wir haben vor vielen Monaten, bereits im Januar, die ersten Gespräche geführt. Seitdem waren wir regelmäßig im Austausch, ich habe auch schon die ersten Termine mitbegleitet, in denen es um strategische Themen und die längerfristige Weiterentwicklung von BC ging. Dementsprechend war das ein relativ flüssiger Übergang für mich. Ich hatte fast zwölf Monate Zeit, mich drauf einzustellen. Der erste Januar ist mein offizieller Starttermin als CEO, ich bin aber schon seit Anfang Dezember als Geschäftsführer aktiv. Wir haben diese saisonal ruhigere Zeit genutzt, um die persönliche Übergabe zu machen. Vorher bin ich immer mal wieder bei Bike Components gewesen, habe mir aber nicht nehmen lassen, dass ich im letzten Jahr auch noch ein bisschen Urlaub machen wollte.

Die Lieferprobleme der letzten Jahre sind bei vielen Händlern und Herstellern vollen Lagern gewichen. Betrifft das auch Bike Components und wie gehen Sie damit um?

Ich denke, davon ist in der Branche gerade niemand ausgeschlossen. Es gibt da eigentlich zwei Sichtweisen drauf: In der Innensicht haben wir glücklicherweise relativ früh reagiert. Wir haben gemerkt, auch weil wir so nah am Endverbraucher sind, dass hier ein Rückgang der Nachfrage nach den Corona-Jahren passiert und dass wir wieder in Richtung „normaler“ Wachstumszahlen kommen. Dementsprechend waren wir in der Lage, sehr früh Maßnahmen zu ergreifen und das Unternehmen darauf einzustellen. Weltpolitisch war eine ganz klare Red Flag, dass wir einen Krieg in Europa haben. Gleichzeitig kam hinzu, dass die Inflationsraten steigen. Wir haben dann angefangen, unsere Prozess intern schlanker aufzustellen, uns mit unserer Gesellschafterin gut abzusprechen und im Konzernkontext Strategien ausgearbeitet, wie wir mit so einer Lage umgehen können.

Dominic Land verbindet als Nachfolger von Philipp Simon seine Handels-Expertise mit der Leidenschaft fürs Fahrrad.

Die für mich noch wichtigere Sicht ist, wie wir in dem Kontext unserer Kooperationen, Partnerschaften, Distributoren, Marken etc. damit umgehen. Hier sind wir gerade sehr offen für Gespräche, wir schauen, dass wir unterstützen können und auch unsere Partner mit unserem Wissen über den Markt versorgen können. Am Ende geht das Ganze immer nur Hand in Hand und wir profitieren ja auch davon, wenn es unseren Partnern gut geht.

Es gibt ja nicht nur Partnerschaften, sondern auch Konkurrenz. Ihr sprecht von E-Commerce 2.0, wie wird sich Bike Components im Online-Handel künftig strategisch aufstellen?

Bei uns ist das Thema „Nahe beim Kunden“ ganz ganz wichtig. Wir müssen uns auch selbst noch einmal challengen und fragen, was unsere Daseinsberechtigung als Online-Retailer ist. Man geht häufig davon aus, dass Online ja schon das Moderne ist, dann vergisst man ganz schnell, dass Bike Components auch schon 25 Jahre alt ist und sich in dieser Zeit auch viel geändert hat, gerade was das Nutzerverhalten angeht. Unsere internen Strukturen müssen garantieren, dass wir uns stetig in Frage stellen, dass wir auch Innovationen intern antreiben. Auch wenn es immer ein Stück weit ungemütlich ist, sich aus einem bequemen Status-Quo herauszubewegen, immer wieder diesen Prozess zu starten, das ist das eine Thema. Das andere ist, dass man viel stärker über den Kunden nachdenken muss. Das kann auch eine Plattitüde sein, wie immer alles nachhaltig sein soll, oder es ist etwas, das man in sein Handeln und in seine Prozess verankert. Hier macht es eben den Unterschied, ob man auch als Online-Retailer in der Lage ist, sich nochmal neu zu erfinden. Das sehen wir als Notwendigkeit und da sehen wir unsere Positionierung in der Zukunft.

Wie positioniert man sich denn näher am Kunden?

Das tun wir, indem wir nicht nur Produkte in einem Kontext anbieten, wo sie Bedürfnisse von Kunden bedienen. Sondern es geht uns vor allem auch darum, dass wir eine Identifikation schaffen wollen. Da haben wir in der Selbst- und in der Fremdwahrnehmung eine gute Basis, weil wir ein sehr authentisches Unternehmen sind, das von Bikern für Biker agiert. Das ist etwas, das am Ende eine Daseinsberechtigung sein wird, wenn wir es schaffen, diese Authentizität in Richtung Kunde zu kommunizieren und dem Kunden als guter Freund und Begleiter für das eigene Hobby und die eigene Leidenschaft zur Seite zu stehen. Es geht zum einen darum, Kundenbedürfnisse viel stärker in der Tiefe und sehr spezifisch zu begreifen, aufnehmen und bedienen zu können. Und zum anderen geht es darum, einen Purpose ganz klar zu leben und da eine Identifikationsfläche zu schaffen.

„Hier sehen wir ganz klar, dass wir einen Bedarf bedienen nach risikoarmer Warenversorgung.“

Im letzten Jahr hat Bike Components BC Remote für den Fachhandel gestartet. Wie wird die Plattform angenommen und was gibt es diesbezüglich für Pläne?

Die Plattform wird sehr gut angenommen. Wir sehen in der aktuellen Situation sehr hohe Wachstumszahlen. Für die Fahrradhändler bedienen wir einen Use Case, der von den Distributoren nicht bedient wird und zum Teil auch nicht bedient werden kann. Das ist ein großer Mehrwert. Die Kundinnen und Kunden wissen ja, was es gibt. Sie kennen das Internet, haben es durchforstet und kommen mit einer ganz konkreten Vorstellung in den Laden. Wenn das dann auch noch spezielle Produkte sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der IBD (Independent Bike Dealer, Anm.d.Red.) das im Lager liegen hat oder schnell besorgen kann, relativ gering. Dass wir das aber haben, die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß.. In der jetzigen wirtschaftlichen Situation sind alle darauf bedacht, ihr Risiko zu minimieren. Hier sehen wir ganz klar, dass wir einen Bedarf bedienen nach risikoarmer Warenversorgung. Dementsprechend sehen wir gerade sehr viele Anmeldungen. Wir haben gute zweistellige Prozentzahlen im Wachstum, was die registrierten Händler betrifft.

Sie haben in der Vergangenheit bereits einige Positionen in der Fahrradbranche besetzt, zuletzt dann aber nicht mehr mit direktem Fahrradbezug gearbeitet. War der Weg zurück in die Branche spezifisch gewollt?

Ja, tatsächlich. Ende 2017 war ich aus der Radbranche raus und habe mich vor allem in den Bereichen Technologie, Softwareentwicklung, E-Commerce und Marketing bewegt. Ich habe mit meinen Unternehmen aber einen sehr engen Bezug in den Mobility- und Smart-City-Bereich gehabt. Das heißt, es ging um Mobilitätskonzepte, dementsprechend war das Fahrrad nicht ganz weg, aber es war eine andere Branche, die sich mit diesem Produkt beschäftigt hat. Nachdem ich meine Unternehmen (Erlkoenig, Story & Story sowie Flexini, Anm.d.Red.) abgegeben habe, war einer der ersten Gedanken, dass ich total Bock habe, auch wieder in die Radbranche zu gehen, weil ich da auch leidenschaftlich total verankert bin. Ich fahre seit vielen Jahren sehr aktiv Fahrrad und habe von daher einen sehr positiven Bezug dazu. Aber auch aus Überzeugungsgründen finde ich das Thema Fahrrad einfach sehr sehr positiv besetzt und auch sehr gut zu mir passend, weil mir die nachhaltige Entwicklung einer Gesellschaft und das Thema Mobilität wichtig sind. Mobilität bringt Freiheit, vernetzt Menschen und bringt Menschen zusammen, das ist etwas, das mir sehr am Herzen liegt. Es ist wie ein Homecoming für mich und es fühlt sich sehr gut an. Die Leute in der Radbranche sind schon auch ein spezieller Typ, man hat einen speziellen Umgang miteinander. Es ist sehr vertraut und das liegt natürlich auch daran, dass die Branche gut vernetzt ist.

23. Januar 2023 von Sebastian Gengenbach

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